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Das Echo der Flüsterer

Titel: Das Echo der Flüsterer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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vollauf.«
    »Das tue ich gern, Jonas. Ich heiße übrigens Darina.«
    »Darina?«, wiederholte er erstaunt. Er wunderte sich, wie das Mädchen so schnell zu einem Namen gekommen war.
    »Ich selbst habe mir diesen Namen gegeben«, sagte Darina.
    »Kannst du Gedanken lesen?«
    »Nicht wirklich. Aber wir beide haben wohl mehr gemein, als es normalerweise bei zwei Menschen oder Bonkas der Fall ist. Außerdem habe ich ja noch die Bilme.« Darina legte die verbundenen Sinnsteine auf die Bettdecke.
    »Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz.«
    »Die Sinnsteine können nichts schaffen, was nicht schon vorher da war. Du besitzt die Gabe dich in jedes Wesen hineinzuversetzen, es zu verstehen. Das wusstest du doch?«
    »Na ja, Großmutter Rose hat so etwas behauptet. Ich selbst habe immer gedacht, sie übertreibt da ein bisschen.«
    »Es ist alles wahr, Jonas! Und dein Sinnstein verstärkt diese Fähigkeit. Ich habe gehört, du sprichst sogar die Sprache der Raben?«
    »Kraark ist kein gewöhnlicher Rabe.«
    »Nein, wirklich nicht. Aber trotzdem kann nicht einmal Syrda so mit ihm reden, wie du es tust. Es ist an der Zeit, dass du deinen Bilm zurücknimmst.«
    »Nicht!« Jonas schwang die Beine aus dem Bett und wollte Darina zurückhalten, die sich an den beiden Sinnsteinhälften zu schaffen machte. Dabei verhedderte er sich in der Steppdecke und wäre beinahe lang hingeschlagen. Auf das Bett gestützt musste er starren Blickes mitverfolgen, wie ihm Darina den Zwillingskristall entzog. Dabei lächelte sie ganz merkwürdig.
    »Keine Sorge, Jonas. Ich werde nicht erneut in Schlaf fallen.«
    »Aber…!«
    Schon hatte Darina die Steine voneinander getrennt und hielt Jonas beide Hälften entgegen. Verwundert schaute er sie an. Ihr Lachen klang wie ein Glockenspiel, als sie ihn neckte: »Welchen Stein willst du haben? Meinst du, du kannst mich fangen und dir deinen holen?«
    Jonas blickte an sich herab. Zuerst sah er die in der Decke steckenden Füße und dann das nicht einmal knielange Nachthemd, das er trug.
    Darina schmunzelte spitzbübisch. »Das Hemd steht dir gut, Jonas.«
    In diesem Augenblick schoss ihm ungefähr ein Liter Blut in den Kopf. Kaum einen Wimpernschlag später lag er wieder im Bett und kämpfte verzweifelt mit der Steppdecke. Endlich hatte er sich ausreichend verhüllt und Gelegenheit sich zu beschweren: »Jetzt weiß ich, warum du so gegrinst hast. Du hättest mir ruhig sagen können, dass sie mir dieses komische Dingsda angezogen haben!«
    Darina zog den Kopf zwischen die Schultern und lachte. »Ich hab’s ja selbst gerade erst gesehen. Offenbar sind dir die Sachen des Kleinen Volkes etwas zu kurz.«
    »Sehr witzig!«
    Darina trat wieder an das Bett heran und sagte freundlich: »Hier ist dein Sinnstein, Jonas. Gib gut auf ihn Acht.«
    Jonas nahm den Kristall vorsichtig aus ihrer Hand entgegen. Einen Moment lang betrachtete er die umeinander wirbelnden Pünktchen in dem Stein. »Warum wissen die Wissenden alles?«, fragte er unvermittelt.
    »Hat dir denn jemand gesagt, dass sie das tun?«
    »Na ja, ich hatte Kraark und Belkan jedenfalls so verstanden.«
    Darina zog die Nase kraus, während sie Jonas lächelnd die Hand tätschelte. »Du musst noch viel lernen, mein stolzer Retter. Die Wissenden sind Kinder des Kristalls. Man könnte sagen, alles, was in dem blauen Kristall steckt, und vieles von dem, was ihn irgendwann einmal durchdrungen hat, ist ihnen bekannt.«
    »Dann müssen sie sehr weise sein.«
    »Wie man’s nimmt, Jonas. In anderer Hinsicht bin ich wie ein Neugeborenes. Als ich heute Nacht von deiner Geschichte geweckt wurde und mich nicht rühren konnte, fühlte ich zum ersten Mal die Hand eines Liebenden.«
    Jonas’ Augen ruhten gebannt auf Darinas feingliedrigen Händen.
    Sie hatte das Tätscheln eingestellt und hielt nun einfach seine eigenen Hände fest, welche die Bettdecke schützend bis ans Kinn gezogen hatten.
    »Sagt dir der Name Lydia Gustavson was?« Die Frage war raus, ohne dass Jonas wusste, wie.
    Darina blickte ihn nachdenklich lächelnd an. Dann schüttelte sie langsam den Kopf. »Ich spüre ein seltsames, warmes Gefühl beim Klang dieses Namens, aber… nein, ich kann nichts damit in Verbindung bringen.«
    »Kann es sein, dass es hier in Azon so etwas wie Doppelgänger der Menschen von der Erde gibt?«
    Darina nickte. »Kinder wäre allerdings der bessere Ausdruck.«
    »Lydia ist so alt wie ich. Ich glaube kaum, dass du ihre Tochter bist.«
    »So habe ich das auch gar nicht gemeint,

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