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Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge

Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge

Titel: Das Echo der Lüge - Miller, S: Echo der Lüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Miller
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können, mir sein Kind zu verschweigen – und warum? Er und ich hatten selten über Kinder gesprochen, das Thema besaß für mich noch keine Priorität. Nun bekam ich die Antwort, warum Pascal mich drei Jahre lang von Frankfurt ferngehalten hatte. Diese Stadt war der Ort, wo sein Kind lebte. Wann immer er hier gewesen war, hatte er Robbie besucht.
    Es war nicht nötig, Jessica Fragen zu stellen. Sie erzählte freiwillig und gefühlsbetont, dass Robert ein hübscher Bursche sei, außergewöhnlich begabt im Klavierspiel; Pascal und sie hätten überlegt, ihn später auf eine Musikhochschule zu schicken. Unbefangen sprach sie über die gemeinsamen Unternehmungen von Vater und Sohn. Ich rechnete nach und stellte fest, dass Pascal und ich jedes Mal zu diesen Zeiten aus irgendeinem Grund nicht zusammen gewesen waren. Einmal hatte ich Weihnachten allein gefeiert, weil er angeblich nicht rechtzeitig von einem Meeting in Japan loskam. In Wirklichkeit war er in Frankfurt gewesen. Ein Detail fügte sich zum andern, sie alle besagten, dass Pascal unehrlich zu mir gewesen war. Was fürchtete er zu verlieren, wenn er mir eingestanden hätte, dass er ein liebender Vater war, dem sein Kind auch nach der Scheidung viel bedeutete? Welche Rolle hatte Jessica zwischen den beiden gespielt? Wie musste es für sie gewesen sein, wenn Pascal jedes Mal von der anderen kam, um sein Kind zu sehen? So befreiend das Treffen begonnen hatte, so niederschmetternd war Jessicas Eröffnung für mich. Mir tat der Junge leid, der seinen Vater verloren hatte, doch für echtes Mitgefühl war meine eigene Verletzung zu frisch.
    Es hätte einiges gegeben, was ich von Jessica noch erfahren wollte, aber ich musste die Nachricht erst verdauen. Ich täuschte einen Termin vor, sie sagte, sie müsse auch weiter, und zahlte für uns beide. Wir gaben einander die Hand und hielten sie einen Augenblick länger fest.
    »Kennen Sie jemanden in Pascals Umkreis, der Maria heißt?«, fragte ich.
    »Maria? Wer soll das sein?« Ihr Ton klang härter, fast inquisitorisch.
    »Ich dachte nur, falls Sie eine Maria kennen … Nicht so wichtig.« Ich verließ das Flux. Im Bewusstsein, dass sie mir nachsah, ging ich an der Fensterfront vorbei, Richtung Taxistand.

1 6
    Vor der Villa erwartete mich Stein. Er trug dieselbe Lederjacke wie in Niagara und hatte offenbar schon einige Zeit auf mich gewartet. In seinem Wagen saß ein zweiter Mann.
    »Kann ich Sie kurz sprechen, Frau Zuermatt?« Stein bemühte sich um einen aufgeräumten Ton.
    Ich war nicht in Stimmung für ein Gespräch über Pascals angebliche Betrügereien, nicht nach dem, was ich gerade erfahren hatte. In diesem Moment hätte ich ihm jeden Betrug zugetraut. Eine Blase aus Schmerz und Enttäuschung war in mir geplatzt, das konnte ich nur schwer verbergen.
    »Haben Sie kurz Zeit?«, wiederholte er.
    »Nein.« Ich wollte weiter zum Haus.
    »Frau Zuermatt, Sie sind nach Frankfurt gekommen, weil Sie uns helfen wollen, den Fall Ihres Mannes aufzuklären.«
    »Jetzt passt es mir aber nicht.«
    Ich blaffte den Falschen an. Pascal wollte ich anschreien, ihm meine Vorwürfe ins Gesicht schleudern, stattdessen brüskierte ich den Mann vom Betrugsdezernat.
    Er trat einen Schritt zurück. »Wenn es Ihnen später besser passt, komme ich gern noch mal wieder.«
    »Das haben Sie sich fein ausgedacht«, erwiderte ich. »Sie wissen so gut wie ich, dass Sie ohne Gerichtsbeschluss nicht in die Villa dürfen.«
    »Frau Zuermatt.« Er redete wie mit einem störrischen Kind. »Ich könnte Sie auch ins Präsidium vorladen. Wollen wir nicht weiterhin in gutem Einvernehmen miteinander auskommen?« Er lächelte auf eine Art, dass ich ein schlechtes Gewissen bekam. Ich hatte nichts gegen ihn, fand den Ermittler sogar sympathisch. Bis jetzt hatte er wegen seiner Vorwürfe gegen Pascal für mich auf der falschen Seite gestanden – allmählich musste ich mich fragen, ob nicht vielleicht ich die Tatsachen im falschen Licht betrachtet hatte.
    »Sie haben recht, verzeihen Sie. Aber in die Villa darf ich Sie nicht lassen. Das ist Ihnen bekannt.«
    »Ich will nicht ins Haus. Bloß auf der Straße sollten wir auch nicht reden. Wie wäre es im Garten?« Er strich sein Haar aus der Stirn. »Oder nehmen Sie an, Ihr Mann hat belastendes Material unter der Eiche verbuddelt?«
    Ich lachte. Es tat gut, die Spannung ein wenig abzubauen. »Also schön, gehen wir in den Garten.«
    Dass der Sommer unwiderruflich vorbei war, sah man nicht nur an der Kastanie, die

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