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Das Echo der Schuld

Das Echo der Schuld

Titel: Das Echo der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Salbeitee in eine Tasse hängte, klingelte das Telefon.
    »Livia Moor hier. Es tut mir leid, Mrs. Walker, ich habe im ganzen Haus nachgesehen. Kim ist nicht hier.«
    Grace wurde innerlich ganz kalt. »Das kann nicht sein«, stieß sie hervor.
    »Wirklich, ich habe in jeden Winkel geschaut«, beteuerte Livia.
    Beide Frauen schwiegen.
    »Es ist … mir geht es nicht gut«, sagte Grace schließlich. »Ich habe hohes Fieber. Sonst hätte ich mich nie mitten am Tag hingelegt.«
    »Vielleicht spielt sie im Park«, meinte Livia.
    »Es ist aber schon dunkel.«
    »Trotzdem. Sie hat die Zeit vergessen …«
    Grace fühlte ein Würgen in ihrem Hals. »Ich darf mir nicht vorstellen … guter Gott, sie ist erst sieben …«
    »Soll ich zu Ihnen hinüberkommen?«, fragte Livia. »Vielleicht kann ich irgendetwas für Sie tun?«
    »Das wäre nett von Ihnen«, flüsterte Grace. Es war nicht so, dass sie ein großes Bedürfnis nach der Anwesenheit dieser Fremden verspürt hätte, aber sie meinte, jeden Moment den Verstand zu verlieren, und vielleicht half es ihr, wenn jemand da war, mit dem sie reden konnte. Und wenn es diese seltsame Person aus Deutschland war.
    Jack. Ach, wäre doch Jack da!
    Sie beendeten das Gespräch. Grace goss das Wasser in ihre Tasse, dann wählte sie kurz entschlossen Jacks Nummer. Sein Handy war ausgeschaltet, aber es gelang ihr, ihn über sein Hotel in Plymouth zu erreichen.
    »Wie geht es dir?«, fragte Jack sofort.
    »Ach, nicht gut, gar nicht gut. Kim ist verschwunden.«
    »Was?«
    Jetzt konnte Grace die Tränen nicht länger zurückhalten. »Ich hatte mich hingelegt und habe ungefähr drei Stunden geschlafen. Kim wollte fernsehen … aber jetzt ist sie nicht da. Sie ist nirgendwo im Haus.«
    »Vielleicht ist sie hinüber …«
    »Nein. Da ist sie auch nicht.«
    »Hör zu«, sagte Jack, »dreh jetzt nicht durch. Sie muss ja irgendwo sein.«
    »Sie war so traurig«, weinte Grace, »weil ihre Mum heute am ersten Schultag nicht da ist. Und … und sie hatte sich darauf gefreut, mit mir zusammen die neuen Bücher einzubinden. Aber ich hatte vergessen, Papier zu kaufen. Sie war enttäuscht, und …«
    »Was und?«, fragte Jack. Seine Stimme klang rauh. Grace spürte, dass er sich auch Sorgen machte, aber dass er es vor ihr nicht zeigen wollte.
    »Vielleicht ist sie vor Enttäuschung und Kummer weggelaufen. Und dann …«
    »Meine Güte«, sagte Jack.
    »Und dann ist sie dem Kerl begegnet, der …«, fuhr Grace fort, obwohl Jack sowieso schon gewusst hatte, was ihr im Kopf herumging. Sie sprach nicht weiter.
    »Unsinn«, sagte Jack ruppig. So kratzbürstig wurde er immer, wenn ihm etwas an die Nieren ging. »Grace, ich würde dir jetzt gern helfen, aber selbst wenn ich heute Nacht noch wie der Teufel zurückrase …«
    »Tu das nicht. Du brauchst jetzt deinen Schlaf.«
    »Ich weiß nicht, wie fit du bist. Aber vielleicht könntest du im Park nachsehen, trotz der Dunkelheit. Kim hat viele Verstecke dort. Wenn du eine Taschenlampe nimmst …«
    Grace stöhnte leise. Im Grunde fühlte sie sich für eine Suchaktion in dem unwegsamen Gelände kaum in der Lage.
    »Ich werde Livia bitten.«
    »Wen?«
    »Das ist … ach, das ist zu kompliziert. Jack …«
    »Ja ?«
    »Ich habe Angst.«
    »Unkraut vergeht nicht«, sagte Jack. »Ruf mich an, wenn's was Neues gibt, ja?«
    »Ja. Ja, natürlich.«
    »Und, Grace …«
    »Ja?«
    »Ruf mich auch an, wenn es nichts Neues gibt«, sagte Jack. »Ich möchte einfach … ach, Scheiße! Ich wusste schon heute früh, dass ich nicht fahren sollte. Ich hatte ein blödes Gefühl. Ich höre sonst immer auf solche Gefühle. Warum diesmal nicht?«
     
    8
    Livia bot dreimal an, mit einer Taschenlampe durch den Park zu gehen und nach Kim zu rufen, und dreimal zog sie ihr Angebot wieder zurück.
    »Ich weiß nicht … das Gelände ist riesengroß«, sagte sie ängstlich, »ich verlaufe mich am Ende und finde nicht zum Haus zurück!«
    Inzwischen war es stockfinster draußen. Grace begriff, dass Livia viel zu viel Angst hatte, nachts durch einen riesigen, bewaldeten Park zu streifen, und dass sie es letztlich nie im Leben tun würde.
    »Ich werde selbst gehen«, krächzte sie.
    »Auf keinen Fall«, widersprach Livia. »Sie glühen ja vor Fieber! Sie holen sich eine Lungenentzündung.«
    »Wir können doch aber nicht hier sitzen und nichts tun!«
    »Vielleicht sollten wir die Polizei anrufen.«
    »Unternehmen die so schnell schon etwas?«
    »Nach allem, was war … vielleicht schon«,

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