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Das Echo der Schuld

Das Echo der Schuld

Titel: Das Echo der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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die Jahre zwischen damals und heute nicht gegeben.
    Irgendwann, nachdem er sie lange genug angesehen und dabei abwesend in seiner Kaffeetasse gerührt hatte, hatte sich Frederic vorgebeugt und sehr leise gefragt: »Warum?«
    Jede Erklärung konnte ihn nur verletzen.
    »Ich weiß es auch nicht genau«, sagte sie, »es ist, als ob …«
    »Ja?«
    »Als ob er mich aufweckt nach einem langen Schlaf«, hatte sie, ebenso leise wie er, erwidert und an seinem Gesichtsausdruck erkannt, dass er sich fragte, was, um Himmels willen, sie damit meinte.
    Aber vielleicht dämmerte ihm doch etwas, denn nachdem wiederum etliche Minuten verstrichen waren, sagte er: »Ich habe deine Melancholie immer einfach hingenommen. Als einen Teil von dir. Etwas, das unabdingbar zu dir gehörte. Ich wollte sie dir nicht nehmen, weil ich dich in deinem Wesen nicht verändern wollte. Weil ich gar nicht glaubte, das Recht dazu zu haben.«
    »Vielleicht hattest du auch Angst.«
    »Wovor?«
    »Die Frau, die hinter den hohen Bäumen lebte und sich kaum je hervorwagte, war sehr ungefährlich. Meine Melancholie machte mich schwach. Damit auch abhängig. Ich war schutzbedürftig und klein. Vielleicht mochtest du das auch nicht ändern.«
    »Oh«, seine Stimme war nun etwas schärfer geworden, »jetzt springen wir mitten ins Klischee, oder? Als was siehst du mich? Als Macho, der sich groß und stark fühlt, wenn die Frau neben ihm klein und schwach ist? Sehr schlicht, findest du nicht? Ich habe dich nicht zu der Frau gemacht, die du warst. Ich habe dich nicht nach Ferndale hinter die hohen Bäume verbannt. Im Gegenteil. Ich wollte, dass wir in London wohnen. Ich wollte dich teilhaben lassen an meinem Leben. Ich wollte auch an deinem Leben teilnehmen, wenn du mir nur einmal gesagt hättest, worin es besteht. Aber du hast mir keine Chance gegeben. Was also wirfst du mir vor?«
    »Ich werfe dir gar nichts vor.«
    »Dass ich nicht mehr Druck ausgeübt habe? Ja, vielleicht hätte ich das tun sollen. Aber als ich es einmal tat, in der letzten Woche wegen dieses wichtigen Abendessens in London, wie ist es mir da ergangen? Ich stand wie ein Trottel am Bahnhof und wartete drei Züge aus King's Lynn ab, ehe ich mir eingestand, dass du nicht kommen würdest, und dann musste ich auch noch herausfinden, dass du stattdessen mit einem mehr als zwielichtigen Typen durchgebrannt und flugs in die Kiste gesprungen warst. Es sind höchst angenehme Gefühle, durch die man dabei geht, das kann ich dir sagen.« Dann war der Sarkasmus jäh aus seiner Stimme verschwunden, und leise und traurig hatte er gesagt: »Mein Gott, Virginia, ich hätte nie gedacht, dass uns das passiert. Alles, aber nicht das. Nicht ein so furchtbarer, im Grunde banaler und doch am Ende tödlicher Seitensprung!«
    Sie hatte nichts erwidert. Was sollte sie sagen? Er war im Recht und sie im Unrecht, und es gab nichts, was sie zu ihrer Verteidigung hervorbringen konnte. Man durfte aus einer Ehe ausbrechen, natürlich, aber nicht so. Nicht indem man den anderen hinterging und betrog. Die meisten, denen das passierte, hatten es nicht verdient, und Frederic Quentin ganz bestimmt nicht.
    Irgendwann fragte er: »Und jetzt? Wie geht es weiter?«
    Sie sagte nichts, aber ihr Schweigen war sehr beredt.
    »Verstehe«, sagte er bitter, »es ist kein Abenteuer gewesen, stimmt's? Es ist ernst. Die Sache ist nicht vorbei.«
    Sie hasste sich für ihre Feigheit, aber sie wagte nicht, ihn anzusehen. »Nein. Sie ist nicht vorbei.«
    »Aha.« Er schwieg einen Moment. »Du wirst verstehen, dass ich nicht vorhabe, geduldig zu warten, bis es irgendwann vorbei ist«, sagte er dann.
    »Natürlich nicht. Ich glaube auch nicht …« Sie brach ab, biss sich auf die Lippen.
    Er wusste, was sie hatte sagen wollen. »Du glaubst nicht, dass es je vorbei sein wird.«
    »Nein.«
    Er stützte den Kopf in die Hände, in einer Geste, als wolle er sich die Haare raufen. »Virginia, du wirst unterstellen, dass ich Nathan Moor gegenüber bestimmt befangen bin, und das ist sicher richtig, aber … verstehst du, ich hasse den Mann, ich könnte ihm den Hals umdrehen, weil er in unsere Ehe eingebrochen ist und weil er irgendetwas mit dir angestellt hat, was dich alles, was zwischen uns war, jetzt in hohem Bogen hinschmeißen lässt, und doch … ich weiß, dass er mir vorher schon zuwider war. Vom ersten Moment an. Ich habe ihn schon nicht ausstehen können, da war es noch nicht um meine Objektivität geschehen. Ich empfand ihn als undurchsichtig. Als

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