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Das Echo der Schuld

Das Echo der Schuld

Titel: Das Echo der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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verregneten Tag starrte und sich zum hundertsten Mal ihre ständig laufende Nase putzte, dachte sie plötzlich: Ob wohl alles so bleibt, wie es ist? Wenn sich Mr. und Mrs. Quentin trennen und Mrs. Quentin am Ende mit diesem Schönling auf und davon geht – dann nimmt sie Kim bestimmt mit! Das Kind bleibt doch immer bei der Mutter. Und Mr. Quentin verkauft dann vielleicht Ferndale House, er ist ja doch immer nur in London, was soll er dann mit einem Landsitz voll trauriger Erinnerungen?
    Ihr wurde so schwer ums Herz, dass sie sich rasch auf das Sofa setzen und tief durchatmen musste. Jack meinte immer, man solle sich nicht wegen etwas aufregen, das noch gar nicht geschehen war.
    »Am Ende kommt es ganz anders, und du hast jede Menge Kraft vergeudet«, pflegte er zu sagen. Oft hatte er damit Recht behalten.
    Vielleicht sehe ich Gespenster, versuchte sich Grace zu trösten, aber ihr Herz ging trotzdem schneller, und am ganzen Körper brach ihr der Schweiß aus.
    Mitten in diese trüben Gedanken hinein klingelte das Telefon.
    Sie hoffte, es wäre Jack, der ihr sagen würde, er sei jeden Moment zu Hause; dann könnte sie ihm von ihren Ängsten berichten, und sicher fiele ihm eine beruhigende Antwort ein.
    »Ja?«, sagte sie erwartungsvoll.
    Es war jedoch der Deutsche, sie hörte es sogleich an seinem Akzent.
    »Mrs. Walker, ich bin es, Nathan Moor. Der … Gast von Mrs. Quentin.«
    »Ich weiß, wer Sie sind«, sagte Grace kühl.
    »Ich bin hier in einer Telefonzelle in Hunstanton. Mein Wagen springt nicht an.«
    Grace fiel keine schlauere Erwiderung ein als: »Was machen Sie denn bei diesem Wetter in Hunstanton?«
    Er klang ein wenig ungeduldig. »Manche Leute gehen auch im Regen gern am Meer spazieren. Hören Sie, Mrs. Walker, das Problem ist, dass ich Virginia … dass ich Mrs. Quentin versprochen habe, Kim um fünf Uhr von der Schule abzuholen. Wie es aussieht, kann es aber länger dauern, bis ich das Auto in Gang bringe. Ich habe versucht, Mrs. Quentin telefonisch zu erreichen, aber sie geht nicht an den Apparat. Und bei ihrem Handy springt sofort die Mailbox an.«
    »Mrs. Quentin ist vor einer halben Stunde hier vorbeigefahren. Soviel ich weiß, will sie ihren Ehemann«, Grace legte nachdrückliche Betonung auf das Wort Ehemann, »am Bahnhof abholen.«
    »Mist!«, sagte Nathan.
    »Offenbar hat sie ihr Handy nicht eingeschaltet«, sagte Grace, die es ein wenig genoss, Nathan Moor hilflos und von seiner Geliebten abgeschnitten zu erleben. Obwohl sie natürlich ahnte, worauf dies nun hinauslief: Blieb Virginia Quentin unerreichbar, würde sie, Grace, Kim abholen müssen, und wieder war es nichts mit einem Tag im Bett, um sich auszukurieren.
    Prompt kam es auch schon. »Es ist mir wirklich unangenehm, Sie bitten zu müssen, Mrs. Walker«, sagte Nathan, »aber könnten Sie vielleicht Kim abholen? Ich weiß, Sie sind krank, aber …«
    »Was ist denn mit Ihrer Frau?«, fragte Grace.
    Eine kurze Pause.
    »Meine Frau ist abgereist«, antwortete Nathan dann.
    »Oh«, sagte Grace.
    »Mein Geld ist gleich aus«, fuhr Nathan fort, »Was ist nun? Können Sie …?«
    Mit so viel Verachtung in der Stimme, wie es ihr nur möglich war, sagte Grace: »Ich werde Kim abholen. Es ist selbstverständlich, dass ich das Kind nicht im Stich lasse.« Und mit diesen Worten legte sie den Hörer auf.
    Livia Moor war also schon abgereist. Die Lage spitzte sich zu.
    Ruhig bleiben, befahl sich Grace, ganz ruhig bleiben.
    Aber ihr Herz raste, und auf einmal war ihr wieder genauso schwindelig wie am Vortag. Sie hätte ins Bett kriechen und weinen mögen, aber ihr blieb nichts übrig, als jetzt zu funktionieren.
    Sie rief Jack auf seinem Handy an und schilderte ihm die Situation, aber sie erwischte ihn im dicksten Rush-Hour-Stau auf der Umgehung Londons steckend, und er meinte, kaum vor sieben Uhr zurück in King's Lynn sein zu können.
    Es war wirklich zum Heulen.
    »Dann muss ich doch raus und Kim abholen «, sagte Grace.
    Jack polterte natürlich wieder los. »Du bist krank, du gehörst ins Bett! Wer ist denn dieser Typ, dem Mrs. Quentin ihr Kind anvertrauen wollte? Und wieso ist sie nicht erreichbar?«
    »Das ist eine längere Geschichte. Ich erzähle sie dir später. Jetzt muss ich mich anziehen«, sagte Grace, legte den Hörer auf und brach in Tränen aus.
     
    5
     
    Grace hatte es nicht bis fünf Uhr geschafft, aber um genau vierzehn Minuten nach fünf, wie sie mit einem Blick auf ihre Armbanduhr feststellte, fuhr sie an der Schule vor. Sie

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