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Das Echo der Schuld

Das Echo der Schuld

Titel: Das Echo der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Traumfamilie zu haben ist also die Voraussetzung? Das wusste ich noch gar nicht.«
    Er empfand ihren Spott als völlig unangebracht und verstand auch nicht die plötzliche Aggression, die von ihr ausging. »Virginia, wo liegt das Problem? Schließlich sind wir nun einmal eine intakte Familie. Wir beide führen eine harmonische Ehe. Du bist eine attraktive, intelligente Frau. Warum darf ich dich nicht vorzeigen?«
    Sie stand ebenfalls auf. Sie hatte plötzlich keine Lust mehr auf ihren Kaffee. »Müssen wir das jetzt besprechen? Zehn Minuten bevor du das Haus für fast eine Woche verlässt? Ich finde, der Zeitpunkt ist einfach … Ich fühle mich überrumpelt. Ich kann nicht in Ruhe nachdenken und nicht in Ruhe mit dir reden!«
    Er seufzte. Während der Ferien auf Skye hatte er einige Male gedacht, dass es am besten wäre, die Ruhe und die Zeit der friedlich dahinplätschernden Tage zu nutzen und dieses Grundsatzgespräch zu führen. Zweifellos wäre das besser gewesen, als das Thema zwischen Tür und Angel anzuschneiden, und unglücklicherweise gab es zwischen ihnen praktisch nur noch Tür-und-Angel-Gespräche. Aber immer hatte er es vor sich hergeschoben, nie den Frieden des Tages gefährden wollen, immer von der Ahnung begleitet, dass sich dieses Thema nicht ohne Komplikationen würde abhandeln lassen.
    Wieso eigentlich, fragte er sich nun, wenn ich nur verstehen könnte, weshalb wir damit solche Schwierigkeiten haben!
    »Das ist genau der Punkt«, sagte er, »wir können nicht in Ruhe reden. Wir sind viel zu viel voneinander getrennt. Das ist auf die Dauer nicht gut für uns.«
    »Dass wir so viel voneinander getrennt sind, liegt nicht an mir!«
    »Aber auch nicht allein an mir. Du wusstest von Anfang an, dass die Bank mich immer wieder nach London zwingt. Trotzdem wolltest du, dass wir unseren Hauptwohnsitz hier auf dem Land haben. Ich habe dir damals erklärt, dass dies einige Unruhe in unser Leben bringen würde.«
    »Wirklich unruhig ist es deshalb, weil du dich der Politik verschrieben hast.«
    Da hatte sie Recht, das wusste er.
    »Ich kann nun einmal nicht anders«, sagte er hilflos.
    Sie kippte ihren Kaffee in die Spüle. »Ich habe dir nie einen Vorwurf gemacht. Ich habe dich nie zu bremsen versucht.«
    »Dafür war ich dir immer dankbar. Aber … ich brauche mehr. Ich brauche deine Unterstützung. Ich brauche dich.«
    Er konnte geradezu spüren, dass sie am liebsten durch die Wand entwichen wäre. Sie wollte dieses Gespräch nicht. Sie wollte nicht, dass er bettelte. Von wegen in Ruhe reden. Alles, nur nicht über dieses Thema sprechen, zu keinem Zeitpunkt.
    »Ich muss los«, sagte er. »Jack kann jeden Moment hier sein.«
    Jack würde ihn zur Bahnstation in King's Lynn bringen. Oft fuhr Frederic auch mit dem Wagen nach London, aber heute wollte er noch etliche Akten durcharbeiten.
    »Vielleicht denkst du ein bisschen darüber nach«, bat er, »in Ruhe, mir zuliebe. Und ich möchte, dass du weißt …« Er zögerte kurz. Er war nicht sehr geübt darin, Gefühle zum Ausdruck zu bringen. »Du sollst wissen, dass ich dich liebe. Immer. Ganz gleich, wie du am Ende auf meine Bitte reagieren wirst.«
    Sie nickte. Aber er erkannte Verärgerung in ihren Augen. Durch seinen letzten Satz fühlte sie sich noch stärker unter Druck gesetzt.
    Egal, dachte er, ich habe gesagt, was ich denke.
    Draußen konnte er einen Wagen heranfahren hören. Jack kam, ihn abzuholen. Es wurde höchste Zeit, dass er sein Jackett anzog, seine Akten nahm und den Weg nach London antrat.
    Er überlegte, auf Virginia zuzutreten und ihr einen Kuss zu geben, was er sonst immer tat, wenn er sich von ihr verabschiedete, aber irgendetwas hielt ihn diesmal zurück. Wahrscheinlich der Ausdruck, der noch immer in ihren Augen stand.
    »Bis bald«, sagte er.
    »Bis bald«, erwiderte sie.
     

Samstag, 26. August
     
    Am Wochenende kehrte der Sommer noch einmal nach East Anglia zurück. Zwar konnten die Morgen und Abende den nahenden Herbst nicht verleugnen, aber tagsüber wurde es so heiß, dass die Menschen ans Meer und in die Schwimmbäder strömten. Der Himmel war von einem überirdischen Blau. Die Blumen in den Gärten leuchteten in allen Farben. Es war wie ein letztes, wunderbares Abschiedsgeschenk. Für die folgende Woche kündigten die Meteorologen Regen und Kälte an.
    Virginia fuhr Kim am späten Samstagnachmittag zu einer Schulfreundin, die ihren Geburtstag mit einer Übernachtungsparty feierte. Sie hatte fast die ganze Klasse eingeladen,

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