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Das Echo der Schuld

Das Echo der Schuld

Titel: Das Echo der Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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es warm. Frederic las die Zeitung, Virginia rührte in ihrer Kaffeetasse. Wie nahezu immer herrschte eine friedliche, freundliche Stimmung zwischen ihnen. Es kam kaum je vor, dass sie stritten. Seit sie einander kannten, war ihre heftigste Auseinandersetzung im Grunde die vom vergangenen Wochenende gewesen, als Virginia die Schiffbrüchigen ins Haus geholt hatte. Und selbst das, dachte Virginia nun, kann man fast nicht als Streit bezeichnen.
    Sie überlegte gerade, ob man mit Frederic überhaupt streiten konnte – ob es jemanden gab, der das konnte –, da unterbrach er die Stille.
    »Schrecklich«, sagte er, »hier steht, dass ein kleines Mädchen aus King's Lynn umgebracht worden ist.«
    Virginia schrak aus ihren Gedanken auf.
    »Ein kleines Mädchen? Von wem? Von ihren Eltern?«
    »Nein, von einem Unbekannten. Sie wurde offenbar am Strand von Hunstanton entführt, als ihre Mutter nicht aufpasste.«
    »Wann ist das passiert?«
    »Als wir noch auf Skye waren. Die Kleine war vier Jahre alt.«
    »Wie furchtbar! Sagt dir der Name der Leute etwas?« Frederic schüttelte den Kopf. »Sarah Alby hieß das Kind.« Virginia überlegte. »Nein. Den Namen Alby kenne ich nicht.«
    »Sie ist vor über zwei Wochen in Hunstanton verschwunden. Jetzt, am Dienstag, haben sie sie in der Nähe von Castle Rising gefunden. Sexuell missbraucht und ermordet.«
    Das war unfassbar. Sie starrte ihren Mann an. »Sexuell missbraucht? Ein vierjähriges Kind?«
    »Wer so veranlagt ist, vergeht sich sogar an Babys«, sagte Frederic. »Scheußliche Typen.« »Weiß man, wer es war?«
    »Nein. Laut Zeitungsbericht gibt es nicht einmal eine brauchbare Spur.«
    »Ich werde Kim sagen, dass sie nur noch in Sichtweite des Hauses spielen darf«, sagte Virginia. »Jedenfalls so lange, bis sie den Kerl geschnappt haben.«
    »Mach dir nicht zu viele Sorgen. Ich glaube nicht, dass so jemand in ein fremdes Grundstück eindringt. Der hat sich die Kleine an einem überaus belebten Badestrand geschnappt. Offensichtlich streift er nicht durch die Wälder, sondern hält inmitten von Menschenmengen Ausschau nach Opfern.«
    Virginia fröstelte. »Er hält Ausschau nach Opfern … Das klingt, als glaubtest du, er tut es wieder?«
    Er legte die Zeitung zur Seite. »Glaubst du das nicht? Wenn du sagst, du wirst nun verstärkt auf Kim aufpassen?«
    Er hatte Recht. Sie glaubte es auch. Weil es sich offenbar um einen Triebtäter handelte. Und weil man von Triebtätern wusste, dass ihre Perversion immer neue Nahrung brauchte.
    »Ich hoffe, sie kriegen ihn bald«, sagte sie inbrünstig, »und sperren ihn dann lebenslang weg.«
    »Heutzutage wird leider kaum noch jemand lebenslang weggesperrt«, meinte Frederic, »irgendeinen verständnisvollen Psychologen, der ihm nach ein paar Jahren vollständige Heilung bescheinigt, findet so einer immer.«
    Er wollte aufstehen, überlegte es sich jedoch anders.
    »Es gibt da noch etwas …«, sagte er.
    Virginia, in Gedanken noch ganz bei dem furchtbaren Verbrechen, schreckte hoch. »Ja?«
    »Ich …«, es bereitete ihm Schwierigkeiten, sein Anliegen zu formulieren, »du weißt, dass ich einen Sitz im Unterhaus anstrebe und dass ich gute Chancen habe. Es macht jedoch keinen besonders positiven Eindruck, dass ich immer und überall allein auftrete. Man weiß, dass ich verheiratet bin, und man fragt sich, weshalb man meine Frau nie zu Gesicht bekommt.«
    »Aber …«
    »Das führt rasch zu Spekulationen über den Zustand unserer Ehe. Man glaubt, dass vielleicht irgendetwas zwischen uns nicht in Ordnung ist.«
    »Wir haben ein siebenjähriges Kind!«
    »Aber wir sind nicht gerade unvermögend. Jedem ist klar, dass wir uns eine Nanny, ein Au-pair-Mädchen oder zumindest an einigen Abenden der Woche einen Babysitter leisten könnten. Verstehst du, man würde es für eine Ausrede halten, wenn ich sage, du musst wegen des Kindes daheim bleiben.« Er überlegte kurz und fügte dann hinzu: »Man hält es bereits für eine Ausrede.«
    »Ach ja? Das weißt du?«
    »Es wurde mir zugetragen, ja.«
    Sie sah ihn nicht an. »Man hat dir von Seiten deiner Partei angedeutet, dass man deine Chancen schwinden sieht, wenn über dich das Gerücht entsteht, deine Ehe sei nicht in Ordnung?«
    »Das ist bei den Konservativen nun einmal so.« Er stand nun doch auf, er hatte sich erregt, was er unbedingt hatte vermeiden wollen. »Verstehst du, ein Sitz im Unterhaus … das ist nicht irgendetwas. Man bekommt den nicht gerade nachgeworfen.«
    »Eine intakte

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