Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Echo der Traeume

Das Echo der Traeume

Titel: Das Echo der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Duenas
Vom Netzwerk:
Gleichmuts, den er während des Gesprächs an den Tag gelegt hatte, spürte man bei ihm nun eine positive Einstellung und den deutlichen Willen, Rosalinda und Beigbeder nicht mehr zu belästigen als unbedingt notwendig. Ich nahm an, dass diese Haltung etwas mit seinem Beruf zu tun hatte, doch mir fehlte die Erfahrung, um das beurteilen zu können. Schließlich war er der erste Journalist, den ich in meinem Leben kennenlernte.
    » Zuallererst sollten Sie Folgendes wissen: Mein Kontaktmann ist bereits verständigt und rechnet damit, dass Ihre Mutter mitkommt, sobald die nächste Evakuierungsaktion von Madrid an die Küste stattfindet.«
    Ich musste mich an die Tischkante klammern, um nicht aufzuspringen und ihm um den Hals zu fallen. Doch ich beherrschte mich. Der Speisesaal des Hotel Nacional war inzwischen gut besucht und unser Tisch dank Rosalinda der Mittelpunkt des Interesses an diesem Abend. Dass ich diesen fremden Mann in meiner Euphorie stürmisch umarmte, hätte gerade noch gefehlt. Dann hätten sich sämtliche Köpfe sofort zu uns umgedreht und ein großes Getuschel begonnen. Also bremste ich meine Begeisterung und beschränkte mich darauf, meine Freude über diese Nachricht lediglich mit einem Lächeln und einem schlichten Danke zu äußern.
    » Sie müssen mir noch einige Daten geben. Ich werde sie an meine Agentur in London telegrafieren, und von dort wird man sich mit Christopher Lance in Verbindung setzen, unter dessen Kommando die gesamte Aktion steht.«
    » Wer ist das?«, wollte Rosalinda wissen.
    » Ein englischer Ingenieur, ein Weltkriegsveteran, der schon einige Jahre in Madrid lebt. Bis vor dem Aufstand arbeitete er für ein spanisches Unternehmen mit britischer Beteiligung, die Firma Ginés Navarro e Hijos, mit der Hauptniederlassung am Paseo del Prado und Filialen in Valencia und Alicante. Er hat mit dieser Firma Straßen und Brücken gebaut, einen großen Staudamm in Soria, ein Wasserkraftwerk nahe Granada und einen Landemast für Zeppeline in Sevilla. Als der Krieg ausbrach, machten sich die Navarros aus dem Staub, ich weiß nicht, ob freiwillig oder unter Zwang, die Arbeiter bildeten einen Rat und übernahmen die Firma. Damals hätte Lance gehen können, doch er tat es nicht.«
    » Warum?«, fragten Rosalinda und ich im selben Moment.
    Der Journalist zuckte die Achseln und nahm einen großen Schluck Wein.
    » Das hilft gegen die Schmerzen«, sagte er entschuldigend, während er das Glas hob, als wollte er die medizinische Wirkung des Weins unter Beweis stellen. » Offen gestanden«, fuhr er dann fort, » weiß ich gar nicht, warum Lance nicht nach England zurückgekehrt ist, er hat mir nie einen wirklich plausiblen Grund dafür genannt. Vor dem Krieg ergriffen die in Madrid ansässigen Briten, wie fast alle Ausländer, für keine Seite Partei, sondern registrierten die politische Situation mit Desinteresse, sogar mit einer gewissen Ironie. Sie wussten natürlich von den Spannungen zwischen den Rechten und den Parteien der Linken, sahen darin aber einen weiteren Beweis für die Eigenart Spaniens, stuften es als landestypisch ein. Stiere, Siesta, Knoblauch, Olivenöl und Bruderhass, alles sehr pittoresk, sehr spanisch. Bis die Bombe hochging. Da begriffen sie, dass es ernst wurde, und sahen zu, dass sie schnellstens aus Madrid fortkamen. Mit einigen wenigen Ausnahmen, wie beispielsweise Lance, der sich dafür entschied, seine Frau in die englische Heimat zu schicken und selbst in Spanien zu bleiben.«
    » Ein bisschen unvernünftig, nicht wahr?«, warf ich vorsichtig ein.
    » Wahrscheinlich ist er ein wenig verrückt«, erwiderte der Journalist halb im Scherz. » Aber er ist in Ordnung, und er weiß, was er macht. Er ist weder ein unbesonnener Abenteurer noch ein Opportunist von der Sorte, wie man sie heute an jeder Ecke findet.«
    » Und was genau macht er?«, erkundigte sich Rosalinda.
    » Er hilft denjenigen, die Hilfe brauchen. Er holt so viele Leute aus Madrid heraus, wie er kann, bringt sie zu irgendeinem Mittelmeerhafen und dort an Bord eines britischen Schiffs, egal, ob es ein Kriegs- oder Passagierschiff oder ein Zitronenfrachter ist – Hauptsache, es erfüllt seinen Zweck.«
    » Verlangt er Geld?«, wollte ich wissen.
    » Nein. Er verdient überhaupt nichts. Es gibt natürlich Leute, die an solchen Sachen ganz schön verdienen, aber er gehört nicht dazu.«
    Logan wollte uns noch etwas erzählen, doch in diesem Augenblick näherte sich unserem Tisch ein junger Offizier in Breeches

Weitere Kostenlose Bücher