Das Echo des Bösen: Soul Seeker 2 - Roman (German Edition)
wäre mir unerträglich, wenn sie mich so sehen würde.
Sechsundvierzig
Daire
A l s mich Rabe und Wind zur verzauberten Quelle führen, ist sie wirklich wieder verzaubert – keine aufgeblähten Fische, keine rattenverseuchten Ranken –, was mich jedoch nicht erstaunt. Dass ich mich von den Richters habe verprügeln lassen, hat mir ziemlich zugesetzt. Ein kurzes Bad im heilenden Wasser der Quelle wird mir sicher guttun.
Trotzdem sehe ich mich vorsichtshalber zuerst überall um, da ich mich vergewissern muss, dass ich allein bin und Cade nicht irgendwo im Dunkeln lauert und auf die ideale Gelegenheit wartet, um zuzuschlagen. Ich bekomme die erwünschte Bestätigung, als Rabe auf meiner Schulter landet und mich mit dem Schnabel anstupst, während Wind sich um mich schlingt und mich auf das glitzernde Becken zuschiebt.
»Es ist gut, dich wiederzuhaben«, sage ich, während Rabe zu einem Felsen in der Nähe flattert. »Deine Gesellschaft hat mir gefehlt. Ohne dich war es nicht das Gleiche.«
Seine violetten Augen spähen blitzend in alle Richtungen, und er passt gut auf, als ich meine Kleider ablege, die Stiefel ausziehe und das Messer in Reichweite lege, falls ich es brauchen sollte. Dann gleite ich in die warme, blubbernde Quelle und tauche unter, bis mir das Wasser über den Kopf reicht und beginnt, meine Wunden zu heilen und meine Energie wiederherzustellen, sodass ich beim Auftauchen wie neugeboren bin.
»Das sollten wir in Flaschen abfüllen.« Lachend steige ich aus dem Wasser und klettere über die Felsen am Rand. Doch das Schmunzeln vergeht mir, als ich merke, wie Wind zu bocken beginnt und Rabes Federn zaust, während Rabe zappelig wird, unruhig von einem Fuß auf den anderen tritt und heftig mit den Augen rollt.
»Shhh ! Er kommt – er kommt !«, krächzt Rabe und imitiert eine unbekannte weibliche Stimme, von der ich nur annehmen kann, dass sie einer von Cades unglücklichen Gefangenen gehört. Ich winde mich bei dem Gedanken, wie oft Rabe ihre Schmerzens- und Angstschreie gehört haben muss, um den furchtsamen Klang so perfekt imitieren zu können.
Die plötzliche Erschütterung der Erde, begleitet von einem markerschütternden Gebrüll, das durchs ganze Land hallt, lässt mich hastig in meine schmutzigen, zerrissenen Klamotten schlüpfen, nach dem Athame greifen und Rabe und Wind dorthin folgen, wo es seinen Ursprung hat. Cades persönlichem Epizentrum direkt neben der Quelle.
»Was zum Teufel hast du angerichtet ?«, schreit Cade und begrüßt mich mit bösem Blick und klaffendem, von Reißzähnen und Schlangen bewehrtem Mund, obgleich er glücklicherweise seine normale Größe bewahrt hat.
Ich schaue zu seinen Füßen und registriere, dass seine ganze unmittelbare Umgebung verseucht bleibt, während der Rest weiter heilt.
»Wenn du mich sehen wolltest, hättest du anrufen oder eine SMS schicken können«, sage ich mit fester Stimme. »Du hättest meinetwegen nicht dieses ganze Drama inszenieren müssen.«
Mit großer Geste senkt er die krallenbewehrten Hände und bringt die Erde zur Ruhe, während der ihn umgebende Feuerring verglüht und dunkler wird und ich nur hoffen kann, dass in der Mittelwelt die gleichen Erscheinungen stattfinden.
»Deine Denkweise kann ich nicht nachvollziehen«, höhne ich und lasse den Blick über ihn wandern, während sich meine Lippen angewidert verziehen. »Du bist wie einer dieser durchgeknallten Plünderer, die man in den Nachrichten sieht. Du lebst in Enchantment, deiner Familie gehört praktisch Enchantment, und doch zerstörst du es beinahe, indem du es mit diesem von dir selbst geschaffenen Feuerregen überziehst. Hast du eigentlich eine Vorstellung davon, wie irre dich das aussehen lässt ?«
Er schlägt mit einer Hand nach mir, wobei mir seine rasiermesserscharfen Krallen unangenehm nahe kommen. »Es ist die Prophezeiung, Daire. Ich dachte, das wüsstest du. Es hat nur einen kleinen Schubs gebraucht, um sie in Gang zu bringen. Jetzt beantworte meine Frage. Wo sind meine Ahnen und meine Angestellten ? Was zum Teufel hast du getan, Santos ?« Seine Stimme gellt laut, wobei sich die Schlangen in alle Richtungen winden. Während er die Umwandlung von seinem Dämonen-Ich zu seinem normaleren Ich vollzieht, pfeift er nach seinem gruseligen Kojoten, der gehorsam angetrottet kommt und sich mit einem blutig zerfleischten Kaninchen, das ihm halb aus der Schnauze hängt, neben ihn setzt.
»Das ist das Geisttier von jemandem !«, keuche ich und fasse nach
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