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Das Echo dunkler Tage

Das Echo dunkler Tage

Titel: Das Echo dunkler Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dolores Redondo
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von Make-up gefunden haben? Fast alle Mädchen in ihrem Alter schminken sich oder benutzen zumindest Mascara und Gloss.«
    Sie sah ihre Kollegen an, die wiederum sie verwirrt ansahen.
    »Mascara ist für die Wimpern, Gloss für die Lippen«, erläuterte Jonan.
    »Ich glaube, dass der Täter Anne die Schminke aus dem Gesicht gewischt hat, daher die rötlichen Flecken auf der Wange. Er muss dafür ein Taschentuch mit Make-up-Entferner verwendet haben oder Abschminktücher. Und weil es am Fluss stockdunkel war und das Licht seiner Taschenlampe nicht ausreichte, hat er das Gesicht nicht ganz saubergekriegt. Jonan, Fermín, ich möchte, dass ihr noch mal zum Fluss runtergeht und nach Reinigungstüchern sucht, vielleicht hat er sie einfach liegen lassen.« Ihr entging nicht, dass Montes seine Schuhe ansah, die diesmal braun waren und offensichtlich genauso teuer wie die anderen neulich. »Subinspector Zabalza, Sie sprechen bitte mit Ainhoas Freundinnen und finden raus, ob das Mädchen am Tatabend geschminkt war. Die Eltern brauchen Sie gar nicht erst zu fragen, das Mädchen war so jung, wahrscheinlich wissen die gar nicht, ob sie sich schon geschminkt hat. Viele Mädchen tragen das Make-up erst auf, wenn sie aus dem Haus sind, und entfernen es wieder, bevor sie wieder heimkommen. Carla war garantiert geschminkt, wie auf allen Fotos, die wir von ihr haben. Außerdem war Silvester, und an Silvester malt sich selbst meine Tante Engrasi die Lippen an. Vielleicht haben wir bis heute Nachmittag schon was Brauchbares. Wir treffen uns um vier wieder hier. Das gilt für alle.«
    FRÜHJAHR 1989
    Es gab gute Tage, und das waren fast immer die Sonntage, weil der Sonntag der einzige Tag war, an dem ihre Eltern nicht arbeiteten. Ihre Mutter buk knusprige Croissants und Rosinenbrot, deren süßer Duft sich im ganzen Haus verteilte und stundenlang hielt. Ihr Vater kam morgens herein, öffnete die Läden des Fensters, das zum Berg ging, und verließ das Zimmer wieder, damit die Sonne mit ihrem warmen Streicheln sie weckte. Während sie noch im Bett lagen, lauschten sie dem Plaudern ihrer Eltern in der Küche und genossen das Gefühl, in einem sauberen Bett zu liegen und zuzusehen, wie die Sonne verspielte Lichtpfade in den schwebenden Staub zog. Manchmal legte ihre Mutter vor dem Frühstück eine alte Platte auf, und die Stimmen von Machín oder Nat King Cole klangen durchs ganze Haus. Dann stiegen sie verschlafen aus dem Bett und setzten sich im Wohnzimmer aufs Sofa, um zuzusehen, wie ihre Eltern Boleros und Cha-Cha-Chas tanzten. Vater und Mutter hielten sich eng umschlungen, kreisten Wange an Wange durch den Raum, wichen den handgewachsten Möbeln aus und den Teppichen, die jemand in Bagdad gewebt hatte. Verlegen saßen Ros, Flora und sie da, als hätten sie die Eltern nicht beim Tanzen, sondern bei einem intimeren Akt überrascht. Ros war immer die Erste, die sich an die Beine ihres Vaters klammerte, um mitzutanzen. Dann kam Flora, die sich an die Mutter hängte. Nur Amaia blieb auf dem Sofa sitzen und amüsierte sich über den Pulk von Tänzern, die sich stolpernd im Kreis drehten und aus vollem Hals Boleros sangen. Sie stand deshalb nicht auf, weil sie den Moment noch eine Weile genießen wollte, dieses Ritual, denn sie wusste, dass der Tanz sofort beendet würde, sobald sie aufstand und sich dazugesellte, sobald sie ihre Mutter streifte; dass ihre Mutter sich zurückziehen würde, unter irgendeinem Vorwand, weil sie müde war, keine Lust mehr hatte oder im Ofen nach dem Brot sehen musste. Dann machte ihr Vater ein verzweifeltes Gesicht, tanzte mit Amaia, als wollte er den Schaden wiedergutmachen, bis fünf Minuten später ihre Mutter zurück ins Wohnzimmer kam und den Plattenspieler ausmachte, weil sie angeblich Kopfschmerzen hatte.

10
    A ls Amaia nach einer kurzen Siesta erwachte, war sie wie benommen und fühlte sich noch schlechter als vorher. Sie duschte, las die Nachricht, die James ihr hinterlassen hatte, und war verstimmt, weil er nicht zu Hause war. Sie würde es ihm nie sagen, aber sie brauchte ihn in ihrer Nähe, wenn sie schlief. Sie würde nie laut aussprechen, was sie empfand, wenn sie allein aufwachte, wie sehr sie sich wünschte, er wäre da gewesen, weil sie sich lächerlich vorkäme. James musste nicht neben ihr liegen oder ihre Hand halten, es genügte auch nicht, dass er da war, wenn sie aufwachte. Er musste da sein, während sie schlief. Wenn er das Haus verließ, bemerkte sie im Schlaf seine Abwesenheit, als

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