Das Echo Labyrinth 02 - Die Reise nach Kettari
wechselt?«
»Allerdings«, murmelte ich. »Das hat mir Lady Melamori schon gesagt.«
»Ich hätte nicht gedacht, dass sie so aufmerksam ist. Doch der ständige Wechsel Ihrer Augenfarbe, Sir Max, ist wirklich recht auffällig. Aber keine Sorge: Die meisten Leute merken so was nicht. Auch ich hab Sie erst im Traum begleiten müssen, um das Changieren Ihrer Augenfarbe zu registrieren. Marilyn, du bist heute ja wirklich gesprächig! Aber ich möchte jetzt ohnehin nicht mehr über dich reden. Erklär mir lieber, worauf du mit deinen Fragen hinauswillst.«
»Ich will eigentlich nur erfahren, ob ich mich per Stummer Rede bei meiner Mutter melden kann, die - wie Sie offenbar wissen - in einer ganz anderen Welt lebt.«
»Natürlich können Sie das. Meiner Meinung nach allerdings ist die Kommunikation zwischen zwei Welten ein ungewöhnliches Ereignis - unsere Reise dagegen ist eine ganz normale Sache. Umso erstaunlicher, dass es uns nicht gelungen ist, mit Sir Juffin per Stummer Rede in direkten Kontakt zu kommen.«
»Diese Reise soll eine -normale Sache* sein, mein guter Glama? Von wegen! Wir fahren durch eine Gegend, die es laut Juffin gar nicht gibt, und ein Einheimischer kann uns nicht sagen, wann wir Kettari erreichen. Obwohl ich schon Erfahrungen mit dem Reisen zwischen den Welten habe, muss ich gestehen, dass mir solche Schwierigkeiten noch nicht begegnet sind.«
»Gut, machen wir es so: Sir Glama bleibt bei seiner Meinung und hält diese Reise weiter für eine ganz normale Sache, und Lady Marilyn kultiviert ihre Ängste. Ich halte es für klug, unsere Lage aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten.«
»Verstehe. Kommt Zeit, kommt Rat!«
»Du sprichst mir aus der Seele, Marilyn. Hast du nicht langsam den Eindruck, dass wir doch allmählich Kettari erreichen?«
»Der Weg ist jedenfalls deutlich erträglicher geworden, obwohl die Gegend weiter sehr öde wirkt. Vielleicht ist das da vorn ja schon die Stadtmauer?«
»Eben.«
»Bald dürften die sieben Wacharibäume und das Stadttor auftauchen, das noch Skulpturen aufweisen soll, die der alte Kwawa Ulon gefertigt hat«, meinte ich träumerisch. »Ich bin so aufgeregt, als wäre es nicht Juffins Heimatstadt, sondern meine. Was mag mich an Kettari so anziehen? Vielleicht vermisse ich meine Heimat ja doch ...«
»Elf«, sagte Lonely-Lokley plötzlich.
»Elf?«
»Das sind elf Wacharibäume - zähl selbst nach.«
Tatsächlich! Dabei hatte Juffin von sieben Bäumen gesprochen.
»Vielleicht hat sich ihre Zahl im Laufe der Zeit geändert«, meinte Lonely-Lokley achselzuckend.
»Glama, hast du ein Auge für die Natur?«
»Eigentlich schon. Warum?«
»Findest du nicht, dass die Bäume gleich aussehen?«
»Doch, doch! Und sie müssen sehr alt sein, denn solche Knoten am Stamm bilden sich erst nach fünfhundert Jahren.«
»Donnerwetter!«, rief ich und pfiff respektvoll durch die Zähne. »Und sieh dir das Stadttor an: wie neu! Nirgendwo sind auch nur die kleinsten Trümmer zu sehen! Alles ist einfach, aber geschmackvoll. Herzlichen Glückwunsch, mein Freund - wir haben Kettari erreicht. Kaum zu glauben.«
Lonely-Lokley zuckte die Achseln. »Früher oder später musste es so kommen. Warum freust du dich eigentlich so?«
»Keine Ahnung«, meinte ich ehrlich und betrachtete begeistert die kleinen Reihenhäuser.
Ikebana-Freunde hätten angesichts der Blumensträuße in den Fenstern einen Schreck bekommen. Ich dagegen war entzückt. Die Mosaiken auf den Gehwegen schimmerten angenehm golden. Die Luft war sauber und erstaunlich kühl, obwohl die Sonne den ganzen Tag geschienen hatte. Aber ich fror nicht, sondern fühlte mich wie von innen gereinigt, und ein Rausch der Nüchternheit erfasste mich.
»Was ist los?«, fragte Lonely-Lokley.
»Lady Marilyn hat sich verliebt«, antwortete ich lächelnd. »Sie ist einfach verrückt nach Kettari - genau wie ich. Schau dir nur dieses kleine, dreistöckige Häuschen an, Glama. Eine Schlingpflanze hat sich so um den Wetterhahn gewunden, dass er sich nicht mehr drehen kann. Und spürst du die wunderbar kristallklare Luft? Merkst du den Unterschied zu der stickigen Atmosphäre in den Bergen? Wer hätte das erwartet?«
»Mir gefällt es hier nicht«, brummte Lonely-Lokley.
»Wirklich nicht?«, fragte ich erstaunt. »Glama, mein Guter, du bist einfach zu müde, um die Stadt genießen zu können. Du brauchst Erholung. Wenn du willst, kannst du mich jede Nacht im Traum begleiten. Das hat dir doch gefallen, oder?«
»Stimmt, das
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