Das Echo Labyrinth 02 - Die Reise nach Kettari
sich nach dieser Devise, wenn er neue Mitarbeiter rekrutiert.«
»Schon gut«, winkte ich ab. »Ich bleibe, wer ich bin -egal, wie du mich einschätzt. Aber jetzt halt bitte an, Glama. Ich möchte aussteigen, ein wenig auf der Uferpromenade spazieren und mich unterhalten. Mein Herz hat mir geflüstert, dass die Leute hier den Wunsch verspüren, zwei reiche Touristen aus der Hauptstadt zu beherbergen. Keine Panik - ich weiß, dass ich eine Frau bin und Marilyn heiße. Also werde ich auch mit einigen netten älteren Frauen ein paar Takte plaudern.«
»Tu, was du nicht lassen kannst, Marilyn«, meinte Schürf und zuckte schon wieder die Achseln. »Schließlich dürfen wir beide nicht vergessen, dass Sir Max mein Vorgesetzter ist.«
»Was du nicht sagst!«, rief ich und konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. »Warte hier - ich bin gleich wieder da.«
Begeistert betrat ich die Promenade aus Bernstein. Durch meine dünnen Sohlen spürte ich die angenehme Wärme des gelben Steins. Ich fühlte mich plötzlich so leicht und glücklich, als würde ich gleich davonfliegen. Kettari war wunderschön - wie in meinem Lieblingstraum. Und auch ich empfand mich eher als Traumgestalt, nicht als Mensch aus Fleisch und Blut.
Mit Lady Marilyns beschwingtem Schritt verließ ich die Promenade, drang in das Gassengewirr ein und betrachtete mit ungebremstem Lächeln die alten Häuschen. Alte Promenade las ich auf einem Schild. Hier gefiel es mir wirklich!
Ach, Juffin, dachte ich, könnte ich Sie doch per Stummer Rede erreichen! Dann würde ich Ihnen sagen, dass ein fantastischer Mann wie Sie nur in einem wunderbaren Städtchen wie diesem Kettari hat geboren werden können. Aber ich werde sicher nicht vergessen, Ihnen das zu sagen, wenn wir uns Wiedersehen.
Ich malte mir so lebhaft aus, mit meinem Chef zu plaudern, dass ich beinahe eine alte Dame umgerempelt hätte. Zum Glück war sie trotz ihrer Jahre flink genug, im letzten Moment auszuweichen. Dann griff sie nach einer Türklinke und sah mich vorwurfsvoll an.
»Was ist mit dir los, Mädchen? Wo hattest du deine wunderschönen Augen?«
»Verzeihen Sie bitte«, sagte Lady Marilyn erschrocken. »Ich bin erst vor einer halben Stunde in diese Stadt gekommen, von der ich seit Kindertagen unendlich viel gehört habe. Ich hätte nie gedacht, dass es hier so schön ist. Darum war ich wie weggetreten - aber das ist sicher gleich vorbei.«
»Woher kommst du denn, Süße?«, fragte die alte Dame neugierig.
»Aus Echo«, meinte ich schuldbewusst.
Beichtet man Provinzstädtern, aus der Großstadt zu sein, schafft das eine merkwürdige Verlegenheit, als hätten die Gesprächspartner einander silberne Löffel gestohlen.
»Aber deine Aussprache ist alles andere als hauptstädtisch«, bemerkte die Alte aufmerksam. »Und aus dieser Gegend bist du auch nicht. Woher stammst du also, Mädchen?«
Lady Marilyn und ich mussten weiter lügen: »Ich wurde sehr weit von hier geboren - in der Grafschaft Wuk. Meine Eltern sind noch in der Traurigen Zeit dahin ausgewandert und haben sich dort recht gut eingelebt. Vor ein paar fahren habe ich einen Mann aus Echo geheiratet, doch meine Großmutter stammt aus Kettari. Daher mein Faible für die Stadt. Ich habe immer zu meinem Mann gesagt: «Glama, ich will einen Teppich aus Kettari." Aber natürlich wollte ich etwas ganz anderes: Ich wollte ...«
»Du wolltest ins Märchenland deiner Kindheit«, sagte die alte Frau und nickte verständnisvoll. »Und wie ich sehe, gefällt es dir bei uns sehr gut.«
»Gut ist gar kein Ausdruck! Könnten Sie mir zufällig helfen? Ich würde gern in dieser Gegend für ein paar Dutzend Tage eine Wohnung mieten, denn ich möchte nicht ins Hotel. Ist das in Kettari machbar?«
»Natürlich«, antwortete die alte Frau begeistert. »Sie können ein Stockwerk oder sogar ein ganzes Haus mieten. Aber ein Haus ist ziemlich teuer - selbst für kurze Zeit.«
»Toll! Ich muss nur jemanden finden, der etwas Passendes hat. Über den Preis werden wir uns schon einig.«
Bei diesen Worten tippte ich mir zweimal mit dem rechten Zeigefinger an die Nasenspitze.
»Herzlich willkommen, meine Liebe«, sagte die Alte lächelnd. »Du verdienst wirklich Rabatt. Denk dir - ich komme gerade von meiner Freundin zurück. Wir haben uns schon mehrmals darüber unterhalten, dass wir eigentlich beide im selben Haus wohnen sollten, da wir uns sowieso ständig besuchen. Das zweite Haus könnten wir dann an Gäste vermieten, um uns das eine oder andere leisten
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