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Das Echo Labyrinth 04 - Volontäre der Ewigkeit

Das Echo Labyrinth 04 - Volontäre der Ewigkeit

Titel: Das Echo Labyrinth 04 - Volontäre der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Frei
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halben Stunde fanden wir, was wir gesucht hatten. Aus der Ecke eines kleinen Kellerraums sah uns ein erschrockenes, schwach schimmerndes Wesen an. Es wollte essen, und es wollte zu Mama, doch ich fürchtete, dass die gute Mama weit und breit nicht aufzutreiben war.
    Vorsichtig ging ich über den unebenen Boden auf das Wesen zu und stolperte dabei ab und zu über Hindernisse, die sich später als Menschenknochen erweisen sollten.
    »Max, wo willst du hin?«, fragte Schürf mich streng.
    »Dieses Tier ist sicher ungefährlich«, sagte ich rasch. »Töte es bitte nicht. Ich glaube, es ist sehr sympathisch.«
    »Meinst du wirklich?«, fragte Lonely-Lokley skeptisch.
    »Ja«, rief ich und stand neben dem seltsam schimmernden Wesen. »Schürf, du wirst staunen, aber es handelt sich um einen kleinen Bullen.«
    Der Jungstier wollte meine Hand lecken, doch es gelang ihm nicht. Wir waren nicht aus einem Holz geschnitzt: Ich war ein Mensch aus Fleisch und Blut, und er war glibberig wie Gelee und ähnelte einem erst halb entwickelten Gespenst.
    »Ein Stier, sagst du?«, fragte Schürf und schüttelte erstaunt den Kopf. »Jetzt verstehe ich allmählich. Gut, dass er noch klein ist. Wenn wir ein paar Jahre später gekommen wären Ich wollte vor allem den Rücken des Tiers streicheln. Er fühlte sich seltsam an - wie warmer Atem. Aber es gab dort noch etwas, das mir völlig unbekannt war.
    »Das ist ein Mondstier, Max«, erklärte Lonely-Lokley, »ein echter Mondstier, der zum Glück noch ein Kalb ist. Die Legende sagt, das Mondlicht habe ihn geboren und er ernähre sich ausschließlich von den Herzen der besten Menschen. Jetzt erst ist mir klar, dass unter den -besten Menschen« vor allem die Nachkommen der Mondbullen zu verstehen sind. Irgendwann bekommt er einen richtigen Körper. Die Legende sagt, dann gehe die Welt zugrunde. Also muss ich den Mondstier töten. Außerdem ist seine Ernährungsweise zu gefährlich - findest du nicht auch?«
    »Mach, was du willst!«, rief ich. »Diese Welt gefällt mir, und ich möchte nicht, dass sie untergeht. Aber jetzt verstehe ich Baka Bugwin. Wie jeder echte Dichter wollte er die Apokalypse herbeiführen. Warte bitte noch einen Moment. Ich muss all diese Erkenntnisse erst mal verdauen.«
    »Tu das«, meinte Lonely-Lokley. »Unterdessen berichte ich Sir Juffin, was hier vorgefallen ist.«
    Erneut streichelte ich unsere Entdeckung. Das Tier schnaufte leise und rieb sich an meinem Todesmantel. Jetzt war mir klar: Er muss einfach nach Hause zurückkehren wie jedes andere kleine Wesen, das sich verlaufen hat. Intuitiv schnippte ich mit den Fingern, und ein Kugelblitz traf seinen geleeartigen Körper. Der Stier sprach mich natürlich nicht an, sondern sah mir nur in die Augen und wartete, was weiter geschehen würde.
    »Kehre dorthin zurück, woher du gekommen bist!«, befahl ich ihm. »Ich nehme an, dein Stall steht auf dem Mond, aber du weißt das sicher am besten.«
    Das Tier schrumpfte zusammen, und nach einigen Sekunden stand nur noch eine winzige leuchtende Figur vor mir. Man musste schon genau hinsehen, um noch Ähnlichkeiten mit einem Stier zu erkennen.
    »Sag Juffin, dass ich den Mondstier in seinen Stall geschickt habe«, sagte ich stolz zu Sir Schürf und ging zur Treppe zurück. »Und sag ihm, dass ich ein Genie bin, falls er noch nicht darauf gekommen sein sollte.«
    Ich wollte unbedingt an die frische Luft. Als das sympathische Tier verschwunden war, merkte ich, dass ich es in dem schrecklichen Keller nicht länger aushalten konnte.
    Auf dem Rückweg redete ich wie ein Wasserfall über die Dichter, vor allem über den verrückten Baka Bugwin und seinen apokalyptischen Traum. Ich weiß nicht, wie Sir Schürf mein Geplapper ausgehalten hat. Er ist sicher ein Heiliger.
    Im Büro erwartete uns ein üppig beladenes Tablett aus dem Fressfass.
    »Toll«, sagte ich lächelnd. »Kamra, Piroggen und kein einziges Stück Menschenfleisch!«
    »Woher willst du das wissen?«, fragte Juffin spöttisch.
    Ich schob mir eine riesige Pirogge in den Mund, redete aber unverdrossen weiter: »Hat der Dichter Baka Bugwin dem Stier tatsächlich Menschenherzen zu fressen gegeben? Ich wüsste ja gern, wie er die Nachfahren der Mondbullen aufgespürt und das Tier gefüttert hat. Das alles wirkt so ungemein unreal!«
    »Nimm nicht alles, was du hörst, für bare Münze«, sagte Juffin seufzend. »Die Geschichte mit den Mondbullen ist nur eine Legende. Natürlich hat unser Dichter die Menschenherzen selber

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