Das Echo Labyrinth 04 - Volontäre der Ewigkeit
müssen nur noch Schwärme von Touristen kommen, um die Plastiken zu bestaunen - und sie kommen bestimmt. Was hier geschaffen wurde, erinnert mich an die Ordensepoche. Das ist ein Unikat -lasst euch das gesagt sein.«
Wir hatten wirklich ein seltsames Bild vor Augen. Die wie versteinert wirkenden Zombies ergaben eine eigenwillige Komposition. Aber das beruhigte mich nicht. Vielmehr rechnete ich klammheimlich damit, dass sie sich bewegen würden.
»Ihr könnt nach Hause gehen. Ich allerdings bleibe noch ein wenig hier«, sagte ich. »Mein Herz meldet sich, und ihr wisst, was das bedeutet. Es war schließlich meine verrückte Idee, und ich darf jetzt an ihr zweifeln.«
»Was ist, Max?«, fragte Kofa erstaunt. »Das war wirklich eine prima Idee - etwas seltsam zwar, aber ganz ausgezeichnet. Ich hatte erwartet, die Zombies würden sich längst bewegen, aber nichts da«, meinte er, trat an die Figuren heran und musterte sie. Nach ein paar Minuten, die mir unendlich lang vorkamen, drehte er sich zu mir um und sagte: »Sündige Magister - ich fürchte, du hast Recht.«
»Bewegen sie sich tatsächlich?«, fragte ich sichtlich erschrocken.
»Fängt etwa alles wieder von vorn an?«, rief Melifaro empört. »Leute, ich kann nicht mehr!« Wo war bloß seine gute Laune geblieben? »Aber vielleicht täusche ich mich ja«, fuhr er fort. »Nein, sie rühren sich wirklich. Es reicht nicht, die Zombies kurz anzustarren. Ihre Bewegungen sind fast nicht zu sehen. Man muss sich schon minutenlang zu ihnen runterbeugen. Aber der Kunststoff, mit dem sie überzogen sind, ist trotzdem nicht schlecht, denn er bremst sie massiv.«
»Du hast dir zu Recht Sorgen gemacht, Kofa«, sagte ich erstaunt.
»Kein Wunder. Die armen Wesen sind erneut auferstanden, können sich aber kaum bewegen - das ist der Clou.«
»Stimmt«, sagte ich ungerührt. »Sie können ein wenig zucken, aber entlaufen werden sie uns auf keinen Fall.«
»Endlich hast du mal wieder was Vernünftiges gesagt«, meinte Kofa seufzend.
Melifaro lächelte schwach. Den Magistern sei Dank! Seine gute Laune ist eine wichtige Sache in dieser Welt.
»Ich bleibe trotzdem noch ein wenig hier«, sagte ich entschieden. »Egal, wie ihr darüber denkt. Ich kann die armen Polizisten nicht mit diesen Geschöpfen allein lassen. Und ihr geht heim und erholt euch. Das habt ihr euch redlich verdient. Oder ihr geht ins Haus an der Brücke und leistet Melamori Gesellschaft.«
»Mir reicht es völlig, zwei Stunden zu schlafen«, sagte Kofa. »Danach helfe ich ihr.«
»Mir reichen zwei Stunden ganz und gar nicht«, erklärte Melifaro. »Ich mach eine längere Pause, denn ich habe wirklich genug.«
»Du kannst Pause machen, solange du willst - Hauptsache, du bist mittags wieder da«, sagte ich.
»Die Macht schmeckt dir, was? Du bist wirklich ein Tyrann und Despot ohnegleichen. Deine Untertanen tun mir aufrichtig leid.«
»Wenn meine Untertanen wieder in die Hauptstadt kommen, kannst du ihnen ja Gräuelmärchen über mich erzählen«, fuhr ich ihn an. »Und jetzt Gute Nacht. Besser gesagt: Guten Tag!«
Meine beiden Kollegen gingen. Ich blieb auf der bemoosten Grabplatte zurück und blies Trübsal. Bei den Polizisten war gerade Schichtwechsel, und Kapitän Tschekta Schach trat mit frischem Personal an.
»Tschekta«, begann ich, »schicken Sie bitte einen Ihrer Männer in die Stadt. Wir brauchen Draht - mindestens hundert Meter. Ich döse jetzt etwas, und wenn Ihr Mitarbeiter zurück ist, sage ich Ihnen, wie wir weiter vorgehen.«
Nachdem ich meinen Befehl erteilt hatte, legte ich mich ins nasse Friedhofsgras. Kaum war ich eingeschlafen, träumte mir, ich sei wieder in die Welt zurückgekehrt, aus der ich stamme. Ich glaubte, wieder in der Straßenbahn zu sitzen, die mich damals aus meiner Welt nach Echo gebracht hatte. Diesmal aber musste ich meine Fahrkarte bezahlen, doch ich hatte kein Geld dabei. Der Schaffner stand mit grimmiger Miene neben mir und drohte, mich aus dem Zug zu werfen, doch vor den Fenstern erstreckte sich nichts als Leere. Auch der Trambahnfahrer ließ ein paar böse Bemerkungen über mich - den blinden Passagier - fallen. Es ging mir in meinem Traum sehr schlecht, und ich wusste nicht, was ich machen sollte.
Aber zum Glück wachte ich auf, und als ich die Augen öffnete, sah ich die Polizisten eine Rolle Draht heranwuchten. Ich brauchte einen Moment, um mich daran zu erinnern, dass und warum ich sie um den Draht gebeten hatte. Beim Aufwachen hatte ich nur ein Mittel
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