Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Echo Labyrinth 04 - Volontäre der Ewigkeit

Das Echo Labyrinth 04 - Volontäre der Ewigkeit

Titel: Das Echo Labyrinth 04 - Volontäre der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Frei
Vom Netzwerk:
ging ich in die Küche, um die weiteren Punkte meines Vorsatzes zu erfüllen.
    Einige Zeit betrachtete ich stumpf die Kaffeemaschine und versuchte herauszufinden, wozu sie dienen mochte. Plötzlich fiel es mir wieder ein, und ich erinnerte mich sogar, wie man sie benutzt. Als die Maschine ihre Geräusche machte, fiel mir noch etwas ein: Morgens soll man sich die Zähne putzen. Zufrieden ging ich wieder ins Bad - ganz wie es sich gehört.
    Ich putzte mir die Zähne und betrachtete mein Gesicht im Spiegel. Etwas stimmte nicht, doch ich wusste nicht, was. Ich stellte die Zahnbürste zurück ins Glas und musterte mein unrasiertes Kinn. Mir fehlte nur noch ein Knochenwulst über den Augen, um wie ein Urmensch auszusehen.
    Plötzlich merkte ich, was mit meinem Gesicht nicht stimmte: die Haare! Sie waren schulterlang, und das war völlig unmöglich, da ich doch erst vor einer Woche bei meinem Frisör Viktor gewesen war, der mir einen Igelschnitt verpasst hatte. »Ab und an sollte sich jeder mal die Haare schneiden lassen« - genau das hatte Sir Juffin am Ende meines Traums zu mir gesagt. Und die bezaubernde Lady Sotowa hatte mir empfohlen, an meinen Kopf zu denken.
    An wessen Kopf sonst? Doch es war kaum zu erklären, warum meine Haare so schnell gewachsen waren.
    »Ab in die Küche«, ermahnte ich mich streng. »Wir haben uns schon geeinigt: Erst trinkst du Kaffee, danach kannst du verrückt spielen, wenn du willst.«
    So ging ich also in die Küche.
    Dort kalkulierte ich, dass mein letzter Besuch bei Viktor mindestens ein Jahr zurückliegen musste. Ich hatte offenbar eine Gedächtnislücke, wie sie bei mir nicht selten war.
    Ich nahm eine Zeitung vom Tisch: Nein, das Datum war richtig. Es war Dezember, das Jahr stimmte auch,
    und noch am Abend zuvor war die letzte Folge von Twin Peaks gelaufen. Alles klar, Watson. Und nach dem Film hatte ich durch die Grüne Straße gehen wollen, die mir der herrliche Sir Juffin in meinen Träumen empfohlen hatte.
    Ich ließ mich auf den Küchenstuhl sinken, und ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Gestern Abend war ich tatsächlich durch die Grüne Straße gegangen, und dort war die seltsame Tram mit der Nummer 432 aufgetaucht. Und ich war in eine andere Welt gefahren, in der - wie sich später erwies - mein Platz war, wo ich mich sehr wohl fühlte und wo man mich brauchte. Normalerweise braucht man mich nicht unbedingt. Die Welt kommt auch ohne mich gut zurecht.
    »Jetzt trink deinen Kaffee«, befahl ich mir streng. »Für wen hast du ihn sonst gemacht?«
    Ich stand auf, schenkte mir eine Tasse ein, trank einen Schluck und schüttelte mich - so grausam schmeckte das Gebräu. Ich hatte offenbar vergessen, dass ich Zucker brauchte.
    Ich begann ihn zu suchen, fand immerhin Süßstoff und warf ein paar Tablettchen in die Tasse. Jetzt schmeckte der Kaffee ausgezeichnet! Ich rauchte eine Zigarette und starrte mein Spiegelbild an, das mir von der Mattscheibe des alten Fernsehers entgegensah, der in der Ecke stand. Diese Begegnung mit mir selbst flößte mir eine gewisse Hoffnung ein. »Hoffnung ist ein trügerisches Gefühl«, hatte Machi Ainti - der ehemalige Sheriff aus Kettari -einmal zu mir gesagt. Das war auch eine der seltsamen Gestalten aus jener Stadt gewesen, in der ich einige Zeit verbracht hatte.
    Der Kaffee begann zu wirken, und es wurde Zeit, mit meinen Untersuchungen zu beginnen. Wenn man endlich wieder denken kann, soll man sich an eine Logik halten, solange sie noch vorhanden ist. Es fiel mir leicht, mich in der kleinen Wohnung zurechtzufinden. Das Telefon stand nur einen Meter entfernt - so weit wie fast alles, was sich noch in diesen vier Wänden befand. Ich grübelte kurz und beschloss, Viktor anzurufen.
    Glücklicherweise war er daheim und nahm gleich den Hörer ab, als hätte er auf einen Anruf gewartet.
    »Hallo, wer da?«, fragte er.
    »Ich bin's, Max.«
    »Ich erkenne deine Stimme gar nicht wieder - was ist los mit dir?«
    »Keine Ahnung. Ein Virus vielleicht. Weißt du, eigentlich wollte ich fragen, ob du mich letzte Woche mit deinem Kurzhaarschneider geschoren hast.«
    »Willst du mich dafür etwa ein zweites Mal bezahlen? Oder bist du mit meinem Tarif nicht einverstanden?«
    »Lass den Quatsch. Ich frage dich ganz im Ernst: Hast du mir letzte Woche die Haare geschnitten oder nicht?«
    »Schon gut. Ja - ich hab sie dir geschnitten.«
    Ich atmete tief durch und wischte mir den Schweiß von der Stirn. Viktor murmelte etwas in den Hörer, aber ich maß dem

Weitere Kostenlose Bücher