Das Echo
Schulterblatt. Er hat den Mann nicht erkannt, und mir sagt die Beschreibung auch nichts, aber nehmen wir an, ich kann Ihnen beweisen, daß es einen solchen Mann gibt und Amanda Powell mit ihm gut bekannt ist?«
Harrison hatte für den Vorschlag nichts übrig. Er litt immer noch unter den Prügeln, die er bezogen hatte, als er es gewagt hatte, Amanda Powells Worte in Frage zu stellen. Jedoch… »Was würde das ändern?«
»Es würde Sie vielleicht dazu bewegen, die Dame zu fragen, warum sie lügt.«
»Ich wiederhole - was würde das ändern? Kein Gesetz der Welt verbietet ihr, einen Mann bei sich zu haben, und Barry könnte ihn ja bei einer der anderen Gelegenheiten gesehen haben, als er sich ihrer Aussage nach in der Nähe ihres Hauses aufgehalten hat. Die Existenz des Mannes an sich bedeutet noch gar nichts.«
»Aber nehmen Sie doch einfach mal an, Barry sagt die Wahrheit. Glauben Sie ihm, wenn er sagt, daß er nie vorher in der Nähe von Amanda Powells Haus war und daß er gestern nacht dort einen Mann gesehen hat. Möchten Sie dann nicht wissen, warum sie lügt? Ich schon.«
Harrison sah ihn einen Moment schweigend an. »Mrs. Powell ist sehr -«, er suchte nach einem Wort, »- überzeugend.« Er schien noch etwas hinzufügen zu wollen, überlegte es sich dann aber anders.
»Zu überzeugend?« meinte Deacon.
»Das habe ich nicht gesagt.«
Deacon drückte seine Zigarette aus. Dann ging er zum Telefon und schlug in dem Adreßbuch nach, das neben dem Apparat lag. Er wählte eine Nummer. »Hallo, Maggie, Mike Deacon hier. Ja, ich weiß, es ist spät, aber ich muß wirklich sehr dringend mit Alan sprechen.« Er wartete, dann lächelte er. »Ja, du alter Gauner, ich bin’s schon wieder. Wie geht es dir?« Er lachte. »Soso, einen Bell’s hat sie dir erlaubt? Das ist ja immerhin etwas. - Nein, es handelt sich nur um einen kleinen Gefallen. Es läßt sich am Telefon erledigen. Ich schalte auf den Lautsprecher um, weil hier noch drei Leute im Zimmer sind, die deine Antwort sicher auch interessieren wird. Ich möchte dich bitten, mir eine Beschreibung von Nigel de Vriess zu geben.«
»Du meinst, wie er aussieht?« blaffte Alan Parker mit seiner rauhen Stimme.
»Ja. Vielleicht bestätigst du mir vorher noch, daß du ihn mir noch nie zuvor beschrieben hast.«
»Nur wenn du mir verrätst, was das alles zu bedeuten hat. Ich pfeif’ vielleicht auf dem letzten Loch, aber ich bin immer noch Journalist. Was hat die schleimige Kröte denn wieder mal für ein Ding gedreht?«
»Das weiß ich noch nicht. Aber du erfährst es als erster nach mir.«
»Wer’s glaubt, wird selig.« Alan lachte. »Also gut, ich hab’ ihn dir noch nie zuvor beschrieben. Soweit ich mich erinnere, hat er etwa meine Größe - ich bin eins achtundsiebzig - und blondes Haar, seit einiger Zeit gefärbt, um das Grau zu verbergen. Er trägt immer elegante dunkle Anzüge, wahrscheinlich von Harrods, mit einer weißen Nelke im Knopfloch. Gutaussehend, gewandt. Denk an Roger Moore als James Bond und du hast ein ziemlich klares Bild. Möchtest du sonst noch was wissen?«
»Wir haben hier die Beschreibung eines Mannes, von dem ich glaube, daß es sich um de Vriess handelt. Aber er war zu dem Zeitpunkt, als er gesehen wurde, splitternackt, darum hilft es uns nicht viel weiter zu wissen, wie er sich kleidet. Dieser Mann war der Beschreibung zufolge am ganzen Körper nahtlos braungebrannt und hatte eine Tätowierung oder ein Muttermal auf dem rechten Schulterblatt. Kannst du mir sagen, ob das auf de Vriess zutrifft?«
»Ha! Was die nahtlose Bräunung angeht, bin ich überfragt, aber ich weiß mit Sicherheit, daß er ein Muttermal auf dem Schulterblatt hat. Gerüchte - natürlich von ihm gestreut - besagen, daß es wie die Teufelszahl geformt ist - 66 - und er deshalb schon mit dreißig Jahren Millionär war, da ja der Teufel für die seinen sorgt und dieser ganze Quatsch. Eine seiner Tussis hat allerdings behauptet, es hätte mehr Ähnlichkeit mit einem Hundepimmel. Ich hab’s selbst nie gesehen, kann also nicht sagen, was stimmt und was nicht.« Er verfiel in einen schmeichelnden Tonfall. »Komm schon, Mike, was hat das alles zu bedeuten? Ich werd’s dir nie verzeihen, wenn DVS auf dem absteigenden Ast ist und du das für dich behalten hast. Ich hab’ Aktien von der verdammten Firma.«
»Soweit ich weiß, hat es mit seiner Firma nichts zu tun, Alan.« Unter erneuten Beteuerungen, daß er seinen alten Freund auf dem laufenden halten werde,
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