Das Echo
denn darauf?«
»Warum bist du sonst auf ihrem Sofa eingepennt?«
Deacon rieb sich das Kinn. »Sie hat die gleichen blauen Augen wie meine Mutter«, sagte er gedankenvoll. »Ich hatte Heimweh.«
Harrison machte einen Abstecher zur Dienststelle, ehe er zu Amanda Powell weiterfuhr. Er stellte seinen Kollegen verschiedene Fragen und rief dann Constable Dutton in Kent an. Ob Mrs. Powell von Barry Grovers Freilassung informiert worden sei? Ja. Und was habe Dutton ihr über den Mann gesagt? Er habe ihr eine detaillierte Beschreibung gegeben, lautete die Antwort, und die Zeiten genannt, zu denen er sich in der Nähe ihres Hauses aufgehalten hatte. Sei das falsch gewesen? In dem Fax aus London sei nichts davon erwähnt worden, daß die Informationen vertraulich seien, und Mrs. Powell habe natürlich wissen wollen, auf wen sie achten müsse, für den Fall, daß der Mann sie noch mal belästigte.
Harrison hatte sich in heiße Wut hineingesteigert, als er Thamesbank Estate erreichte.
Die Beamtin, die den Auftrag hatte, sich um Amanda Powell zu kümmern, bis Harrison von seinem Gespräch mit Barry zurückkehrte, öffnete ihm die Tür. »Wo ist sie?« rief er nur und drängte sich schon an ihr vorbei.
»Im Wohnzimmer.«
»Gut. Ich brauche einen Zeugen. Sie schreiben alles mit, was sie sagt, und wehe, Sie wagen es, über das was ich sage, auch nur mit der Wimper zu zucken! Ist das klar?« Er riß die Tür zum Wohnzimmer auf und pflanzte sich breitbeinig vor Amanda auf, die auf dem Sofa saß. »Sie haben mich belogen, Mrs. Powell.«
Sie schien vor ihm zurückzuweichen.
»Gestern nacht war sehr wohl ein Mann in diesem Haus.«
Sie beugte sich vor und ließ die Rosenblätter durch ihre schlanken Finger rieseln, so daß ihr Duft sich ausbreiten konnte. »Das stimmt nicht, Sergeant. Ich war allein.«
Harrison ließ sich nicht auf eine Diskussion ein. »Wir haben Ihren Gast «, sagte er mit Betonung, »vorläufig als Nigel de Vriess identifiziert. Glauben Sie, daß er ebenfalls bestreiten wird, hier gewesen zu sein?«
In der Tiefe ihrer Augen regte sich etwas, und seine Spannung stieg. Sie erinnerte ihn plötzlich an die übellaunige Siamkatze, die seine Großmutter einmal besessen hatte. Solange man sie in Ruhe gelassen hatte, war sie wunderschön gewesen; sobald man sie berührte, fauchte und kratzte sie wie eine Wilde. Seine Großmutter hatte sie einschläfern lassen, als sie ihr eines Tages das Gesicht blutig gekratzt hatte. »Schönheit liegt im Charakter«, hatte sie ohne Bedauern gesagt.
»Ich denke schon«, antwortete Amanda.
»Wann haben Sie ihn zum letztenmal gesehen?«
»Ich habe keine Ahnung. Es ist so lange her, daß ich das heute nicht mehr sagen kann.«
»War es vor oder nach dem Verschwinden Ihres Mannes?«
»Vorher.« Sie zuckte die Achseln. »Lange vorher.«
»Wenn ich also Mr. de Vriess’ Ehefrau frage, wo ihr Mann gestern nacht war, wird sie mir wahrscheinlich sagen, er sei zu Hause bei ihr gewesen?«
Sie befeuchtete ihre Lippen mit der Zungenspitze. »Das kann ich Ihnen nun wirklich nicht sagen.«
»Ich werde sie fragen, Mrs. Powell, und ich bin überzeugt, sie wird wissen wollen, warum ich frage.«
Wieder zuckte sie die Achseln. »Die beiden interessieren mich nicht.«
»Warum lag Ihnen dann soviel daran, Barry Grover als Lügner hinzustellen?«
Sie antwortete nicht.
Harrison griff mit einer Hand in seine Tasche. »Erzählen Sie mir von Billy Blake«, forderte er sie auf. »Haben Sie ihn erkannt, als Sie ihn in Ihrer Garage fanden?«
Sie registrierte den plötzlichen Richtungswechsel nur mit einem feinen Stirnrunzeln. »Billy Blake?« wiederholte sie. »Aber nein, ich habe ihn natürlich nicht erkannt. Weshalb sollte ich? Er war ein Fremder.«
Er legte die geliehenen Fotografien sorgfältig nebeneinander auf den Couchtisch. »Derselbe Mann?« meinte er.
Sie reagierte mit einem so starken Schock, daß er an der Echtheit ihrer Gefühlsbewegung nicht zweifeln konnte. Wessen auch immer sie schuldig war, dachte er, ihr war offensichtlich nie der Gedanke gekommen, daß Billy Blake mit ihrem verschwundenen Ehemann verwechselt werden könnte.
Aber Deacon hatte versäumt, ihm zu sagen, daß sie schon am Donnerstag abend mit dieser Theorie konfrontiert worden war.
Mit einem Schimmer von Belustigung in den dunklen Augen legte Deacon den Hörer auf. »Harrison ist stinksauer, daß er dauernd für nichts und wieder nichts herumgejagt wird«, bemerkte er. »Offenbar war Mrs. Powell wie vom
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