Das Echo
und von den Touristen genug bekommen, um sich seinen Alkohol kaufen zu können. Nur im Winter, wenn das Geschäft mit den Touristen nicht mehr lief, hat er es mit Diebstahl versucht. Wenn Sie sich sein Strafregister ansehen, werden Sie feststellen, daß er immer in den Wintermonaten im Gefängnis saß.«
»Das hört sich an, als hätte er sein Leben recht gut organisiert gehabt.«
»Stimmt.«
»Was hat er denn für Bilder gemalt? Wissen Sie das?«
»Er hat immer das gleiche Bild gemalt. So, wie die Männer es mir beschrieben haben, muß es die Geburt Christi gewesen sein. Außerdem hat er jedem, der vorüberkam, die Verdammung gepredigt, die alle Sünder erwartet.«
»War er geisteskrank?«
»Es scheint so.«
»Hatte er immer denselben Platz für seine Malerei?«
»Nein. Soviel ich weiß, wurde er ziemlich regelmäßig von der Polizei weitergeschickt.«
»Aber er malte immer nur das eine Bild?«
»Ich glaube, ja.«
»Und war es gut?«
»Die alten Männer sagen, ja. Sie schilderten ihn mir als einen richtigen Künstler.« Unerwartet lachte sie, und in ihren Augen blitzte es übermütig. »Aber sie waren betrunken, als ich mit ihnen sprach. Ich bin deshalb nicht sicher, wie zuverlässig ihr Urteil ist.«
Die Erheiterung erlosch so rasch, wie sie aufgeflammt war, doch Deacon überließ sich neuen Phantasien. Er redete sich ein, sie kenne wahres Begehren nicht, und es sei ein erfahrener Mann nötig, ihre Leidenschaft freizusetzen… »Was konnten Sie sonst noch in Erfahrung bringen?«
»Nichts. Das ist leider schon alles.«
Er beugte sich vor, um den Recorder auszuschalten. »Sie sagten vorhin, Billys Geschichte müsse erzählt werden«, erinnerte er sie, »aber alles, was Sie über ihn wissen, läßt sich in ein oder zwei Sätze fassen. Und wenn ich ehrlich bin, würde ich sagen, daß es nicht einmal gerechtfertigt wäre, ihm diesen Raum zu geben.« Er nahm sich einen Moment Zeit, um die Informationen im Kopf zu überschlagen. »Er war Alkoholiker und ein kleiner Dieb, der bezüglich seines Alters gelogen hat und unter falschem Namen reiste. Er war vor irgend jemandem oder irgend etwas auf der Flucht, wahrscheinlich vor einer Ehefrau und einer unglücklichen Ehe, und er rutschte ab, weil er entweder lebensuntüchtig oder geisteskrank war. Er besaß gewisse künstlerische Fähigkeiten, und er starb in Ihrer Garage, weil Sie nahe beim Fluß wohnen und das Tor zufällig offenstand.« Er sah zu, wie seine Zigarette, die er in der Untertasse hatte liegenlassen, zu Asche zerfiel. »Habe ich etwas ausgelassen?«
»Ja.« Das Zucken an ihrem Mundwinkel wurde unversehens stärker. »Sie haben nicht erklärt, warum er sich zu Tode gehungert und seine Hände zu Klauen verbrannt hat.«
Er machte eine Geste der Entschuldigung. »Das ist typisch für chronische Alkoholiker mit schwerer Depression, Amanda. Sie trinken anstatt zu essen - darum hat der Pathologe körperliche Vernachlässigung als Todesursache mitgenannt -, und sie verstümmeln sich, das ist eine Form der Externalisierung ihrer Qual an einem Leben ohne Hoffnung. Meiner Meinung nach war Ihr Billy klinisch krank, und weil er trank, um sich besser zu fühlen, starb er schließlich in Ihrer Garage.«
Er sah ihrer resignierten Miene an, daß er ihr nichts gesagt hatte, worauf sie nicht schon selbst gekommen war, und seine Neugier wuchs. Wieso diese Fixierung auf Billy Blakes Leben? Sie wurde von etwas weit Tiefergehendem bewegt, dachte er, als schlichtem Mitgefühl oder noblen Ansichten über den Wert eines Menschen für die Gesellschaft.
»Ich habe niemanden auch nur im entferntesten dafür interessieren können, zu versuchen herauszufinden, wer er wirklich war«, murmelte sie, den Kopf zu der Schale mit Rosenblättern hinuntergeneigt, die sie müßig durch ihre Finger gleiten ließ. »Die Polizei war höflich, aber gelangweilt. Ich habe meinem Abgeordneten geschrieben und dem Innenministerium und darum gebeten, daß man versucht, seine Familie ausfindig zu machen. Mir wurde geantwortet, daß man dafür nicht zuständig sei. Die einzigen, die etwas Anteilnahme zeigten, waren die Leute von der Heilsarmee. Sie haben jetzt seine Personenbeschreibung bei ihren Unterlagen und haben versprochen, sich bei mir zu melden, wenn jemand ihn suchen sollte, aber optimistisch sind sie nicht.« Sie sah sehr bekümmert aus. »Ich weiß einfach nicht, was ich noch tun soll. Nach sechs Monaten stehe ich vor einer Wand.«
Er beobachtete sie einige Augenblicke, fasziniert vom
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