Das Echo
kann mich täuschen, aber mir scheint, Sie haben sich selbst bereits gerichtet und verdammt. Wie kommt das, wenn Sie doch an die Erlösung für andere glauben?
BLAKE: Ich suche noch nach der Wahrheit.
IRVINE: Das ist eine sehr düstere Philosophie, Billy. Gibt es denn in Ihrem Leben keinen Raum für Glück?
BLAKE: Ich betrinke mich, sooft ich kann.
IRVINE: Macht Sie das glücklich?
BLAKE: Natürlich, aber ich definiere ja Glück auch als Abwesenheit des Intellekts. Sie haben wahrscheinlich eine andere Definition.
IRVINE: Möchten Sie darüber sprechen, was Sie getan haben, das es Ihnen unmöglich macht, anders als auf dem Weg des Vergessens durch geistige Benebelung mit Ihren Erinnerungen fertig zu werden?
BLAKE: Ich leide in der Gegenwart, Doktor, nicht in der Vergangenheit.
IRVINE: Genießen Sie es zu leiden?
BLAKE: Ja, wenn es Mitleiden hervorruft. Es gibt keinen Weg aus der Hölle außer durch Gottes Erbarmen.
IRVINE: Warum überhaupt in die Hölle gehen? Können Sie sich nicht schon jetzt erlösen?
BLAKE: Meine eigene Erlösung interessiert mich nicht. (Billy weigerte sich, mehr zu dem Thema zu sagen, und wir sprachen einige Minuten über allgemeine Dinge, bis die Sitzung zu Ende war.)
6
Eines Morgens lagen zwei Weihnachtskarten auf Deacons Schreibtisch. Die erste war von seiner Schwester Emma. »Hugh sieht immer wieder Deinen Namen im Street , wir nehmen darum an, daß diese Karte Dich erreichen wird«, schrieb sie. »Wir werden alle nicht jünger, wäre es nicht Zeit für einen Waffenstillstand? Ruf wenigstens mich an, wenn Du schon Ma nicht anrufen willst. Es kann doch nicht so schwer sein, ›tut mir leid‹ zu sagen und einen neuen Anfang zu machen.«
Die andere war von seiner ersten Frau, Julia. »Ich habe neulich zufällig Emma getroffen, und sie erzählte mir, daß Du beim Street bist. Anscheinend ist Deine Mutter das ganze letzte Jahr ziemlich krank gewesen, aber Emma hat ihr versprochen, Dir nichts davon zu sagen, weil Penelope nicht will, daß Du aus Schuldgefühl oder Mitleid zurückkommst. Da ich ein solches Versprechen nicht gegeben habe, halte ich es für richtig, es Dir zu schreiben. Aber wenn Du Dich nicht in den letzten Jahren grundlegend geändert hast, wirst Du diese Karte wahrscheinlich zerreißen und nichts unternehmen. Du warst immer schon noch störrischer als Penelope.«
Wie Julia geahnt hatte, zerriß er ihre Karte; Emmas jedoch stellte er auf seinem Schreibtisch auf.
Obwohl Deacon stundenlang an Paul Garettys Computer saß und versuchte, eine Übereinstimmung zwischen Billy Blakes Bild und dem John Streeters herzustellen, erreichte er gar nichts. Paul erklärte ihm, daß es immer nur Zeitverschwendung bleiben würde, wenn er nicht ein besseres Foto von James Streeter auftreiben könne. »Sie vergleichen Äpfel mit Birnen«, erläuterte er. »Die Aufnahmen von Billy sind von vorn, und das Bild von Streeter ist im Halbprofil. Sie sollten noch mal zu seiner Frau gehen und sehen, was sie noch an alten Fotos hat.«
»Es ist einfach Zeitverschwendung, basta«, sagte Deacon verdrossen. Er kippte seinen Stuhl nach hinten und starrte die beiden Gesichter an. »Es sind zwei verschiedene Personen.«
»Was ich Ihnen bereits seit drei Tagen predige. Warum können Sie es nicht akzeptieren?«
»Weil ich nicht an Zufälle glaube. Wenn Billy James war, ergibt es einen Sinn, sonst überhaupt keinen.« Er zählte die Argumente an seinen Fingern ab. »James hatte Grund, seine Frau aufzusuchen - ein Fremder nicht. Amanda bezahlte aus Schuldgefühl für die Bestattung, aber ihr Schuldgefühl ist nur logisch, wenn sie ihren Mann beerdigt hat - unlogisch, wenn sie einen Fremden beerdigt hat. Sie ist davon besessen, herauszubekommen, wer Billy war, aber warum, wenn er ihr völlig unbekannt war?« Er trommelte mit den Fingern auf seinen Schreibtisch. »Ich glaube, sie sagt die Wahrheit, wenn sie erklärt, sie hätte nicht gewußt, daß er da war. Ich glaube auch, sie sagt die Wahrheit, wenn sie behauptet, sie hätte ihn nicht erkannt. Aber ich bin überzeugt, ihr wurde hinterher sehr schnell klar, daß der Mann, der in ihrer Garage gestorben ist, James war.«
Paul zweifelte: »Warum hat sie’s nicht der Polizei gesagt?«
»Weil sie Angst hatte, man würde glauben, sie hätte ihn absichtlich in der Garage eingesperrt.«
»Aber warum ist sie dann auf Ihr Interesse eingegangen? Warum hat sie die Geschichte nicht einfach einschlafen lassen?«
Deacon zuckte die Achseln. »Da kann ich mir
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