Das Echo
zwei Gründe vorstellen. Der erste ist schlichte Neugier. Sie möchte wissen, was aus James geworden ist, nachdem er aus ihrem Leben verschwunden war. Der zweite ist Freiheit. Solange er nicht amtlich für tot erklärt ist, wird sie immer an ihn gebunden sein.«
»Sie könnte sich morgen wegen böswilligen Verlassens von ihm scheiden lassen.«
»Aber für alle Welt würde das heißen, daß er noch lebt, und folglich würden immer wieder Leute wie ich bei ihr aufkreuzen und Fragen stellen.«
Paul schüttelte den Kopf. »Dieses Argument ist totaler Quatsch, Mike. Wenn Sie gesagt hätten, sie wollte ihn aus finanziellen Gründen endlich für tot erklärt haben, würde mir das einleuchten. Nehmen wir an, er hat vor seinem Tod noch mit ihr gesprochen und ihr gesagt, wie sie an das Geld kommen kann. Als seine Witwe würde sie alles erben. Denken Sie mal daran, mein Freund.«
»Meine Theorie funktioniert nur, wenn sie nicht mit ihm gesprochen hat«, sagte Deacon ruhig. »Wenn sie es getan hat, sieht die Sache ganz anders aus. Im übrigen habe ich den Eindruck, daß sie an das Geld schon vor langer Zeit gekommen ist.«
»Sie können sich Ihre Theorien an den Hut stecken, Sportsfreund. Der Mann da -« er tippte auf die Fotografie von Billy Blake - »ist nicht James Streeter.«
»Wer war er dann, und was, zum Teufel, hatte er in ihrer Garage zu suchen?«
»Setzen Sie Barry darauf an. Der kann Ihnen am ehesten weiterhelfen.«
»Das hab’ ich schon versucht. Er weiß nichts. Er hat nichts über den Mann in seinem Archiv.«
Paul Garetty war überrascht. »Hat er Ihnen das gesagt?« Deacon nickte. »Wieso hält er mich dann wochenlang hin, ohne zuzugeben, daß er kapitulieren muß?«
»Vielleicht hat er sich über sie geärgert«, meinte Deacon, der nicht ahnte, wie ironisch es war, daß die Worte gerade aus seinem Mund kamen.
Am Wochenende vor Weihnachten, als er freie Zeit hatte, rief Deacon Kenneth Streeter an, erwähnte sein Gespräch mit John und fragte, ob er nach Bromley herauskommen und sich mit den Eltern Streeter unterhalten könne. Kenneth war freundlicher und entgegenkommender als sein jüngerer Sohn und lud Deacon für den Sonntagnachmittag ein.
Sie wohnten in einem altersmüden Reihenhaus in einer bescheidenen Straße, und Deacon bemerkte den Kontrast zwischen diesem und Amandas Haus. Woher stammte ihr Geld? Er läutete und lächelte den alten Herrn, der ihm öffnete, freundlich an. »Michael Deacon«, sagte er und streckte ihm die Hand hin.
Kenneth Streeter übersah die Hand, forderte ihn jedoch mit einer Geste auf einzutreten. »Kommen Sie rein«, sagte er barsch, »die Nachbarn brauchen nicht zu hören, was ich Ihnen zu sagen habe.« Er schloß die Tür, doch er hielt Deacon im düsteren Flur fest. »Ich mag es nicht, wenn man versucht, mich reinzulegen, Mr. Deacon. Sie haben mir zu verstehen gegeben, John würde es begrüßen, wenn ich mit Ihnen spreche, aber als ich heute morgen mit ihm telefonierte, habe ich festgestellt, daß das Gegenteil zutrifft. Ich werde nicht zulassen, daß die Presse einen Keil zwischen mich und meinen Sohn treibt, Sie haben die Fahrt also leider umsonst gemacht.« Er griff zum Türknauf. »Einen guten Tag noch.«
»Ihr Sohn hat mich mißverstanden, Mr. Streeter. Als ich zu ihm sagte, James habe an seinem eigenen Untergang mitgewirkt, dachte er, ich spräche von der Unterschlagung; aber ich sprach von James’ Zurückweisung durch seine Frau.« Er trat einen Schritt von der Tür weg, als diese seinen Rücken berührte. »Ich meine, wenn man möchte, daß die eigene Frau im Ernstfall zu einem steht, verspielt man nicht ihr Vertrauen, indem man fremdgeht.«
»Sie ist diejenige, die fremdgegangen ist. Sie hat de Vriess nie aufgegeben«, erklärte Kenneth Streeter verbittert.
»Sind Sie da ganz sicher? Ihre Beweise sind arg dünn.« Er sprach eilig weiter, als der Druck der Tür gegen seinen Rücken etwas nachließ. »Ich habe zu John gesagt, er habe auf die falschen Ziele gefeuert, ich habe nicht gesagt, daß James schuldig ist. Nehmen wir an, er wurde ermordet, wie Sie und John glauben, wie wollen Sie der Wahrheit auf den Grund gehen, wenn Sie hartnäckig bestreiten, daß James eine Affäre mit Marianne Filbert hatte? Wenn die Beweise eindeutig genug waren, um die Polizei zu überzeugen, müßten sie doch auch Sie überzeugen.«
Die Augen des alten Mannes wurden feucht. »Wenn wir in diesem Punkt nachgeben, haben wir nichts mehr in den Händen, außer unserer
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