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Das Echo

Titel: Das Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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erwähnen, daß er an der Ampel auf die Kühlerhaube des Wagens geklettert war und dort ausgeharrt hatte, bis der Fahrer sich mit einem Fahrpreis von fünfzig Pfund einverstanden erklärt hatte. Reine Geldschneiderei, aber immer noch besser, als in der Gosse übernachten zu müssen.
    »Haben Sie was dagegen, wenn wir uns mal in Ihrer Wohnung umsehen, Sir?« fragte Harrison als nächstes.
    Deacon sah ihn neugierig an. »Wozu denn das?«
    »Um uns zu vergewissern, daß Ihre Betten heute nacht benutzt worden sind.«
    »Du solltest einen Durchsuchungsbefehl verlangen«, sagte Terry.
    »Und warum?« fragte Deacon.
    »Weil die Bullen nicht einfach in den Privatsachen von den Leuten rumschnüffeln dürfen, wenn’s ihnen gerade Spaß macht.«
    »Also, ich habe gar nichts dagegen, daß Sie sich mein Zimmer ansehen, aber wenn du ein Problem damit hast -« Mit einem Achselzucken brach er ab.
    »Quatsch, natürlich hab’ ich kein Problem damit«, sagte Terry ärgerlich.
    »Was regst du dich dann auf?« Deacon stand auf. »Bitte folgen Sie mir, meine Herren.«
     
    Die beiden Beamten nahmen dankend eine Tasse Kaffee an und wurden sogar so locker, daß sie noch eine Zigarette mit Deacon und Terry rauchten. »Terry entspricht der Beschreibung eines jungen Mannes, den jemand nach dem Zwischenfall davonlaufen sah«, berichtete Harrison.
    »Die Beschreibung paßt doch auf Millionen andere auch«, sagte Deacon.
    »Woher wollen Sie das wissen, Sir?«
    »Wir haben sie im Radio gehört.«
    »Das dachte ich mir fast. Darf ich fragen, wer Sie informiert hat?«
    »Mein Anwalt, Lawrence Greenhill«, antwortete Deacon. »Er hat die Nachrichten gehört und uns angerufen, um uns zu sagen, daß wir wahrscheinlich von Ihnen Besuch bekommen würden.«
    »Sie haben also gelogen, als Sie sagten, Sie wollten zu Ihrer Mutter fahren?«
    »Nein. Wir fahren los, sobald Sie weg sind, aber ich gebe zu, daß wir um einiges früher geweckt wurden, als uns lieb war. Wenn Sie noch einen Moment bleiben, mein Wecker wird in ungefähr« - er sah auf seine Uhr - »dreißig Minuten läuten.«
    »Wann kommen Sie zurück?«
    »Heute abend.«
    »Und Sie haben nichts dagegen, wenn wir mit Barry Grover und dem Taxifahrer sprechen?«
    »Aber nein«, entgegnete Deacon. »Sie können sogar noch mehr tun. Fragen Sie im Lame Beggar , ob wir wirklich bis halb elf dort waren, und bei Carlo’s in der Farringdon Street, wo sie uns schließlich um eins an die Luft gesetzt haben.«
    »Und die Adresse Ihrer Mutter bitte, Sir.«
     
    »Ich will deine Mutter nicht sehen«, sagte Terry verdrossen, als sie den M 1 anpeilten, nachdem sie Deacons Wagen auf dem Parkplatz der Redaktion abgeholt hatten. »Und die will mich bestimmt genausowenig sehen.«
    »Sie wird mich wahrscheinlich auch nicht sehen wollen«, murmelte Deacon, der sich gerade ausrechnete, daß er ein Vermögen ausgegeben hatte, seit Terry bei ihm eingezogen war. Teenager kosteten tatsächlich noch mehr als Ehefrauen. Allein schon Terrys gesunder Appetit - er hatte sich beim Frühstück den Bauch so voll geschlagen, als fürchtete er, das ganze Jahr keinen Bissen mehr zu bekommen - konnte einen an den Bettelstab bringen.
    »Warum fährst du dann hin?«
    »Weil ich den Einfall ganz gut fand, als er mir kam.«
    »Ja, aber das war doch nur’ne Ausrede für die Bullen.«
    »Es ist gut für die Seele, ab und zu mal was zu tun, was einem widerstrebt.«
    »Das hat Billy auch immer gesagt.«
    »Billy war ein kluger Mensch.«
    »Nein, war er nicht. Er war ein verdammter Idiot. Ich hab’ mal darüber nachgedacht, und weißt du, was ich glaube? Ich glaube, der hat sich gar nicht zu Tode gehungert. Er hat sich von jemand anders aushungern lassen. Und wenn das nicht blöd ist, weiß ich’s wirklich nicht.«
    Deacon sah ihn an. »Wie soll jemand anders ihn ausgehungert haben?«
    »Er hat ihn einfach dauernd unter Alkohol gesetzt, damit er das Essen vergißt. Verstehst du, Essen war ihm nur wichtig, wenn er nüchtern war - wie zum Beispiel, wenn er im Knast war -, sonst hat er einfach vergessen, daß man essen muß, um zu leben.«
    »Willst du sagen, daß ihn jemand vier Wochen lang ununterbrochen mit Alkohol versorgt hat, um zu erreichen, daß er sich zu Tode säuft?«
    »Na ja, das ist doch das einzige, was’n Sinn ergibt. Wie hätte er sonst so lange besoffen bleiben können, daß er verhungert? Selber hätt’ er sich das Zeug nicht kaufen können, weil er gar nicht das Geld dazu hatte, und wenn er nüchtern gewesen wär’,

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