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Das egoistische Gehirn: Warum unser Kopf Diäten sabotiert und gegen den eigenen Körper kämpft (German Edition)

Das egoistische Gehirn: Warum unser Kopf Diäten sabotiert und gegen den eigenen Körper kämpft (German Edition)

Titel: Das egoistische Gehirn: Warum unser Kopf Diäten sabotiert und gegen den eigenen Körper kämpft (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Peters
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Esser beweisen, dass es durchaus möglich ist, das eigene Neutralgewicht immer wieder oder über längere Zeiträume zu unterdrücken. Die damit verbundene allostatische Last fordert allerdings ihren Tribut: Die bei gezügelten Essern nachweislich über Monate oder Jahre erhöhten Kortisolwerte beschleunigen den Verschleiß des Körpers. Das Kortisol greift zum Beispiel das Hautgewebe von Menschen, die stark abnehmen, an und lässt sie älter aussehen. Aber wie wirkt sich bei diesen Menschen, die ständig mit ihrem Körpergewicht kämpfen, die langandauernde allostatische Last auf deren Gefühle und Stimmungen aus?

Macht Abnehmen depressiv?

    Caroline, Sven und ihre Zwillinge Maria und Rebekka führen ein intensives Familienleben. Auch in beruflichen, familiären, finanziellen Krisenzeiten oder in anderen stressigen Phasen verlangen sich die beiden Eltern im Umgang miteinander und mit den Kindern Geduld, Freundlichkeit und Respekt ab. Sven wünscht sich, dass Probleme möglichst sofort angesprochen werden. Caroline hingegen fällt der offene Umgang mit Konflikten schwer. Sie geht Streitigkeiten häufig aus dem Weg, weil sie fürchtet, Auseinandersetzungen könnten die familiäre Harmonie gefährden. Beide achten bei aller Kinderliebe darauf, dass sie sich als Paar nicht aus den Augen verlieren. Caroline spürt aber manchmal, dass die Mehrfachbelastungen Familie, Partnerschaft und ihre eigene Berufstätigkeit (sie arbeitet Teilzeit in einer Anwaltskanzlei) sie erschöpfen. Doch sie findet, dass das tägliche Lebensglück ihrer Familie sie reichlich für die Strapazen entschädigt.
    Seit einigen Wochen aber kommt es in dieser familiären Welt zu empfindlichen Erschütterungen. Epizentrum dieser kleinen, aber spürbaren Beben ist Carolines Wunsch, wieder schlanker zu werden. Sieben Kilo hatte sie in den vergangenen Jahren zugenommen. Jetzt will sie ihr altes Körpergewicht zurück. Sie hat sich einer Diätgruppe angeschlossen, die von einem Ernährungsberater geleitet wird. Sie versucht, dem vorgegebenen Kalorienreduzierungsplan zu folgen, und tatsächlich stellt sich der gewünschte Effekt ein. Caroline hat bereits fünf Kilo abgenommen. Womit sie aber nicht gerechnet hat, sind die Nebenwirkungen. Sie, die immer stolz darauf war, eine besonders gerechte und geduldige Mutter zu sein, fährt ihre Kinder jetzt schon wegen Kleinigkeiten ungeduldig an. Auch ihr Mann ist irritiert. Seit seine Frau abnimmt, liegt ihr gemeinsames Liebesleben brach. Und Caroline ist sich selbst fremd geworden. Sie denkt ständig an Marzipantorte. Das morgendliche Aufstehen fällt ihr schwer. Sie fühlt sich matt, ausgebrannt, traurig.
    Caroline führt ihre Stimmungsschwankungen auf die Strapazen der Diät zurück. Ihrem Körper fehle wohl Energie, meint sie. Doch stoffwechselphysiologisch gesehen ist genug Energie vorhanden. Die Reserven in Carolines Depots im Fettgewebe, Leber und Muskeln würden es ihr ermöglichen, ihr Leben genauso fröhlich, teilnahmsvoll, sinnlich und aktiv wie zuvor zu führen. Was Caroline nicht weiß: Ihr Brain-Pull arbeitet nicht kompetent. Ihr Gehirn hat in den vergangenen Jahren seine Energieversorgung überwiegend auf Body-Pull, also vermehrtes Essen, umgestellt. Denn das Stresssystem hatte zuvor den Punkt seiner Ruhelage verändert. Die sieben Kilo Übergewicht waren Folge dieser Umstellung. Was Caroline als störendes Übergewicht empfindet, ist in Wahrheit ihr neues Neutralgewicht. Allerdings ist ihre Gewichtsentwicklung damit wahrscheinlich noch nicht zu Ende. Denn jede weitere zukünftige Schwächung ihres Brain-Pulls würde ihr Neutralgewicht noch weiter nach oben setzen, was wiederum bedeuten würde, dass sie noch mehr zunimmt.
    Ihre Diät hatte sie sich als eine Art Abnehmpakt mit ihrem Körper vorgestellt, nach dem Motto: »Wir werden schlank und profitieren beide davon …« Doch stattdessen befindet sich Caroline in einer Art innerem Kriegszustand – mit einem Gegner, mit dem sie gar nicht gerechnet hatte: ihrem eigenen Gehirn. Caroline ist ratlos. Einerseits mobilisiert sie in ihrem Gehirn den Willensakt, weniger zu essen, um schlanker zu werden. Ein klarer Weg mit einem klaren Ziel. Andererseits reagiert ihr Gehirn nicht nur empfindlich auf den Nahrungsentzug, es schlägt regelrecht zurück: mit Reizbarkeit, Verstimmungen, Verlust sexuellen Begehrens. Hatte Carolines Ernährungsberater nicht von positiven Emotionen beim Abnehmen gesprochen? Auf Heißhungerattacken war sie vorbereitet. Aber ansonsten

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