Das egoistische Gen
über die Plazenta aufgenommenen Nahrung und dann später in Gestalt von Milch, sondern vor allem an Zeit, die auf die Aufzucht anderer Jungen hätte verwandt werden können. Wenn der Maulesel dann das Erwachsenenalter erreicht, stellt sich heraus, daß er unfruchtbar ist.
Das liegt vermutlich daran, daß Pferde- und Eselchromosomen einander zwar hinreichend ähnlich sind, um beim Bau eines guten, starken Mauleselkörpers zusammenzuarbeiten, daß sie aber nicht ähnlich genug sind, um bei der Meiose richtig zusammenzuwirken. Welches auch immer der genaue Grund sein mag, die erhebliche Investition der Mutter in das Aufziehen eines Maulesels ist vom Standpunkt ihrer Gene aus betrachtet restlos vergeudet. Pferdestuten sollten sehr, sehr sorgfältig darauf bedacht sein, daß das Individuum, mit dem sie kopulieren, ebenfalls ein Pferd ist und nicht ein Esel. Auf der Ebene der Gene heißt das: Jedes Pferdegen, das sagt:
„Körper, wenn du eine Stute bist, so kopuliere mit jedem x-beliebigen guten alten Hengst, gleichgültig, ob Esel oder Pferd“,
könnte sich demnächst in dem ausweglosen Körper eines Maulesels wiederfinden, und die Investition der Mutter in den jungen Maulesel würde ihre Fähigkeit, fruchtbare Pferde großzuziehen, erheblich schmälern. Ein Hengst dagegen hat weniger zu verlieren, wenn er sich mit einer Angehörigen der falschen Art paart, und obwohl er vielleicht auch nichts zu gewinnen hat, dürfen wir dennoch erwarten, daß Hengste in der Wahl ihrer Geschlechtspartner weniger heikel sind. Wo immer diese Frage untersucht wurde, hat sich gezeigt, daß dies tatsächlich so ist.
Selbst innerhalb einer Art mag es Gründe dafür geben, bei der Partnerwahl eigen zu sein. Inzest zum Beispiel hat, wie die Hybridisation, wahrscheinlich schädliche genetische Folgen, und zwar, weil letale und semiletale Gene zum Tragen kommen. Wieder einmal haben die Weibchen mehr zu verlieren als die Männchen, weil ihre Investition in jedes einzelne Kind gewöhnlich größer ist. Wo Inzesttabus bestehen, sollten wir erwarten, daß die Weibchen strenger darauf beharren als die Männchen. Wenn wir annehmen, daß bei einem Inzestverhältnis mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit der ältere Partner der aktive Initiator ist, dann sollten wir erwarten, daß inzestuöse Vereinigungen, bei denen der männliche Partner älter ist als der weibliche, häufiger sind als solche, bei denen der weibliche Partner älter ist. Beispielsweise dürfte Vater-Tochter-Inzest weiter verbreitet sein als Mutter-Sohn-Inzest.
Bruder-Schwester-Inzest dürfte in der Häufigkeit dazwischenliegen.
Im großen und ganzen neigen Männchen mehr zu Promiskuität als Weibchen. Da ein Weibchen eine begrenzte Zahl von Eizellen in relativ großen Abständen produziert, kann es durch zahlreiche Kopulationen mit verschiedenen Männchen nicht viel gewinnen. Ein Männchen andererseits, das jeden Tag Millionen von Spermien erzeugen kann, hat durch möglichst viele wahllose Paarungen alles zu gewinnen. Übermäßig viele Kopulationen mögen ein Weibchen nicht eigentlich viel kosten, außer ein wenig verlorener Zeit und Kraft, aber sie bringen ihm auch keinen ausdrücklichen Vorteil. Für ein Männchen andererseits kann die Zahl der Kopulationen mit so vielen verschiedenen Weibchen wie nur möglich niemals zu groß sein: Das Wort übermäßig hat in diesem Zusammenhang für ein Männchen keine Bedeutung.
Ich habe nicht ausdrücklich über den Menschen gesprochen, doch wenn wir es mit evolutionären Argumenten wie denen in diesem Kapitel zu tun haben, so können wir kaum umhin, auch über unsere eigene Art und unsere eigenen Erfahrungen nachzusinnen. Der Gedanke, daß ein Weibchen die Kopulation verweigert, bis ein Männchen einige Anzeichen langfristiger Treue erkennen läßt, läßt vielleicht vertraute Saiten in uns anklingen. Demzufolge dürften wir vermuten, daß bei den Menschen die Frauen eher die Strategie der trauten Häuslichkeit verfolgen als die des Supermannes. Viele menschliche Gesellschaften sind in der Tat monogam. In unserer eigenen Gesellschaft ist der Elternaufwand beider Eltern groß und nicht offenkundig unausgeglichen. Zweifellos leisten die Mütter mehr unmittelbare Arbeit für die Kinder als die Väter, aber die Väter arbeiten häufig schwer, um die materiellen Mittel zu beschaffen, die die Kinder verbrauchen. Auf der anderen Seite gibt es einige menschliche Gesellschaften, in denen Promiskuität herrscht, und viele, die auf der Institution des
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