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Das egoistische Gen

Titel: Das egoistische Gen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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Anzahl von Fehlern für die fortschreitende Evolution des Lebens notwendig ist. Wir wissen nicht, wie exakt die ursprünglichen Replikatormoleküle ihre Kopien machten. Ihre modernen Abkömmlinge, die DNA-Moleküle, sind im Vergleich zu den genauesten Kopierverfahren des Menschen erstaunlich wiedergabegetreu, aber sogar ihnen unterlaufen gelegentlich Fehler, und letzten Endes sind es diese Fehler, die eine Evolution möglich machen. Wahrscheinlich waren die ursprünglichen Replikatoren bei weitem unzuverlässiger; jedenfalls können wir sicher sein, daß Fehler vorkamen, und diese Fehler waren kumulativ.
    In dem Maße, wie falsche Kopien hergestellt und verbreitet wurden, füllte sich die Ursuppe mit einer Population, die nicht aus identischen Kopien, sondern aus mehreren Varianten sich replizierender Moleküle bestand, die alle von dem gleichen „Vorfahren“ abstammten. Ob wohl einige Varianten häufiger waren als andere? Fast mit Sicherheit ja. Bestimmte Moleküle dürften von Natur aus besonders stabil gewesen sein. Nachdem sie einmal gebildet waren, brachen sie mit geringerer Wahrscheinlichkeit wieder auseinander als andere. Falls es solche Typen gab, mußten sie in der Ursuppe relativ zahlreicher werden, nicht nur als eine unmittelbare logische Folge ihrer „Langlebigkeit“, sondern auch deshalb, weil sie viel Zeit zur Verfügung hatten, um Kopien von sich herzustellen.
    Die Zahl der langlebigen Replikatoren dürfte daher zugenommen haben, und falls die übrigen Umstände unverändert blieben, mußte es in der Molekülpopulation einen „evolutionären Trend“ zu größerer Langlebigkeit geben.
    Doch die übrigen Umstände blieben wahrscheinlich nicht gleich, und eine weitere Eigenschaft, die eine erfolgreiche Replikatorvariante gehabt haben dürfte und die sogar von noch größerer Bedeutung für ihre Verbreitung in der Population gewesen sein muß als die Langlebigkeit, ist die Reproduktionsgeschwindigkeit oder „Fruchtbarkeit“. Wenn die Replikatormoleküle des Typs A sich durchschnittlich einmal pro Woche reproduzieren, diejenigen des Typs B dagegen einmal pro Stunde, so läßt sich unschwer erkennen, daß die Moleküle des Typs A ziemlich bald zahlenmäßig unterlegen sein werden, selbst wenn sie viel länger „leben“ als B-Moleküle.
    Daher dürfte es in der Ursuppe einen „evolutionären Trend“ zu höherer „Fruchtbarkeit“ der Moleküle gegeben haben. Ein drittes Charakteristikum von Replikatormolekülen, das positiv selektiert worden wäre, ist die Kopiergenauigkeit. Wenn Moleküle vom Typ X und vom Typ Y die gleiche Lebensdauer haben und die gleiche Reproduktionsrate aufweisen, X jedoch bei einer von zehn Kopien einen Fehler macht, während Y nur bei jeder hundertsten Kopie ein Fehler unterläuft, so wird Y offensichtlich zahlreicher werden. Das X-Kontingent in der Population verliert nicht nur die abweichenden „Kinder“ selbst, sondern auch alle ihre – tatsächlichen oder potentiellen – Nachkommen.
    Wenn der Leser bereits etwas über Evolution weiß, wird er den letzten Punkt vielleicht ein wenig paradox finden. Können wir den Gedanken, daß Kopierfehler eine wesentliche Voraussetzung für das Stattfinden von Evolution sind, mit der Behauptung in Einklang bringen, daß die natürliche Auslese eine höhere Wiedergabetreue begünstigt? Die Antwort ist, daß Evolution zwar in irgendeinem vagen Sinne „etwas Gutes“ zu sein scheint – vor allem da sie uns Menschen hervorgebracht hat –, daß aber tatsächlich keinerlei „Wunsch“ nach Evolution besteht. Evolution ist etwas, das wohl oder übel geschieht, ungeachtet aller Anstrengungen der Replikatoren (und heutzutage der Gene), sie zu verhindern. Jacques Monod machte dies in seiner Herbert-Spencer-Vorlesung recht deutlich, nachdem er boshaft bemerkt hatte: „Ein weiterer seltsamer Aspekt der Evolutionstheorie ist der, daß jedermann denkt, er verstehe sie!“
    Kehren wir zur Ursuppe zurück: Sie muß zunehmend von stabilen Molekülvarianten bevölkert worden sein; stabil insoweit, als die einzelnen Moleküle entweder langlebig waren oder sich schnell oder genau replizierten. Es bestand eine Art evolutionärer Trend zu diesen drei Arten von Stabilität: Hätte man zu zwei verschiedenen Zeiten Stichproben aus der Suppe entnommen, so hätte die spätere Stichprobe einen höheren Prozentsatz von Varianten mit höherer Langlebigkeit/Fruchtbarkeit/Wiedergabegenauigkeit enthalten. Dies entspricht im wesentlichen dem, was ein Biologe

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