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Das egoistische Gen

Titel: Das egoistische Gen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dawkins
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Umwelt besteht.
    Während es eine relativ feststehende „beste“ Länge für ein Kaninchenbein geben könnte, gibt es kein unveränderlich „bestes“ Kaninchen, soweit es die Resistenz gegen Krankheiten betrifft. Mit dem Wechsel der jeweils gefährlichsten Krankheit wechselt auch das „beste“ Kaninchen. Sind Parasiten die einzige selektive Kraft, die auf diese Weise funktioniert?
    Wie beeinflussen beispielsweise Räuber ihre Beute und umgekehrt? Hamilton stimmt mit uns darin überein, daß sie im wesentlichen wie Parasiten aufeinander wirken. Doch ihre Evolution verläuft nicht so schnell wie die vieler Parasiten.
    Und Parasiten bringen mit größerer Wahrscheinlichkeit als Räuber oder Beute detaillierte Gen-für-Gen-Gegenanpassungen hervor.
    Hamilton macht die zyklischen Herausforderungen durch die Parasiten zur Grundlage einer alles in allem viel grandioseren Theorie, seiner Theorie darüber, warum es überhaupt Sex gibt. Doch an dieser Stelle geht es uns um seine Lösung des Paradoxons der verschwindenden Variabilität bei geschlechtlicher Auslese: Er sucht die Ursache bei den Parasiten. Er glaubt, daß erbliche Krankheitsresistenz das wichtigste Kriterium ist, anhand dessen die Weibchen Männchen auswählen. Krankheiten sind ein so schwerwiegendes Übel, daß die Weibchen von jeder eventuellen Fähigkeit, eine Krankheit bei potentiellen Partnern zu erkennen, einen großen Gewinn haben. Ein Weibchen, das sich wie ein guter Diagnostiker verhält und das gesündeste Männchen als Partner auswählt, wird gewöhnlich gesunde Gene für seine Kinder gewinnen. Da nun die Definition des „besten Kaninchens“ sich ständig verändert, wird es immer etwas Wichtiges geben, zwischen dem die Weibchen zu wählen haben, wenn sie die Männchen durchmustern. Es wird immer „gute“ und „schlechte“ Männchen geben. Sie werden nicht alle nach Generationen der Auslese zu „guten Männchen“ geworden sein, denn inzwischen werden die Parasiten und damit auch die Definition eines „guten“ Kaninchens sich verändert haben. Gene für die Resistenz gegen einen Stamm des Myxomatosevirus werden gegen den nächsten Stamm, der durch Mutation die Szene betritt, nicht viel nützen.
    Und dieser Zyklus der Krankheitsevolution schreitet unbegrenzt fort. Der Druck durch die Parasiten läßt niemals nach, und so können auch die Weibchen in ihrer unbarmherzigen Suche nach gesunden Männchen nicht nachgeben.
    Wie werden die Männchen darauf reagieren, von Weibchen, die wie Ärzte handeln, untersucht zu werden? Kommt es zur Begünstigung von Genen für das Vorspiegeln von guter Gesundheit? Zu Beginn vielleicht, aber dann wird die Auslese auf die Weibchen einwirken und ihre diagnostischen Fertigkeiten verschärfen, so daß sie die Vortäuscher von den wirklich Gesunden unterscheiden können. Am Ende, so glaubt Hamilton, werden die Weibchen derart gute Ärzte sein, daß die Männchen gezwungen sein werden, wenn sie sich überhaupt anpreisen, dies ehrlich zu tun. Wenn irgendeine sexuelle Reklame bei Männchen übertrieben wird, so wird dies daran liegen, daß sie ein echtes Anzeichen für Gesundheit ist. Die Evolution bei den Männchen wird dahin gehen, es für die Weibchen leicht erkennbar zu machen, daß sie gesund sind – wenn dies der Fall ist. Wirklich gesunde Männchen werden nur zu gern auf diese Tatsache aufmerksam machen. Kranke Männchen natürlich nicht, aber was können sie tun? Wenn sie nicht wenigstens versuchen, ein Gesundheitszeugnis vorzuweisen, werden die Weibchen die schlimmsten Schlußfolgerungen ziehen. Nebenbei gesagt wäre all dieses Gerede von Ärzten irreführend, wenn es den Gedanken nahelegen würde, daß die Weibchen daran interessiert sind, die Männchen zu heilen. Ihr einziges Interesse ist die Diagnose, und es ist kein altruistisches Interesse. Und ich nehme an, es ist nicht mehr erforderlich, mich für im übertragenen Sinne gebrauchte Ausdrücke wie „Ehrlichkeit“ und „Schlußfolgerungen ziehen“ zu entschuldigen.
    Um zur Reklame zurückzukehren: Es ist, als ob die Männchen von den Weibchen gezwungen werden, Fieberthermometer zu entwickeln, die ständig aus ihrem Mund herausschauen und für die Weibchen gut leserlich sind. Worin könnten diese „Thermometer“ bestehen? Nun, denken wir zum Beispiel an den spektakulär langen Schwanz eines männlichen Paradiesvogels. Wir haben bereits Fishers elegante Erklärung für diesen auffälligen Schmuck kennengelernt. Hamiltons Erklärung ist im Ganzen

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