Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Ei und ich

Das Ei und ich

Titel: Das Ei und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty McDonald
Vom Netzwerk:
ihrem Erfolg nicht zufrieden, sondern schnellte in eine schmissige Kniebeuge, reckte sich wieder, wandte sich zu mir und zwinkerte mir zu. Nun kann ich aber nicht zwinkern, und da mir kein Zwinkerersatz einfiel, blieb ich einfach ruhig sitzen. Cousine June, eine untersetzte Frau in mittleren Jahren, sagte zu Mrs. Hicks: »Wirklich, wie ein Kind ist sie«, woraufhin Mrs. Hicks in leicht gereiztem Ton äußerte: »Setz dich doch um Himmels willen mal hin, Ma, du machst mich ganz nervös.« Ma bequemte sich endlich, auf der Kante der Terrassenmauer Platz zu nehmen, aber ihre Augen schossen unruhig umher, ihr Kopf bewegte sich ohne Unterlaß, ihre Füße tappten auf dem Boden, und es war ihr anzumerken, daß sie jeden Muskel spannte, um bei der nächsten Gelegenheit wieder hochspringen zu können.
    Cousine June hielt den Augenblick für gekommen, die Schiffchenarbeit in den Schoß zu legen, ihre Oberlippe hochzuziehen, daß man ihr rotes Zahnfleisch mit den wenigen weißen Zahnstümpfen sah, und eine längere Geschichte von einem angeblich schrecklich komischen Vorfall vom Stapel zu lassen, der sich in der Meierei ereignet haben sollte. Aber sie lachte so viel während des Erzählens, daß mir die Pointe entging, wenn es überhaupt eine Pointe gab, wovon ich gar nicht so fest überzeugt bin, weil es sich anhörte wie »und dann … ha-ha-ha … ho-ho-ho … he-he-he … oooooooo! Na, und dann … sagte der Bursche … ho-ho-ho-ho, he-he-he-he, ha-ha-ha-ha, ho-ho-ho-ho.« Ma und Birdie wischten sich die Lachtränen aus den Augen und forderten Cousine June auf, weiterzuerzählen, so daß ich mir furchtbar blöde vorkam, als hätten sie plötzlich angefangen, portugiesisch zu reden. In meiner Verlegenheit nestelte ich an meinem Paket, was dann neue Peinlichkeit schuf, weil sie mitten im Gelächter verstummten und erwarteten, ich würde ein Geschenk für Birdie auspacken. Entschuldigungen murmelnd, setzte ich mich an die Maschine und begann meine Vorhänge zu säumen, und sie schienen sich von ihrer Enttäuschung sehr schnell zu erholen, denn über das Surren der Maschine drangen bald darauf erneut ihre »he-he-he, ha-ha-ha, ho-ho-ho« … »Los, Junie, erzähl, was hat er gesagt, ha-ha-ha?« »… na, hat er gesagt, ha-ha-ha … ho-ho-ho-ho …«, und Mas Sprünge beim Fliegenfangen sowie ihre sonstigen Beweise unverwüstlicher Jugendfrische an mein Ohr.
    Als ich mit meinen Vorhängen fertig war, servierte Mrs. Hicks Kaffee und wundervolle frische Krapfen und erklärte Ma und June aus angeborener Güte und um meine bisherige Tolpatschigkeit zu entschuldigen: »Sie liest!« Ma, die gerade neckisch auf den Herd zuhüpfte, um die Kaffeekanne zu holen, blieb so plötzlich stehen, daß sie fast kopfüber in den Backofen gepurzelt wäre. »Ach, Sie sind das?« krächzte sie mir frohgemut entgegen. »Birdie hat mir eine Menge von Ihnen erzählt, ich weiß alles von Ihnen und hebe schon lange die alten Zeitungen für Sie auf.« Mir lag es auf der Zunge zu sagen: »Tut mir leid, aber so gut kann ich noch nicht lesen«, doch da kam Mr. Hicks gerade, und Ma ließ sich die Gelegenheit für einen jugendlichen Sprung nicht entgehen und hüpfte an ihrem Schwiegersohn hoch, als wollte sie auf seinen Schultern reiten. Mr. Hicks schien ihr Gehaben zu gefallen, denn sein rosiges Gesicht verzog sich zu einem breiten Grinsen, und er sagte: »Jung siehst du aus, Ma, jünger als Birdie. Könntest ihre Tochter sein.« Ich warf Birdie einen verstohlenen Blick zu, sie erwiderte ihn, und wir dachten beide, wie jung Ma auch aussehen mochte, für unser beider Geschmack hatte sie entschieden zu lange gelebt.
    Ich hatte früh heimkehren wollen und daher keine Taschenlampe mitgenommen, aber der Mond schien, und sein bläuliches Licht genügte, um mich erkennen zu lassen, wo ich wieder hochkriechen mußte, wenn ich, ins Bockshorn gejagt von einem Schatten, einen Anlauf nahm und dann prompt in einem Graben landete. Auf der Höhe des zweiten Hügels tappte unweit von mir ein großer Bär über die Straße, aber nach dem Anblick Mas und Cousine Junes fand ich seinen Anblick so herzerfrischend, daß ich vergaß zu erschrecken.
    Am nächsten Morgen schlurfte Mrs. Kettle – aus unerforschlichen Gründen trotz des schönen Wetters in eine alte Wollmütze und ihren schlampigen Regenmantel gehüllt – in meine Küche, um sich ein bißchen Zucker zu borgen. Ich fragte sie, ob sie Ma kenne. »Allmächtiger Gott – die! Und ob ich die kenne! Hopst rum, als ob

Weitere Kostenlose Bücher