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Das Ei und ich

Das Ei und ich

Titel: Das Ei und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty McDonald
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sie’s am ganzen Körper juckt, und krächzt immerzu ›Seh ich nicht jünger aus, was? Wie Birdies Schwester, wie?‹« Mrs. Kettles wogender Busen und wabbliger Bauch gerieten in zitternde Bewegung, als sie Mas jugendliches Gekreisch nachzuahmen versuchte. »Red immer, wie zart sie is. ›Bin zu zart, um mehr als ein Kind zu haben, acht Fehlgeburten hatt ich‹, so kräht sie immer. Bei ihrer Hopserei wundert’s mich, daß sie überhaupt einen Balg hat austragen können. Benimmt sich wie’n gottverdammter Floh und sieht aus wie ’ne gottverdammte Idiotin.« Zum Dank stopfte ich noch ein Päckchen Rosinen zu der Tüte mit dem Zucker.
    Als es dem zweiten Frühjahr zuging und Zeit wurde, Kartoffeln, Mangold, Rüben und Kohl anzupflanzen, überlegten Bob und ich, daß es zuviel würde, wenn ich neben meinen sonstigen Pflichten auch noch ihm zur Hand gehen mußte, und daß es besser war, einen Mann zur Hilfe einzustellen, der die Arbeit wenigstens gleich richtig machte. Wir fragten die Hicks, ob sie uns vielleicht jemanden empfehlen könnten, aber sie machten zugeknöpfte Gesichter, und Mrs. Hicks deutete an, daß Bob nicht nötig haben würde, einen Fremden einzustellen, wenn ich tüchtiger wäre, womit sie absolut recht hatte. Mr. Hicks habe in den zwanzig Jahren, die er nun auf dieser Farm lebte, nie fremde Hilfe in Anspruch nehmen müssen, wurde uns unter die Nase gerieben, und darum konnte weder Mr. Hicks noch Mrs. Hicks uns jemanden nennen, der zu diesem Zweck in Frage kam. Also versuchten wir unser Glück bei den Kettles. Sie stellten oft Knechte zur Aushilfe an. Manchmal nahmen sie den Erlös vom Rahm, um einen Mann zum Eiersammeln und Futterholen zu bezahlen; das machte natürlich den Verkauf der Eier notwendig, weil sonst kein Geld fürs Kuhfutter dagewesen wäre und die Kühe fressen mußten, sollten sie Milch geben, damit der Rahm von der Milch verkauft und mit dem Erlös der Mann bezahlt werden konnte, der die Eier sammelte. Bei dieser Rechnung schaute kein Überschuß mehr heraus, mit dem sich Hühnerfutter erwerben ließ, also borgten die Kettles sich Hühnerfutter bei uns, und wagten sie nach einer Weile nicht mehr, uns weiter anzubetteln, schickten sie den Arbeiter weg und blieben ihm den Lohn für die letzten zwei Wochen schuldig. Die Hühner tummelten sich wieder auf der Terrasse und ließen Eier und Andenken fallen, wo es ihnen paßte. Die Kühe wurden mit Eierbrei gefüttert, und die Schweine fraßen die Abfälle. Die Kettles empfahlen uns Peter Moses, einen rotbäckigen alten Mann, der als Hilfsarbeiter sein Brot verdiente und sich pries, der größte Patriot der Vereinigten Staaten zu sein. »Sehen Sie sich die gottverdammten Berge an! Sehen Sie sich die gottverdammten Vögel an! Sehen Sie sich das gottverdammte Wasser an! Jedes gottverdammte Ding in diesem verfluchten Land ist großartig«, behauptete er mit Tränen in den Augen.
    Kurz bevor er zu uns auf die Farm kam, war Peter Moses beim Straßenbau angestellt gewesen. Man sprengte ein paar Felsblöcke zur Verbreiterung einer Kurve, und Peters Aufgabe war es, mit einer roten Fahne an der Biegung Wache zu halten und den Autos freie oder gesperrte Durchfahrt zu signalisieren, je nachdem, ob gerade gesprengt wurde oder nicht. Der Postwagen näherte sich, Peter fuchtelte mit seiner Fahne und brüllte aus Leibeskräften: »Los, verdammt noch mal, durchfahren!« Der Fahrer des Postwagens gab Gas und sauste ausgerechnet in dem Augenblick in die Kurve, als die Explosion erfolgte und zwei Felsblöcke von der Wand herunterdonnerten. Abgesplitterte Steine hieben Löcher in die Windschutzscheibe, und eine Ladung Baumrinde klatschte aufs Wagendach. Der Fahrer kniff die Lippen zusammen, hielt an, stieg aus und stellte Peter zur Rede. »He, Peter, hast du mir’s Zeichen zur Durchfahrt gegeben oder nicht?«
    »Klar hab ich dir’s Zeichen zur Durchfahrt gegeben«, bestätigte Peter.
    »Du verdammter Idiot!« fluchte der Fahrer. »Direkt vor meiner Nase polterte ja der Felsen runter. Meine Windschutzscheibe ist zum Teufel. Warum hast du mich nich warten lassen?«
    »Kommt nich in Frage«, erklärte Peter. »Die Post der Vereinigten Staaten darf man nich warten lassen, die Post hat Vorfahrtsrecht.«
    Mrs. Kettle hatte uns auch Peters Heldenstreiche während des Ersten Weltkrieges geschildert, wo er sich berufen fühlte, Drückeberger ihrer Pflicht fürs Vaterland zuzuführen. »Da war ’ne deutsche Familie weiter oben in den Bergen, und die lebten da auf

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