Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Ei und ich

Das Ei und ich

Titel: Das Ei und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Betty McDonald
Vom Netzwerk:
fand trotzdem noch Zeit, mit den zum Verkauf bestimmten Eiern in die Stadt zu fahren und die Informationen ihrer verschiedenen Spione einzusammeln.
    Hatte ich einen besonders anstrengenden Tag hinter mir und machte mir bei Herd zu schaffen, der mir boshafterweise die Ofenklappe gegen die Schienbeine stieß, dann entrang sich meiner Brust manchmal ein Seufzer, und ich mußte an Mrs. Hicks denken, die nun sicherlich in ihrer blitzblanken Küche in einem blitzblanken Hauskleid und einer blitzblanken Schürze am Herd stand und sich überlegte, ob sie nicht, da ja doch das Geschirr schon abgewaschen war, schnell noch einen Obstkuchen für das Damenkränzchen backen sollte. Die Vorstellung von Mrs. Hicks’ unermüdlicher Geschäftigkeit ließ den Gedanken in mir aufkommen, das Rauchen aufzugeben und statt dessen meine Leber mit Pillen anzuregen.
    Einmal wurde Mr. Hicks im Holzfällerlager verletzt und mußte ins Spital eingeliefert werden. Mrs. Hicks wollte ihren Mann nicht allein lassen und bat uns, sie für ein paar Tage auf der Farm zu vertreten. Allein hätte ich niemals alles schaffen können, was Mrs. Hicks spielend erledigte, aber mit Bobs Hilfe ging es soweit ganz gut. Das Abrahmen der Milch gehörte zu meinen Pflichten, und da muß ich wohl etwas falsch gemacht haben, denn anstatt den dünnen, weißen Rahm zu erhalten, wie ihn uns Mrs. Hicks Frühling und Sommer hindurch verkauft hatte, floß die Sahne dick und dunkelgelb in die Flasche. Ich hütete mich aber, Bob etwas zu verraten, denn er in seiner Ehrlichkeit hätte keine Ruhe gegeben, bis der Fehler entdeckt gewesen wäre, und daran lag mir nichts. Mir fiel nur auf, daß er während dieser paar Tage zu allem außer dem Fleisch Sahne nahm. Täglich schlich ich mich auf Zehenspitzen in die gute Stube der Hicks und staubte die eichenen Prunkmöbel ab. Ich mußte mich bezwingen, nicht in den Schubladen und in der Speisekammer herumzustöbern, eine Gewohnheit, die noch aus meiner Jugend stammt, wo ich die fürstliche Bezahlung von fünfundzwanzig Cent pro Nachmittag fürs Kinderhüten dadurch aufbesserte, daß ich alles aufaß, was nicht niet- und nagelfest war im Hause meiner »Arbeitgeber«.
    Die Arbeit in Mrs. Hicks’ Musterhaushalt löste den Ehrgeiz in mir aus, auch in meinen eigenen vier Wänden alles blitzblank zu haben, und mein Eifer ging so weit, daß ich mit Stricknadeln bewaffnet den Schmutz aus den Ecken kratzte und meine Küchenuhr ablaugte. Ich wartete auf die Rückkehr meiner gestrengen Nachbarin mit der Ungeduld eines Kindes, das weiß, ein Lob harrt seiner. Mrs. Hicks und Mr. Hicks bedankten sich überschwenglich bei Bob und mir und betonten mehrmals, wir hätten ihnen wirklich aus einer großen Verlegenheit geholfen, doch als Bob und ich am Tage nach ihrer Rückkehr auf dem Weg zur Stadt bei ihnen haltmachten, um zu fragen, ob wir etwas aus der Stadt mitbringen könnten, sahen wir Mrs. Hicks mit heißem Wasser und einem stark riechenden Desinfektionsmittel Bruthaus, Schweinekoben, Entengehege und Kuhställe bearbeiten, wo Bob und ich doch unserer Meinung nach alles so wunderbar saubergehalten hatten. Ich gab mich geschlagen.
    Bob wurde der tüchtigste Hühnerzüchter der ganzen Gemeinde. Er hielt mit den Neuerungen Schritt, hatte praktische Erfahrung und ließ sich nicht von abergläubischen Altweiber-Geschichten und Rücksicht auf die Tradition hemmen. Eierhandel und Hühnerzucht waren zwei verschiedene Dinge, und Bob fand, es habe keinen Sinn, massenweise Eier zu verkaufen und gleichzeitig Küken züchten zu wollen. Eins oder das andere. Hielt man einen Stock von neunzig bis sechsundneunzig Legehennen im Hühnerstall und begnügte sich damit, sie alljährlich so lange wie möglich legen zu lassen, so konnte man ein gutes Geschäft aufbauen. Wollte man aber die gleichen Hennen noch als Glucken verwenden, so überstieg das ihre Kräfte, sie wurden schwach, anfällig und krank, und weder der Eierhandel noch das Zuchtgeschäft blühte. Bob wußte, was er wollte, und packte die Sache richtig an, denn unsere Hennen erfreuten sich bester Gesundheit, und wir verdienten sehr anständig mit ihrer Hilfe. Bobs Meinung nach lag das Geheimnis der Rentabilität einer Hühnerfarm darin, daß man den Betrieb nur soweit ausbaute, wie man ihn allein besorgen konnte. 1500 Hühner waren die Grenze. Mit 1500 Hühnern wurde ein Mann allein fertig (vorausgesetzt natürlich, daß seine Frau ein Arbeitspferd war), und von ihrem Ertrag ließ sich’s gut leben. Das

Weitere Kostenlose Bücher