Das Einhornmädchen Vom Anderen Stern
wollte sie keinen Umweg machen. Vielleicht wollte sie den Brückenwachen nicht ihre Absichten erklären.
Das könnte interessant werden. Nehmen wir uns einen Schweber nach draußen und folgen wir ihr.«
Die von der ersten fahrbaren Bude feilgebotenen gebratenen Fleischkuchen sagten Acorna nicht zu. Aber der zweite Wagen präsentierte eine verlockende Auslage von Früchten und Gemüsen… eher aus der Entfernung verlockend, stellte sie mit Bedauern fest, als bei näherer Betrachtung. Die Äpfel waren weich und verschrumpelt, die Madi-Früchte mit bräunlichen Flecken übersät.
»Haben Sie nicht irgendwas Frisches?« wollte sie vom Besitzer wissen.
»Alles frisch, gnädige Herrin, erst heute morgen auf dem Hof meines Vetters gepflückt.«
»Pah!« grunzte der Fleischkuchenverkäufer, gerade noch hörbar, »wohl eher gerade von der Ladefläche des Schwebers deines Vetters runtergefallen.«
Acorna wollte sich nicht in das Gezänk der Männer hineinziehen lassen. Sie zeigte willkürlich auf einen Haufen Rutawurzeln. Sie sahen zwar etwas mürbe aus, aber Ruta alterte gut, und sie wären etwas, woran sie unterwegs knabbern konnte, wenn sie durch den Park zurückging. Sie probierte eine, während der Budenbesitzer die anderen für sie in einen Fetzen Plastfolie einwickelte; wenigstens das Innere war immer noch süß und knackig.
»Das macht fünf Credits«, forderte der Budenbesitzer und hielt ihr das Paket hin.
Aus der Art, wie die Augenbrauen seines Nachbarn hochschossen, las Acorna ab, daß er ihr mindestens das Doppelte des für ein Bündel leicht überreifer Rutas gängigen Preises abverlangte. Aber das war nicht wichtig. Wichtig war vielmehr, daß dieses verdammte Kleid keine Taschen hatte, und sie hatte nicht an Geld gedacht, als sie das Haus an diesem Morgen verlassen hatte.
»Schreiben Sie es auf dem Konto meines Oheims Delszaki Li an«, erklärte sie.
Das Gesicht des Budenbesitzers wurde böse. »Hör mal, Techie, wir führen hier keine laufenden Kundenkonten auf dieser Seite des Flusses. Credits bar auf die Hand ist meine Devise.«
»Dann behalten Sie die Rutas«, erwiderte Acorna, »sie waren ohnehin nicht so frisch.«
»Du wirst mir die eine Wurzel bezahlen, die du gegessen hast! Ich bin heute morgen schon einmal beklaut worden, von einem dieser diebischen Straßenbälger, ich werde nicht dulden, daß irgendein Techie hier auftaucht und sich unter dem Vorwand, die Ware zu prüfen, auf Kosten meines Verkaufsstands eine freie Mahlzeit verschafft!«
»He, Punja, wir haben den kleinen Dieb für dich erwischt!«
rief einer der Straßenbengel, deren Spiel Acorna aufgefallen war, kurz bevor sie die Marktbude in Augenschein genommen hatte.
Jetzt sank ihr das Herz in die Hose, als sie bemerkte, daß die Beute in ihrem »Spiel« nicht ein jüngeres Mitglied der Bande, sondern ein viel kleineres Kind war, ein mit blauen Flecken übersätes und aus einer aufgeplatzten Lippe blutendes Mädchen, das sich wild wehrte, als die größeren Jungen es gewaltsam zu der Marktbude zerrten.
»Und was für eine große Hilfe das ist«, knurrte Punja. »Man kann ihm schon mit bloßem Auge ansehen, daß es nicht einen einzigen beschnittenen Credit hat, um mich zu bezahlen.«
»Was hat das Kind genommen?« unterbrach Acorna ihn.
»Drei meiner besten Madi-Früchte. Hat sie noch im Wegrennen verschlungen, wahrhaftig. Ich vermute, du willst, daß ich auch das auf das Konto deines Oheims anschreibe, nicht wahr?« fragte der Mann Acorna mit vor Sarkasmus triefender Stimme.
»Du könntest uns eine Belohnung geben dafür, daß wir es gefangen haben«, brummte einer der Jungen, die das Kind festhielten.
»Was habe ich davon, daß ihr das Gör gefangen habt? Ihr könnt ihm eine ordentliche Tracht Prügel verpassen, wenn ihr wollt, ihm beibringen, nicht von ehrbaren Kaufleuten zu stehlen«, schlug Punja vor. »Das sollte Belohnung genug für euch sein. Macht euch einen Spaß, bevor ihr es laufenlaßt.«
Das von dichten Augenbrauen geprägte Gesicht des Jungen erhellte sich mit einem Ausdruck widerlicher Schadenfreude, und er schmetterte dem kleinen Mädchen eine Faust in den Magen, noch bevor Punja ausgeredet hatte.
»Das ist nur der Auftakt«, versprach er dem nach Atem ringenden, totenbleichen Kind. »Jetzt kannst du mit mir und meinen Kumpels mitkommen und schauen, ob du nicht irgendwas hast, womit du uns für unsere Mühe bezahlen kannst.«
»Magerer als ‘n Schuldknecht«, wand einer seiner Kumpane ein.
»Aber
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