Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das einsame Haus

Das einsame Haus

Titel: Das einsame Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
Vom Netzwerk:
Ich...«
    »Menschenskind«, unterbrach ich ihn. »Sind Sie ganz sicher, daß Sie nicht träumen?«
    Sein Gesicht mit den vielen Falten drückte nichts als Gekränktsein aus.
    »Herr Brenthuisen, ich will tot vom Stuhl fallen, wenn nicht jedes Wort wahr ist! Ich habe den Brief noch — allerdings habe ich ihn im Kohlenkeller versteckt. Wegen meiner Frau. Also, ich schickte es weiter, und so ging’s die ganzen Jahre. Nur... «
    »Nur?« frage ich gespannt, als er zögerte.
    »In diesem Monat ist kein Geld mehr gekommen. Ich habe natürlich der Frau Hilbinger auch keins geschickt.«
    »Und Sie waren in dem Haus?«
    »Wie gesagt, zweimal.«
    »Schon länger her?«
    »Das letztemal im Februar. Meinen Sie, die Polizei wird...«
    »Wird gar nichts, wenn Sie den Mund halten. Ich halte ihn auch. Jedenfalls war das sehr interessant für mich.«
    Er stand auf.
    »Weshalb sind Sie und die Polizei überhaupt zu mir gekommen?«
    »Die alte Frau Hilbinger ist tot«, sagte ich. »Man fand Ihre Überweisungsabschnitte bei ihr.«
    »O Gott, o Gott! Und ich habe die Polizei angelogen, habe dem Inspektor das gleiche erzählt wie Ihnen! Er wird draufkommen, und ich werde... meine Frau wird alles erfahren und...«
    »Unsinn«, unterbrach ich ihn. »Ich bin mit dem Inspektor befreundet und werde ihm alles erklären. Man wird Sie in Ruhe lassen — wenn Sie den Mund halten. Kapiert?«
    Er stand auf und reichte mir die Hand, eine Hand, die sich anfühlte wie zerknittertes Packpapier.
    »Vielen, vielen Dank, Herr Brenthuisen! O Gott — warum muß ausgerechnet mir so was passieren?«
    Ich brachte ihn zur Tür, tröstete ihn, und als ich in mein Zimmer zurückkam, stand Cornelia da. Sie deutete auf meine Schlafzimmertür.
    »Ich habe alles gehört, Hans. Und ich habe auch durch einen Spalt diesen Kerl beobachtet. Weißt du, was der ist?«
    »Ein kleiner Waschmittelvertreter, der gern großer Don Juan sein möchte.«
    »Hans! Deine Menschenkenntnis! Hast du seine Augen nicht gesehen?«
    »Doch. Harmlose, geängstigte Mäuseaugen. Er hat einen Mordsbammel vor seiner Alten.«
    »Es ist zum Verzweifeln mit dir, Hans! Er hat Mörderaugen! Er ist genau der Typ des Mörders, der aus Schwäche tötet. Aus Angst, bei einem kleinen Vergehen ertappt zu werden, aus kopfloser Verzweiflung mordet er. Jetzt ist mir alles klar: Walther Möhnert hat ihm das Geld geschickt, weil er sich keine Affäre leisten konnte. Das wiederum hat dieser kleine Waschmittelwurm schnell gemerkt und den Möhnert ganz anständig erpreßt. Und als er merkte, daß Möhnert nicht mehr mitspielen wollte, hat er ihn vergiftet. Hast du nicht seine Hände gesehen? Diese Hände erschießen nicht und erdrosseln nicht, sie mischen heimlich Gift und tun es in eine Ginflasche.«
    Ich starrte Cornelia fassungslos an.
    »Nelly«, stammelte ich. »Nelly, Kindchen, weißt du, was du da eben gesagt hast?«
    »Natürlich«, nickte sie schnippisch, »das weiß ich meistens, im Gegensatz zu dir.«
    »Du hast gesagt, daß der Tote Möhnert heißt. Woher weißt du das denn?«
    Jetzt schaute sie mich genauso überrascht an.
    »Weißt du das denn nicht? Es steht doch in der Abendzeitung.«
    »Ach so, ich war jetzt ganz perplex.«
    »Du bist durchgedreht«, sagte sie. »Wie wär’s heute mit den Schinkenmakkaroni? Übrigens, es kann auch anders gewesen sein, fällt mir gerade ein: Der Schwenk wollte vielleicht den Möhnert gar nicht umbringen, sondern nur die Hilbinger. Der Möhnert ist ihm aus Versehen dazwischen gekommen.«
    Ich nahm sie in die Arme und küßte sie auf den Mund.
    »Liebling, denk lieber an deine Makkaroni, oder an sonst etwas Schönes, aber überlasse diese ganze Geschichte mir.«
    Ich zog einen der Zettel aus der Tasche und gab ihn ihr.
    »Was hältst du davon?«
    Sie drehte sich beleidigt um.
    »Gar nichts«, sagte sie. »Ich bin ja zu dumm, hast du eben gesagt, und ich soll mich doch nur um die Schinkenmakkaroni kümmern.«
    »Verzeih, so war’s nicht gemeint. Lies mal!«
    Ich sah, wie sich ihre Lippen bewegten, während sie halblaut vorlas: Kommen Sie heute abend zum Monopteros im Englischen Garten.
    »Na?« fragte ich. »Was hältst du davon? Ich fand diesen Zettel heute in meinem Wagen.«
    »Eine Falle«, sagte sie. »Eine glatte Falle. Man wird dir dort eins über den Kopf hauen und dich in die Isar werfen.«
    »Sonst sagt dir diese Nachricht nichts?«
    »Nein. Das dürfte wohl auch genügen. Du wirst doch nicht hingehen?«
    »Er stammt von einer Frau«, sagte ich,
    »Ach?

Weitere Kostenlose Bücher