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Das einsame Haus

Das einsame Haus

Titel: Das einsame Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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Jasminbüschen im Garten kam ein kleines Mädchen im Badeanzug.
    »Mutti! Mutti!«
    Frau Möhnert stand wortlos auf, ging hinaus, ich sah, wie sie mit der Kleinen sprach, dann kam sie wieder herein und setzte sich mir gegenüber.
    »So, er ist tot. Ein Unfall?«
    »Man weiß es nicht. Vielleicht. Es könnte aber auch sein, daß er ermordet worden ist.«
    Sie blies den Rauch ihrer Zigarette an die Decke.
    »Na schön, ich kann wohl nichts mehr daran ändern. Wird er hierher überführt?«
    »Aus Barcelona?«
    »Ich nehme an, daß es dort passiert ist. Oder etwa nicht?«
    »Erlauben Sie eine Zwischenfrage: Haben Sie von ihm eine Ansichtskarte bekommen?«
    »Ich glaube ja. Gestern. Oder vorgestern. Weiß man Einzelheiten?«
    »Eine ganze Menge. Vor allem weiß man, daß er gar nicht in Barcelona gewesen ist.«
    »Hier in München?«
    »Ja. Nicht weit von München. Kennen Sie ein einsam liegendes Haus am Hofoldinger Forst?«
    »Keine Ahnung. Nein. Ist es da passiert?«
    »Ja. Hatte er Feinde?«
    »Außer mir? Ich weiß nicht. Er war geschieden, und ich war seine Sekretärin. Er hat mich verrückt gemacht, hat mir Gott weiß was versprochen, und als das Kind unterwegs war, kam er mir mit dummen Ausreden. Ich habe ihn gezwungen, mich zu heiraten.«
    Sie zerdrückte den Rest ihrer Zigarette im Aschenbecher. Eine Weile schwiegen wir, dann sagte ich:
    »Er ist vergiftet worden. Ich würde Ihnen raten, zur Polizei nicht so offen zu sein. Sie erben doch jetzt die COLORAG, oder?«
    »Nein, ich habe nur das Nutzungsrecht. Die Erben sind zu gleichen Teilen meine Tochter und sein Sohn aus der ersten Ehe.«
    »Teufel noch mal, Sie sind aber gut orientiert.«
    »Warum nicht? Ich habe ihm auf die Finger geschaut, als er sein Testament gemacht hat.«
    Ich stand auf und trat zum Fenster. Das kleine Mädchen ließ einen riesigen weißen Gummischwan auf dem Wasser schwimmen. Ohne mich umzudrehen, sagte ich: »Es ist am Donnerstag, also gestern, passiert. Gegen Mittag. Es wäre gut, wenn Sie für diese Zeit ein brauchbares Alibi hätten. Ein Mordmotiv würde Ihnen Inspektor Wendlandt leicht nachweisen können.«
    Ich hörte ihre leichten Schritte hinter mir.
    »Und warum sagen Sie mir das? Haben Sie ein besonderes Interesse daran?«
    »Ja.« Ich drehte mich um und schaute sie an. Sie stand dicht vor mir. Ich konnte ihr trockenes Parfüm riechen. »Ich bin Zeitungsmann. Ich brauche eine interessante Geschichte. Außerdem war ich dabei, als Ihr Mann starb. Er hat noch ein paar Worte gesprochen, ehe es aus war. Aber das weiß die Polizei noch nicht.«
    Natürlich wußte es der Inspektor, aber ich hatte meine Gründe, es ihr nicht zu sagen. Sie zuckte mit den Schultern.
    »Ich weiß nicht, ob Sie mich verstehen können. Es gab nichts mehr, was mich mit ihm verbunden hätte. Sein Tod ist mir so gleichgültig, wie der irgendeines anderen Menschen. Ich werde auch der Polizei keine tieftrauernde Witwe vorspielen. Gestern vormittag war ich zuerst bei meiner Schneiderin, dann beim Friseur, und zum Mittagessen hatte ich mich mit Bekannten in der >Ewigen Lampe< verabredet. Zeugen, so viel man will. Was geht mich das alles an? Ich werde meinen Anwalt damit beauftragen, die Erbauseinandersetzung und — die Beerdigung zu veranlassen.«
    »Mein Gott«, murmelte ich. »Er muß Sie entsetzlich beleidigt und gedemütigt haben.«
    »Ich war ein armes Luder«, sagte sie, als spräche sie von einer belanglosen Sache. »Ich kam als Lehrmädchen in die COLORAG. Eines Tages wollte Fred — das ist sein Sohn —, also der wollte was von mir, im Packraum unten. Ich hab’ gebrüllt wie am Spieß, der Alte ist zufällig dazugekommen, hat den Junior ‘rausgeworfen, dann war er an der Reihe. Was sollte ich machen? Krach schlagen und meine Stellung verlieren? Was hätte ich davon gehabt, wenn er eingesperrt worden wäre? Aber der Paragraph zum Schutz Minderjähriger und Abhängiger ist großartig, ich verdiente ganz gut und...«
    »Sie haben ihn also erpreßt?«
    »Nicht mehr, als er mich zuvor. Nach meiner Lehrzeit, und als sein Teilhaber gestorben war, wurde ich seine Sekretärin, er ließ sich scheiden und hat mich geheiratet. Das ist alles. Er ging seine Wege, ich meine. Wir hatten eine Art von stillschweigendem Übereinkommen, daß wir uns in der Öffentlichkeit zusammennahmen.« Sie zuckte mit den Schultern. »Jetzt ist er also tot. Ich bin neugierig, wer ihn so sehr gehaßt hat, daß er sogar Zuchthaus riskierte, um ihn zu töten? Würden Sie mir einen Gefallen

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