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Das einsame Haus

Das einsame Haus

Titel: Das einsame Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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es gibt keinen einzigen Menschen in ganz Deutschland, der nicht dauernd gegen irgendeins davon verstößt. Ich bin sogar davon überzeugt, daß sich der Herr Bundespräsident schon einmal schuldig gemacht hat, indem er gegen den § 370/2 verstoßen hat, wonach jeder mit Geldstrafe oder Haft bestraft wird, der unbefugt von öffentlichen oder Privatwegen einen Stein wegnimmt. Vielleicht hat er ihn in den Kleinhesseloher See geworfen, womit er gegen den Paragraphen... «
    »Hören Sie auf, zum Donnerwetter! Ich werde Ihnen den jungen Möhnert eine halbe Stunde überlassen, aber wehe, wenn ich dann nicht erfahre, wo die Aktentasche liegt!«
    Er griff zum Telefon. Seine Hand hatte den Hörer noch nicht erreicht, als der Apparat klingelte. Er nahm ab, ich beobachtete sein Gesicht und sah, wie es starr wurde.
    »Was? Himmel noch mal, wie war das möglich? Ist der Arzt schon... wie? Er lebt noch? Ich komme sofort.«
    Er warf den Hörer auf und fauchte mich an:
    »Haben Sie das etwa auch schon vorher gewußt, Sie Neunmalkluger? Er hat sein Hemd in Streifen gerissen und sich dran aufgehängt!« Er rannte zur Tür, ich folgte ihm, und während wir mit dem Paternoster ins Parterre hinunterfuhren, sagte er: »Zum Glück hat man ihn noch rechtzeitig entdeckt. Der Arzt sagt, daß er ihn durchkriegen wird.« Seine Augen funkelten mich an. »Und jetzt sagen Sie mir bitte, Herr Brenthuisen: Warum hat er das getan? Ist das ein Schuldbekenntnis? Ist das der Versuch, sich der Gerechtigkeit zu entziehen? Oder was sonst?«
    Ich wußte es auch nicht, aber ich sagte:
    »Ersparen Sie es ihm, Inspektor, Ihr Gesicht zu sehen, wenn er wieder normal denken kann. Erlauben Sie mir, zuerst mit ihm zu sprechen.«
    Wir sprangen aus dem Paternoster. Der Inspektor musterte mich und sagte: »Viel schöner als ich sind Sie auch nicht. Aber meinetwegen. Ich werde eine entsprechende Weisung geben.«
    Er drehte sich um und verschwand im Aufzug.
    Ich ging den Korridor entlang zur Sanitätsstation. Sehr wohl war mir dabei nicht, denn plötzlich zweifelte ich daran, daß Freddy unschuldig war, und jetzt wußte ich auch, warum Anna sich schuldig bekannt hatte: sie wußte, daß Freddy seinen Vater getötet hatte und wollte ihn retten oder ihm wenigstens die Zeit zur Flucht verschaffen.
    Ich fühlte mich hundeelend, als ich den Sanitätsraum betrat.

8

    Schon im Vorraum zum Sanitätszimmer roch es penetrant nach Desinfektionsmittel, ein Geruch, den ich seit meiner Militärzeit nicht mehr ausstehen kann.
    Der Polizeiarzt kam mir entgegen. Ich kannte ihn von früheren Fällen.
    »Mahlzeit«, sagte er und wollte an mir vorbei, aber ich hielt ihn am Ärmel seines weißen Mantels fest.
    »Doktor, wie geht es ihm?«
    Er schaute auf seine Armbanduhr.
    »Gut, aber ich muß jetzt...«
    »Wie gut, Doktor? Kann man mit ihm reden?«
    »Natürlich. Zerreißt sein Hemd, der Kerl, und hängt sich auf. Völlig blödsinnig, die Streifen waren viel zu dünn. Hätten ihn nie getragen. Ich muß jetzt in die Kantine, sonst bekomme ich dort nichts mehr.«
    »Nur noch eine Frage: Kennte es ein fingierter Selbstmord sein, ich meine: hat er den Versuch absichtlich so gemacht, daß ihm nichts passieren konnte?«
    »Möglich. Das ist Wendlandts Sache. Ich muß jetzt...«
    Ich ließ ihn gehen, das Telefon klingelte, und der Wärter nahm den Hörer ab. Er sprach ein paar Worte, schaute mich an, nickte und legte auf.
    »Sie können mit ihm sprechen, Herr Brenthuisen. Inspektor Wendlandt hat eben die Erlaubnis dazu erteilt.«

    Fred Möhnert lag auf dem weiß bezogenen Feldbett und starrte an die Decke. Ich zog mir den einzigen Stuhl an sein Lager und setzte mich.
    »Ich soll Sie von Anna grüßen.«
    In seinem starren Gesicht zuckte es, aber er sagte kein Wort. Ich zog meine Zigaretten heraus.
    »Können Sie schon rauchen, oder tut Ihnen Ihr Hals noch zu weh?«
    Keine Antwort.
    Ich zündete mir eine an, blies ihm den Rauch ins Gesicht und fuhr fort: »Na schön, dann eben nicht. Anna wird sich freuen, wenn Sie sie in der Patsche sitzen lassen. Wendlandt hat sie in der Zange.«
    Er wandte mir langsam sein Gesicht zu, das gequälte Gesicht eines jungen Mannes, der am Ende seiner Kräfte ist.
    »Er hat Anna verhaftet?« fragte er heiser.
    »Natürlich. Und Anna hat gestanden. In meiner Gegenwart hat sie gesagt, Sie hätte Walther Möhnert, Ihren Vater, vergiftet.«
    »Das... das ist nicht wahr! Sie lügen! Sie kann es gar nicht gestanden haben, weil es nicht wahr ist. Ich selber habe meinen

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