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Das einzig glueckliche Ende einer Liebesgeschichte ist ein Unfall

Das einzig glueckliche Ende einer Liebesgeschichte ist ein Unfall

Titel: Das einzig glueckliche Ende einer Liebesgeschichte ist ein Unfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joao Paulo Cuenca
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ihre Hand über den Grill, als wollte sie die glühende Platte berühren. Die Sonne scheint noch heller zu werden, dort draußen hinter der Scheibe, die uns von der übrigen Welt trennt. Ein Motorrad fährt auf der Straße vorbei und macht Lärm.
    „Ich hasse meine Hand.“
    „Deine Hand ist schön.“
    „Ich hätte gerne so schlanke Finger wie die Japanerinnen.“
    „Unsinn. Ich hatte mal eine Freundin aus Kyoto, die hatte Finger dick wie ein Nashorn.“
    „Oder Finger wie eine Klavierspielerin.“
    „Nur Klavierspielerinnen brauchen Finger wie Klavierspielerinnen. Und du kannst doch gar nicht Klavier spielen.“
    „Hättest du es gern, dass ich Klavier spielen könnte wie diese Konzertpianistin? Ich weiß, dass du sie hübsch fandest.“
    „Das ist egal.“
    „Natürlich nicht! Stell dir vor, du kommst nach Hause und hörst, wie deine Frau im Nachthemd ein Stück von Rachmaninow spielt.“
    „Das habe ich mir noch nie vorgestellt.“
    „Solltest du aber, Shun. Du solltest dich auf die Suche machen nach dieser Frau, dieser japanischen, zarten Pianistin. Denn mit diesen hässlichen, dicken Fingern werde ich niemals …“
    Iulana Romiszowskas Stirn verwandelt sich in ein kompliziertes Faltengeflecht. Ich halte ihre linke Hand, die immer noch gefährlich nahe, nur wenige Zentimeter über der glühenden Metallfläche schwebt, und umschließe sie wie einen toten Vogel. Versuche, die Arbeiter auf Iulanas Haut zu vergessen, und küsse jeden ihrer Finger auf die Kuppe und den Zwischenraum zwischen den Fingern und beachte die anderen Gäste in dem Restaurant gar nicht, die bereits beginnen, ihre Aufmerksamkeit auf den Tisch mit dem seltsamen Paar zu richten. Einer von uns beiden sagt:
    „Lass uns gehen.“
    Während wir unter den wachsamen Augen der Kameras aus Herrn Okudas U-Boot in einer auf Giraffenbeinen schwebenden Metrostation aus Beton voller Touristen aus dem Hinterland auf die Bahn warten, umschlingt Iulana meinen Körper wie ein hungriger Krake seine Beute. Ihr Berg aus Fleisch und rosiger Haut beugt sich zu mir herab und dann legt sie, ihre Knie berühren fast schon den Boden, ihren Kopf auf meine Brust:
    „Gehört mir dein Herz, Baby Shun?“

18
    Acht Stunden und zweiundzwanzig Minuten von mir, Iulana Romiszowska und der giraffenförmigen Metrostation sowie zwölf Stationen und 4543 Meter Unterführung entfernt von Odaiba befindet sich das Hyatt Regency von Shinjuku, eine Kiste aus braunem Marmor mit quadratischen Fenstern.
    Wir sehen die Schlange der vor dem Hotel wartenden Taxis und hinter der obligatorischen Drehtür einen mastodontischen Kristallleuchter, der über dem riesigen Atrium schwebt. Vor der Rezeption sehen wir lächelnde, schwarz gekleidete Hotelangestellte, die bereitstehen, um jeden Besucher in fünf Sprachen begrüßen zu können. Auf dem Weg zu den Suiten vier übergroße Reagenzgläser, in denen Panorama-Aufzüge hinauf und herunterfahren und die uns in die teppichbelegten Flure des zwölften Stocks tragen, wo hinter der verschlossenen Tür von Zimmer 1212 mit dem „Bitte nicht stören“-Schild ein Lichtkreis auf einen quadratischen Tisch fällt.
    Dieser Kreis entspringt einem anderen, kleineren, weniger als einen Meter darüber. Im Querschnitt erkennt man, dass der Kreis auf dem Tisch nur der Fuß eines Lichtkegels ist, der auf der Tischplatte beginnt und in einer metallenen Lampe endet, die von der Decke hängt. Der Rauch einer Maisstrohzigarette durchzieht den Kegel aus trüber Luft, und diese Zigarette befindet sich, kurz bevor sie nun in einem Aschenbecher, den wir nicht sehen, ausgedrückt wird, in der rechten Hand von Herrn Languste Okuda.
    Wir können den Aschenbecher nicht sehen, weil der Aschenbecher außerhalb des Lichtkegels auf dem viereckigen Tisch steht. Wir sehen nichts, was nicht Teil des Lichtkegels ist, auch nicht die Aussicht auf die im Stil einer kubistischen Kathedrale gehaltenen Türme der Stadtverwaltung, die drei Pyramiden des Park Hyatt, den Park selbst sowie die Skyline Shinjukus, die wir sehen könnten, wenn die Vorhänge nicht zugezogen wären. Auch das schwarze Telefon sehen wir nicht und nicht die Arme, die Beine, den Rumpf und den Kimono, praktisch nichts von dem Körper meines Vaters mit Ausnahme seiner rechten Hand, die nun die Maisstrohzigarette zum Aschenbecher führt, den wir nicht sehen. Kein Licht dringt durch die Fenster oder den Türspalt.
    Der Tisch, der Lichtkegel, die Zigarette, der Kimono und der Körper von Herrn Okuda befinden

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