Das Ekel von Säffle
gegenüberliegenden Haus zu sehen.
Den Bruchteil einer Sekunde später hörte er einen kurzen, scharfen Knall, und im gleichen Augenblick wurde sein rechtes Knie von einem Schlag getroffen, der das Bein unter ihm wegzureißen schien. Er taumelte rückwärts und fiel über die Steinkante ins Becken des Brunnens, dessen Boden um diese Jahreszeit mit Tannenzweigen, halbverfaultem Laub und anderem Abfall bedeckt war.
Er lag auf dem Rücken und hörte sich selbst laut schreien. Es schien ihm, als ob weitere Schüsse fielen, aber offenbar galt keiner davon mehr ihm selbst.
Er hielt den Schweinefuß immer noch in der Hand und hatte noch nicht begriffen, daß das Mündungsfeuer etwas mit dem Knall und vor allem mit der Kugel zu tun hatte, die ihm den Knochen unterhalb des Knies durchschlagen hatte.
Gunvald Larsson starrte immer noch auf den Sekundenzeiger seiner Uhr, als der zweite Schuß fiel. Unmittelbar darauf knallte es noch mindestens viermal.
Seine Uhr zeigte wie die meisten in diesem Land die gutbürgerliche schwedische Zeit, das heißt fünfzehn Grad oder eine Stunde ostwärts Greenwich, und weil die Uhr einmal teuer gewesen war und im Verlauf eines ganzen Jahres nicht eine Sekunde verloren oder gewonnen hatte, waren seine Zeitangaben exakt.
Den ersten Schuß hörten sie genau zehn Minuten nach zwölf. Die nächsten vier, vielleicht fünf, fielen in rascher Reihenfolge wenige Sekunden später.
Instinkt und richtige Einschätzung von Richtung und Entfernung hatten zur Folge, daß Gunvald Larsson und Lennart Kollberg in den folgenden zwei Minuten gleichzeitig das gleiche taten. Sie stürzten zum nächsten Auto, das zufällig Gunvald Larssons roter EMW war.
Gunvald Larsson ließ den Motor an und brauste davon, nicht den Weg, den er gekommen war, nämlich um den Hauptblock herum, sondern vorbei am alten Heizungsgebäude und weiter die schmale, kurvenreiche Straße zu Dalagatan hoch zwischen der Entbindungsabteilung und dem Eastman-Institut. Dann machte er um hundertachtzig Grad kehrt und fuhr auf den gepflasterten Platz vor dem Institut, bremste scharf, schleuderte und brachte den Wagen schräg zwischen dem Brunnen und der breiten Eingangstreppe zum Stehen.
Noch ehe sie die Türen geöffnet hatten und ausgestiegen waren, sahen sowohl Gunvald Larsson als auch Kollberg, daß ein uniformierter Polizist zwischen den Tannenzweigen im Brunnen auf dem Rücken lag. Auch erfaßten sie, daß er verletzt, aber am Leben war und daß verschiedene andere Personen sich in der Nähe befanden. Davon lagen drei am Boden, verletzt, tot oder in Deckung, und die übrigen standen wie versteinert, wahrscheinlich auf dem Fleck, auf dem sie sich befunden hatten, als die Schüsse fielen. Gleichzeitig mit ihnen stoppte auf der Ausfahrt von Vasaparken ein Streifenwagen mit einem Konstapel am Lenkrad, welcher, kaum daß der Wagen hielt, die linke Vordertür öffnete.
Sie sprangen gleichzeitig aus ihrem Fahrzeug, Gunvald Larsson nach links und Kollberg nach rechts.
Gunvald Larsson hörte den nächsten Schuß nicht, merkte aber, wie ihm seine chinesische Pelzmützt vom Kopf gerissen wurde und auf der Treppe landete, dabei hatte er das Gefühl, als ob ihm jemand eine glühende Gabel quer über die Kopfhaut gezogen hätte. Er hatte sich noch nicht aufgerichtet, da wurde sein Kopf zur Seite geschlagen; er hörte einen Schuß und einen pfeifenden Querschläger und hastete mit zwei riesigen Sprüngen die acht Treppenstufen hinauf und druckte sich gegen die Steinwand an der linken Seite des durch Pfeiler unterteilten Eingangs Er faßte sich an die Wange und hatte die Hand voll Blut Das Geschoß hatte eine starke, blutende Furche in seine Kopfhaut gezogen, die schone Ziegenfelljacke war hin Jetzt und für alle Zeit Kollberg reagierte ebenso schnell wie Gunvald Larsson Er warf sich zurück ins Auto, rutschte geistesgegenwartig über die Rucklehne und landete auf dem Rucksitz Unmittelbar darauf durchschlugen zwei Geschosse das Autodach und bohrten sich m die Polsterung des Vordersitzes Von seinem Platz aus konnte er Gunvald Larsson m der Tür stehen sehen, an die linke Wand gepreßt und offenbar verletzt Er wußte, daß er so schnell wie möglich den Wagen verlassen und die Treppe erreichen mußte Beinahe automatisch stieß er mit dem Fuß die rechte Vordertur auf und sprang hinten links hinaus Drei Schusse peitschten, alle auf die rechte Seite des Wagens gerichtet, aber da war Kollberg schon auf der Straße, griff nach der nächsten der vier
Weitere Kostenlose Bücher