Das Elbmonster (German Edition)
Regierungsebene, wenn überhaupt, dann frühestens im Oktober 2006, war meine einstige Auffassung. Schließlich, so banal es auch klingen mag, glaubte ich ehedem, ihr könne selbst die seinerzeit einförmige Prinz-Eisenherz-Frisur zum Nachteil gereichen (inzwischen ja vorteilhaft verändert!), da wohl kaum zu leugnen ist, dass uns Äußerlichkeiten oftmals wichtiger sind als innere Werte. Aber ich hatte mich geirrt. Gut so!
Nichtsdestoweniger bleibe ich (vorerst) beim symptomatischen Ergebnis meiner einschlägigen Beobachtungen. Es lautet: Hierzulande bestimmt viel zu häufig der Schein das Sein. Wir halten es doch schon beinahe für normal, fast überall als Gaukler aufzutreten. Selten genug ist unser wahrer Charakter gefragt. Man denke beispielsweise nur an die aktuellen Empfehlungen für verschiedene Bewerbungsvorhaben: lauter Blendwerk! Aber das ist ja eine generelle Krankheit unserer Gesellschaft, dass man sich und anderen meist etwas vormacht. Dabei missbrauchen wir manchmal sogar die Sprache, um unsere Gedanken zu verbergen. All das erscheint heutzutage bedeutsam.
Und nochmals zu Lady Merkel:
Sollte ihr eines folgeschweren Tages auf politischer Ebene womöglich etwas furchtbar Schlimmes widerfahren, würde ich, zwar kaum überrascht, aber doch mitfühlend ausrufen: Voilà (da haben wir es)! Und vielleicht noch hinzufügen: Ach, verehrte Angela, wärest du doch deiner ursprünglichen Bestimmung treu geblieben, im wunderbaren Reich der weitestgehend ideologieneutralen Naturwissenschaften tätig zu sein! Dazu wird es hoffentlich niemals kommen!
Auch über Gerhard Schröder mag jeder Einzelne denken, was immer er für richtig hält, aber eines muss man ihm lassen: Der Mann hat Charisma! Allerdings verstärkte sich bei mir schon während seiner Regentschaft allmählich der Eindruck, dass man das im Ausland klarer und wohl auch dankbarer vernahm als bei uns. Doch was soll’s? Es war und ist eben so.
Und du, lieber Helmut, wo bleibt dein einstiger Glorienschein, den du doch so redlich erworben hattest mit deinen unbestreitbaren Verdiensten auf dem Wege der friedlichen Wiedervereinigung des abermals zerrissenen deutschen Vaterlandes? Ja, früher, als du noch auf dem überschäumenden Wogen der Begeisterung und Dankbarkeit des Volkes schwammst und das Bad der Öffentlichkeit überaus genießen konntest, ist dir sicherlich noch nicht bewusst gewesen, dass dein Lichterglanz durch selbst verschuldete Blödheiten schon bald wieder arg verblassen wird. Gewiss, du warst und bist klüger als so mancher deiner Zeitgenossen, bestimmt auch raffinierter, immerhin erfolgreicher, aber deshalb noch lange nicht fehlerfrei. Ein Mensch eben! Aber um dein persönliches Wohlergehen muss ich mir selbstredend überhaupt keine Sorgen machen. Okay!
Unserem ehemaligen „Sachsenkönig“ Biedenkopf war es ja bald darauf ähnlich ergangen. Auch er verfügt fraglos über einen wachen Verstand und verweist zu Recht auf bemerkenswerte Erfolge. Doch die Faszination der Macht ist offenbar eine äußerst heimtückische Begleiterin, wenn selbst intelligente Menschen nicht freiwillig von ihr loslassen können. Sonach war einfach nicht zu verhindern, dass auch sein Ansehen als Ministerpräsident unaufhaltbar sank.
Die Öffentlichkeit hat in aller Regel weit größeren Respekt vor Persönlichkeiten, die auch zu ihren Schwächen stehen, als vor gottähnlichen Perfektionisten. Ob des renommierten Professors Stern dereinst in den Erinnerungen der Menschen wieder mit neuem Glanz ehrwürdig aufleuchten wird, sei dahingestellt, ebenso wie die künftige Fügung all dessen, was untrennbar mit dem Namen Helmut Kohl verbunden bleibt.
Die Folgezeit ist offen. Darüber befinden und entscheiden andere. Schließlich wird das Urteil unserer Nachkommen nicht dementsprechend gefällt, was wir wähnen zu sein, sondern einzig danach, was wir objektiv bewirken. Und das ist anscheinend besonders sinnhaltig.
Was indessen andere Persönlichkeiten hinsichtlich des zu jener Zeit bevorstehenden großen Wahlzirkus im Jahre 2002 betraf, so war meines Erachtens bis dato keine weitere charismatische Größe auszumachen.
Oder doch, Friedrich Merz etwa? Zweifellos ein ausgesprochen interessanter Typ. Aber zu jener Zeit vielleicht noch allumfassend ein wenig zu mager und wohl auch nicht der vorderste Sympathieträger seiner Partei (schade, dass er sich von Freu Merkel wegdrängen ließ, dem Manne wäre nämlich heute mehr denn je Großes
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