Das Elbmonster (German Edition)
„Fraktionszwang“) bedeutsamer erscheint als ihr tatsächliches Gewissen? Und sie nehmen es längst als pure Selbstverständlichkeit hin, was uns letztlich nur vermittelt, dass sie zwar über eine Wirbelsäule verfügen, aber dennoch kein Rückgrat haben. Außerdem nährt es ihren Egoismus, solange kaum jemand ernsthaft daran zweifelt, dass ihnen das Hemd unbedingt näher sein müsse als der Rock.
Wo immer wir sehenden Auges und mit wachem Verstand hinblicken, allenthalben begegnen uns Torheiten und oftmals sogar schädigende Praktiken. So ist es namentlich wegen der begrenzten Naturvorräte schon fast verbrecherisch, wie beispielsweise die Haushalte unentwegt mit irgendwelchen Werbematerialien zugeschüttet werden, obwohl sich die wenigsten Bürger dafür interessieren und das Zeug hernach ungesehen in die Papiercontainer werfen. Nicht wenig davon gelangt allerdings kaum wieder in den Wirtschaftskreislauf, sondern direkt in den Müll. Welch eine sinnarme Vergeudung! Der Staat hingegen schaut nicht nur zu, sondern fördert dreist ein derartiges Vorgehen, indem jene Akteure die Kosten ihres frevelhaften Tuns von der gesetzlichen Steuerschuld absetzen können. Ist das so richtig? Allzu gern würde ich meine eventuelle Fehleinschätzung schnellstens korrigieren, zumal ich selbstredend kein prinzipieller Gegner einer zweckorientierten Reklame bin. Das wäre töricht. Allein die einschlägige, teils maßlose Verschwendungssucht empört mich.
Indessen hat bereits der britische Filmschauspieler Peter Sellers (1925 bis 1980) anschaulich formuliert: „Werbung ist die Kunst, auf den Unterleib zu zielen und die Brieftasche zu treffen.“ Recht hat er!
Ohnehin drängt sich einem spätestens an dieser Stelle beinahe unabwendbar folgende konkrete Frage auf: Was ist denn unter den gegenwärtigen Verhältnissen von der sogenannten öffentlichen Hand anderes zu erwarten, als eine Art „Gesamtkapitalist“ zu sein, vornehmlich die Interessen der Bourgeoisie zu vertreten? Schließlich ist sie dem Wesen nach doch deren Herrschaftsinstrument, wenngleich durch „bürgerliche Demokratie“ überwiegend im Hintergrund wirkend, also ziemlich versteckt und daher bestens getarnt. Für die Machthaber geradezu ideal.
Trotzdem sollte meines Erachtens auf absehbare Zeit nicht prinzipiell daran gerüttelt werden, weil es bislang nichts Effektiveres für eine Volkswirtschaft gibt, die wiederum unter bestimmten Bedingungen dem Gesamtwohl der Bürger dienen kann. Doch wie eine pompöse Hochzeit noch lange keine Garantie für das Glück und den Bestand einer Ehe oder Familie bildet, so ist der gepriesene Reichtum eines Landes nicht automatisch die Gewähr dafür, dass es innerhalb der Gesellschaft einigermaßen harmonisch zugeht, niemand von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen ist.
Das Kapital selbst tastet die Menschen nur nach ihrer Verwertbarkeit ab, nach ihrem Nutzen beim fortwährenden Streben nach Erhöhung des Profits. Ansonsten bleiben sie diesbezüglich vollkommen uninteressant. Das hat natürlich mit Humanismus nicht das Geringste zu tun. Deshalb will Menschlichkeit auch in einer hochmodernen Zivilisation täglich neu errungen sein. Sie muss unentwegt mühsam erkämpft werden. Und je weniger dabei abseitsstehen, desto überzeugender ist der Erfolg.
Freilich wird ein Großteil derjenigen, die sich von meinen mäkelnden Äußerungen unmittelbar betroffen fühlen, dazu Gleichgesinnte und Sympathisanten, so manches anders, möglicherweise auch direkt entgegengesetzt beurteilen, denn es geht allenfalls um ihre lieb gewordenen Pfründe, glauben oder fürchten sie zumindest. Und überhaupt, wie kann sich der Mann aus einer ostdeutschen Provinz derart aufmüpfig offenbaren und sich dabei noch anmaßen, eigenmächtig Zensuren verteilen zu wollen, werden sich mittlerweile wahrscheinlich schon einige angemessen empört fragen. „Na und?“, entgegne ich zuversichtlich. Lautes Nachdenken ist allemal besser als ängstliches Schweigen! Und ich versichere, es werden nachfolgend noch so manche Personen, Zustände und Geschehnisse kritisch ins Visier genommen, mag es etlichen Zeitgenossen auch als ziemlich vermessen vorkommen.
Wir sollten einfach zur Kenntnis nehmen, dass die wunderbare und überwiegend gerechte Natur auch den Kleinstädtern und Dörflern ihren Kopf nicht nur zum Haareschneiden bescherte. Gott sei Dank! Und dass wir irren können, solange wir streben, haben bereits ganz andere festgestellt und niedergeschrieben,
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