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Das Elbmonster (German Edition)

Das Elbmonster (German Edition)

Titel: Das Elbmonster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerner, Károly
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Das änderte sich allerdings schlagartig infolge des Mauerbaus vom dreizehnten August 1961, weil damit keineswegs nur den einschlägigen Menschenhändlern ein gewisser Riegel vorgeschoben wurde. Dies wiederum rechtfertigt selbstredend noch lange nicht die „Errichtung des antifaschistischen Schutzwalls“, wie die offizielle, ergo von den Verantwortlichen ideologisch verbrämte Bezeichnung dafür lautete. Es war augenfällig ein barbarischer Akt, auch wenn es dafür ein ganzes Bündel von Ursachen gab. Ohnehin vermochte die ostdeutsche, teils arg verknöcherte Politelite über jenes unzivilisierte (oder gar verbrecherische?) Vorgehen nicht allein zu befinden. Da musste wenigstens noch von den befreundeten Hoheiten unseres einstigen „großen Bruders“ die Zustimmung eingeholt werden. Ungeachtet dessen war die DDR nicht nur ein gut funktionierender Trabant der Sowjetunion, sondern zugleich eine Art Aushängeschild des sozialistischen Lagers.
     
    Ja, das ist fraglos ein Widerspruch in sich. Aber die jeweilige Interessenlage erfordert zuweilen politische Entscheidungen, welche mit Moral äußerst selten Hand in Hand gehen, geschweige denn, sich beide liebevoll umarmen.
     
    Staatsführende Persönlichkeiten üben sich nach wie vor in derlei anrüchigen Vorgehensweisen, auch wenn das wirtschaftlich weniger effiziente System inzwischen nahezu überall der Vergangenheit angehört. Vorerst oder für immer? Wer kennt die Antwort? Ich bin jedenfalls noch nicht davon überzeugt, dass sich der Kapitalismus dauerhaft als letzte Gesellschaftsordnung behauptet, erst recht nicht in seiner gegenwärtigen Prägung. Mein Argument: Eine vom puren Egoismus getriebene und ihn gleichermaßen fortwährend gebärende soziale Gemeinschaft, in der sich jeder selbst der Nächste ist, verkörpert garantiert noch nicht das Nonplusultra menschlicher Entwicklung. Die infame Arroganz der Reichen und Mächtigen führt uns in den Abgrund und nicht etwa das Verlangen der Armen nach einem Stückchen Brot.
    Und das Gefährlichste von allem ist sowohl die unermessliche Profitgier vieler Zeitgenossen als auch jene Ideologie, welche ihren maßlos überzogenen Trieb nach Bereicherung zu rechtfertigen sucht („Die Welt gehört den Tüchtigen.“).
    Im Vergleich dazu könnten wir uns glücklich wähnen und vor Freude jubeln, wenn sich doch endlich mehr Entscheidungsträger das Credo etwa des legendären Bundeskanzlers Helmut Schmidt zu Herzen nehmen würden: „Erst das Land, dann die Partei.“ Indessen handeln die meisten Politgrößen mehr denn je umgekehrt oder noch schlimmer, indem sie zuvorderst an sich denken. Vertrauen lässt sich damit freilich nicht gewinnen.
     
     
    Unabhängig davon befällt mich zuweilen schon seit Längerem ein fast bohrender Gedanke, den ich einfach nicht mehr loswerde. Im Gegenteil, er verfestigt sich immer mehr in meinem Oberstübchen und mündet in folgende Vermutung: Es scheint mir eine typische Eigenart von uns Deutschen zu sein, dass wir insbesondere während unserer kostbaren Freizeit unentwegt danach trachten, unseren materiellen Besitz zu erhöhen oder wenigsten zu verschönern (Wohnung, Haus, Garten). Hin und wieder bleibt uns noch etwas Zeit und Muße, auch die ideellen Werte des Lebens zu genießen. Doch ehe wir uns umschauen, sind wir alt oder krank und nicht selten beides zusammen. Schon pocht Gevatter Tod immer heftiger an unserer Pforte. Und nichts von alledem, was wir zeitlebens mühsam zusammengerafft haben, können wir ins Jenseits mitnehmen. Das ist sicher gerecht. Doch ist es auch der höchste Sinn unseres sowieso flüchtigen Aufenthaltes auf Erden?
    Infolge der seit gegen Ende des Jahres 2008 auch hierzulande vehement grassierenden Wirtschaftskrise waren und sind wir ja allesamt dazu aufgefordert, den Konsum zu verstärken, damit die Nachfrage steigt und die Produktion materieller Güter wieder angekurbelt wird. Donnerwetter, welch grandiose Weisheiten namhafter Ökonomen und Politiker, die uns über einschlägige Medien nahezu beschwörend täglich ins Haus flattern!
    Kurzum, ich bezweifle, ob die Mehrheit des Volkes mit noch größerem Besitz wirklich glücklicher wäre als nach geschulter Zurückhaltung, gar, wenn man bedenkt, wie grauenvoll es an vielen Orten unseres einzigartigen Planeten aussieht, wo unzählige Menschen nicht einmal genug zu essen haben.
     
    Auweia, dieser Einschub ist wieder jählings beträchtlich länger geworden, als es von mir ursprünglich beabsichtigt war. Rigoros

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