Das Elbmonster (German Edition)
vielmehr darin, fortwährend tragfähige Kompromisse einzugehen, um den unterschiedlichen individuellen Bedürfnissen weitestgehend nachzukommen. Das setzt natürlich von beiden Seiten eine angemessene Gesprächsbereitschaft voraus, ebenso die Fähigkeit, mit Kritik konstruktiv umzugehen, denn sie soll ja nicht vernichten, sondern gravierende Mängel beheben. Wer indessen sich und andere unentwegt wegen irgendwelcher Nichtigkeiten aufputscht, dürfte nicht erstaunt sein, dass er letztlich mehr Schaden anrichtet, als zweckdienliche Lösungen bewirkt. Also vernünftig miteinander reden ist und bleibt eine unerlässliche Voraussetzung partnerschaftlicher Verbundenheit! So lernt man sich gegenseitig immer wieder neu kennen, und das hält auch die Liebe lebendig, verleiht ihr laufend frische Nahrung, manchmal sogar auf ganz unberührter Ebene. Was gibt es Schöneres?
Ansonsten ist es nicht überraschend, wenn die partnerschaftliche Idiotie früher oder später beinahe jeden einholt und mitunter auch schonungslos überwältigt. Na ja, es ist eben die über Generationen hinweg gewonnene Erfahrung, dass in den meisten Ehen die Frauen nicht bekommen, was sie zuvor sehnsüchtig erwarten, die Männer hingegen als Singles nicht einmal im Traum vermuten, was sie danach in der Partnerschaft erleben. Damit ist ein mögliches Konfliktpotenzial bereits vorprogrammiert.
Wer sich nicht in der Lage befindet oder zumindest ernsthaft gewillt zeigt, die aufkommenden Probleme durch sachliche Auseinandersetzungen zukunftsweisend zu bewältigen, gar wenn er seinen persönlichen Glücksanspruch überhaupt nicht mehr erfüllt sieht, landet schließlich beim Scheidungsrichter. Das erfordert zwar häufig eine gehörige Portion Selbstüberwindung, ist jedoch allemal besser als fortwährend die augenscheinliche Hölle auf Erden. Dabei sind freilich Kinder, die ja erst den besonderen Sinn und Wert einer Familie ausmachen, so oder so am schlimmsten betroffen. Eigentlich müsste stets ihr Wohlergehen unser Handeln erstrangig bestimmen, auch das der gesamten Öffentlichkeit. Allein der schnöde Alltag belehrt uns oftmals entgegengesetzt. Dessen ungeachtet finden sich vereinzelt löbliche Ausnahmen, die wir dann etwas verwundert und daher mit sichtlichem Erstaunen sowie verstecktem Neid zur Kenntnis nehmen, denn sie begegnen uns schon fast exotisch.
Einen derart rühmlichen Segensfall bildete die familiäre Bande unseres geheimnisvollen Abel mit seiner fabelhaften Ulrike. Dieses seltene Urteil treffe ich erneut sehr gern und gleichermaßen voller Überzeugung, denn es gründet sich auf meine jahrzehntelange Erfahrung aus tiefster freundschaftlicher Verbundenheit mit jener bewunderungswürdigen Gemeinschaft, deren innere Harmonie sicherlich auch mir völlig unglaubhaft vorkäme, hätte ich sie nicht selbst tausendfach miterlebt. Hierzu betonte Abel wiederholt, dass er vermutlich zu den wenigen gehöre, denen das private Glück überaus hold sei. Und mit stolzem Verweis auf sein „edles Weibchen“, wie er sich gelegentlich achtungsvoll und dankbar ausdrückte, vernahm ich einige Male und stets äußerst beeindruckt den zauberhaft schönen Satz von ihm: „Wenn es jemals das Göttliche personifiziert auf Erden gibt, dann in Gestalt einer geliebten Frau.“ Doch all das ist für ihn Geschichte, denn mittlerweile hat sein Schicksal ungeheuer hart zugeschlagen, wie uns bereits in dieser Erzählung vertraulich mitgeteilt wurde.
Nachdem seine faszinierende Weggefährtin, die er ununterbrochen leidenschaftlich verehrte, vor einiger Zeit plötzlich einer heimtückischen Bluttat zum Opfer fiel, geriet er zunehmend aus seiner gewohnten Lebensbahn. Inzwischen erscheint mir Abel charakterlich derart verändert, als hätte ihn das furchtbare Ereignis schon beinahe zu einer anderen Persönlichkeit umgeformt, die mich nur durch ihre äußere Hülle noch halbwegs an sein vormaliges Auftreten erinnert. Vielleicht hat das außer mir bislang noch keiner so deutlich bemerkt. Aber ich kenne ihn viel zu gut, um möglicherweise seine geistig-psychische Wandlung nicht zu vernehmen. Anfangs hielt ich das für fast normal, weil ich einfach davon ausging, dass der tragische Verlust eines besonders nahestehenden Menschen von niemandem leicht zu bewältigen ist und folglich auch er ungemein schmerzhafte Seelenqualen durchleiden müsse.
Wie man den einschlägigen Quellen entnimmt und zuweilen auch durch eigenes Erleben bestätigt findet, gibt es verschiedene Phasen des
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