Das Elbmonster (German Edition)
„Offenbarung“ allmählich im Hintergrund verschwand, gleichsam, wenn ein Nebelstreifen sich merklich auflöst. Und dann erschienen zu meinem blanken Entsetzen an derselben Stelle die zwei Vokabeln „Abels Orakel“, wobei sich der Buchstabe O ein weiteres Mal zum Ying/Yang-Zeichen formte.
Ich war wie von Sinnen. Das Herz bebte, und mein Verstand geriet vollends durcheinander. Pure Angst nahm mich in Besitz und ließ mich nicht wieder los.
War nunmehr die Zeit gekommen, wo sich Abels düstere Prophezeiung vom Mai 1948 endlich bewahrheiten sollte? Während unserer gemeinsamen Zugfahrt von Ungarn nach Deutschland hatte er doch orakelhaft vorausgesagt, dass irgendwann, selbst wenn Jahrzehnte vergehen sollten, einer von uns beiden den anderen töten werde, ähnlich der biblischen Legende vom Brudermord.
Fassungslos starrte ich auf den metaphorischen Ausdruck am Fuße der Albrechtsburg. Wie gelähmt saß ich in jeder Beziehung regungslos auf der Bank, absolut unfähig, auf die eine oder andere Art zu reagieren. Mit ziemlicher Sicherheit erwachte derweil in meinem Unterbewusstsein ein besonders makabrer Gedanke, der mir eindeutig nahelegte, ich müsse binnen kurzer Frist vom irdischen Paradies unwiderruflich Abschied nehmen. Meine Stunde habe endgültig geschlagen. Daher gebe es keinerlei Pardon. So oder ähnlich werden die Spukgestalten in meinen Hirnzellen rumort haben.
Vielleicht dauerte es nur einige Sekunden, möglicherweise auch Minuten, als mir gesprochene Laute ins Gehöhr drangen, erst sehr leise und kaum verständlich, doch bald spürbar lauter und ebenso klar artikuliert. Es war Abel, der mich mit behutsamen Worten wieder aus dem Trancezustand holte, wodurch sich meine Benommenheit langsam entfernte. Dem Vernehmen nach durchschaute er prompt meine schier ausweglose Lage und die mentale Ohnmacht, in die ich mich quasi selbst hineinmanövriert hatte, denn er sagte: „Nein, so weit ist es noch nicht, mein lieber Kai. Wir haben nämlich noch einiges zu bewältigen, du auf deine Weise, worüber ich dich gleich ausführlich informiere. Ich hingegen muss mich danach sputen, den Häschern, die nunmehr bestimmt überall emsig nach mir suchen, geschickt zu entrinnen.“, lautete seine auffällige Äußerung, die mich erneut frösteln ließ.
Offensichtlich erkannte er die ungemein brenzlige Situation, in der ich mich befand. Dessen ungeachtet folgte bald darauf der bereits mehrfach erwähnte „Teufelsauftrag“, den ich bedingungslos ausführen musste, koste es, was es wolle. Es gab kein Entrinnen.
Dies wiederum bedeutet: Das abschließende Gefecht zwischen Abel und mir steht uns noch bevor. Wird es für einen oder gar für beide tödlich enden? Da ich kein Prophet bin, vermag ich darauf bis auf Weiteres nicht zu antworten.
Seit jener denkwürdigen Begegnung mit meinem brüderlichen Weggefährten zu Christi Himmelfahrt 2011 gibt es für mich überhaupt keinen Zweifel mehr daran, dass sämtliche mysteriösen Todesfälle in Meißen allein auf sein Konto gehen, zumal er mir sein okkultes Geheimnis damals vorbehaltlos anvertraute.
Während des Treffens, das zwischen uns einstweilen das letzte war, berichtete mir Abel erstmals offenherzig von einer geradezu diabolischen Veranlagung: Er könne durch höchste Konzentration auf die Bündelung seiner geistigen und psychischen Kräfte sowie deren Strahlkraft über die Augen seine geplanten Opfer bis hin zum unfreiwilligen Exitus treiben, ohne sie direkt zu berühren.
Verbirgt sich dahinter womöglich eine Art elektromagnetisches Kraftfeld, das unter bestimmten Voraussetzungen in unserem Körper erzeugt wird, wovon jedoch die meisten Menschen überhaupt nichts spüren, es selbst gar nicht erst wahrnehmen, weil es außerordentlich schwach ist?
Der Quantenphysiker Hans-Peter Dürr, ehemaliger Direktor des Max-Planck-Instituts für Physik und Astrophysik in München, meinte in der Wissenschaftszeitschrift „PM“: „Für mich besteht kein Zweifel mehr, dass der Effekt existiert. Die Frage jedoch ist: Warum kommt er zustande.“ Er spricht von „Biophotonen“, Lichtquanten im UV-Bereich, die gewisse Signale aussenden könnten.
Damit wäre natürlich Abels singuläre Eigenschaft in keiner Weise zu erklären. Ohnehin lehnen bislang nahezu alle Forscher weltweit solcherart Interpretationen von mysteriösen Vorgängen als reinen Humbug ab, wobei einschlägige Autoren nicht nur scharf kritisiert, sondern mitunter auch der Lächerlichkeit preisgegeben
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