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Das elektronische Glück

Titel: Das elektronische Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dieverse Autoren
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Gefangenen versucht mit der Schulter nachzuhelfen. Zu spät. Der Aufseher kommt heran.
     »Was ist?«
     »Nichts.«
     »Dann mach schon, vorwärts!«
     Das Menschlein ruckt wieder an. Vergebens. Die Anstrengung übersteigt seine Kräfte und es muß husten, hält dabei die Hand vor den Mund.
     Der Aufseher wartet, bis der Anfall vorüber ist.
     »Zeig deine Hand.«
     Die Faust öffnet sich. Blut.
     »So… Dreh dich um.«
     Auf dem Rücken des Häftlingskittels steht eine Nummer. Der Aufseher schreibt sie in sein Buch.
     »Zum Arzt!«
     Ein anderer Gefangener tritt an die Stelle des Kranken.
     »Vorwärts!«
     Das gilt beiden, dem, der von jetzt an die Lasten schiebt, und dem, der es nicht mehr kann.
     Der Karren setzt sich in Bewegung.
     »Entschuldigen Sie, Herr, dürfte ich nicht…«
     »Ich sagte, zum Arzt!«
     Der Aufseher schaut dem gekrümmten Rücken nach und überprüft noch einmal seine Notiz, ? ? 15/13264. Alles klar. Ein Dreieck, also Fahnenflucht, das Quadrat für lebenslängliche Haft, Baracke fünfzehn, Gefangener Nummer dreizehntausendzweihundertvierundsechzig. Lebenslänglich. Ganz richtig. Nur geht für den die Zeit hier schon zu Ende. Die Baumwollfelder.
     »Hau-ruck.«

    Poliertes, blitzendes Metall, Glas, diffuses Licht aus Leuchtstoffröhren, eine irgendwie besondere, greifbare, sterile Sauberkeit.
     Die grauen, etwas müden Augen des Mannes im weißen Kittel blicken aufmerksam durch dicke Brillengläser. Hier, in den unterirdischen Lagern der Medena, schätzt man menschliches Leben sehr. Wie auch nicht! Jeder Gefangene hat schließlich, bevor seine Seele vor das oberste Gericht tritt, seine Schuld denen gegenüber zu sühnen, die in den Tiefen des Kosmos eine in der Geschichte beispiellose Schlacht für die führende Rolle ihres Heimatplaneten schlagen. Die Heimat braucht Uran, und jeder Häftling muß ein bestimmtes Soll bringen; deshalb ist sein Leben genausoviel wert wie das kostbare Erz. Leider ist das hier so ein Fall…
     »Zieh dich an!«
     Die langen, mageren Arme zerren hastig den Kittel über den ausgezehrten Körper.
     »Stell dich her!«
     Ein leichter Hebeldruck, und die vordem unantastbare Häftlingsnummer ist von einem roten Kreuz überdeckt. Von jetzt an darf sich der Gefangene ? ? 15/13264 wieder Arp Sumbi nennen. Eine selbstverständliche humanitäre Geste denen gegenüber, die auf die Baumwollfelder müssen.
     Die Felder. Über sie weiß niemand Genaues. Bekannt ist nur, daß man von dort nicht zurückkommt. Gerüchte gehen um, in dem glühendheißen, trockenen Klima werde der menschliche Körper binnen zwanzig Tagen wie dürres Reisig – ein ausgezeichneter Brennstoff für die Öfen des Krematoriums.
     »Da ist deine Arbeitsbefreiung. Geh!«
     Arp Sumbi zeigt die Freistellung dem Posten an der Tür, zur Baracke. Wenig später umgibt ihn der vertraute Karbolgeruch. Die Baracke erinnert an einen Gemeinschaftsabort: überall dieser stechende Karbolgeruch und Kacheln. Die Eintönigkeit der weißen Wände ist nur von einem großformatigen Anschlag unterbrochen: »Auf Flucht steht Tod unter der Folter«. Noch ein Beweis dafür, daß man menschliches Leben hier schätzt, selbst zerstören will man es mit größtmöglicher Wirkung.
     Eine der Wände ähnelt einer riesigen Bienenwabe: die Schlafstätte, unterteilt in einzelne Zellen. Bequem und hygienisch, denn auf dem weißen Platz sieht man den kleinsten Fleck. Komfort bieten die Zellen natürlich nicht. Dies ist ein Zuchthaus und kein Sanatorium, wie die Stimme gern sagt, die die tägliche Psychomassage verabreicht. Die Unterteilung in Zellen läßt auch nachts, wenn die Aufmerksamkeit der Wache geringer ist, keine Möglichkeit für persönliche Kontakte.
     Tagsüber dürfen die Schlafplätze nicht benutzt werden, und Arp Sumbi verbringt die Zeit auf einer Bank. Er denkt an die Baumwollfelder. Gewöhnlich wird alle zwei Wochen ein Transport dorthin zusammengestellt, der Häftlinge aus sämtlichen Lagern mitnimmt. Zwei Tage danach bringt man die Treuen hierher. Das letzte Mal war es vor etwa fünf Tagen, als neben Arps Zelle dieser merkwürdige Typ auftauchte. Irgend so ein Schwachkopf Gestern beim Mittagessen gab er Arp die Hälfte seines Brotes. »Da«, sagte er, »sonst verlierst du noch deine Hosen.« So ein Unikum! Daß einer sein Brot verschenkt, hat Arp bisher von keinem gehört. Der Kerl muß verrückt sein. Abends vorm Schlafen singt er immer. Da hat er den richtigen Platz gefunden!
     Arps

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