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Das Elixier der Unsterblichkeit

Das Elixier der Unsterblichkeit

Titel: Das Elixier der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Gleichmann
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verteilte er in verrückter Verschwendung unter diesen Prostituierten, die von Männern aus der Wiener Aristokratie keines Blickes gewürdigt worden wären, Diamanten, Rubine und Edelsteine, die in jedem Provinzmuseum hätten glänzen können.
    Vielleicht lag es am Alkohol, der ständig in Rudolfs Adern zirkulierte, dass er sich nicht wusch und rasierte. Außerdem liebte er zuckerhaltiges Sahnegebäck, was dazu führte, dass er über dreißig Kilo zunahm und aufgrund seiner Fettleibigkeit kaum noch wiederzuerkennen war.
    Wenn er sich nicht in Bordellen verlustierte, verbrachte er seine Zeit mit Schmugglern und Falschspielern, die von der ungarischen Gendarmerie gesucht wurden. Wie lichtscheu diese Typen waren, erkannte er erst, als er in ihrer Gesellschaft den größten Teil seines väterlichen Erbes beim Kartenspiel verloren hatte.
    Mutter und Schwestern konnten ihren Abscheu angesichts von Rudolfs Trunksucht und seines entsetzlichen Benehmens nicht verbergen. Wenn sie ihn anflehten, mit dem Trinken aufzuhören, entgegnete er, sie sollten zur Hölle fahren. Anschließend kürzte er drastisch den Unterhalt für die drei Frauen.
    Der Bischof des Burgenlands versuchte ihn mit sinnreicher priesterlicher Überredungskunst zur Besinnung zu bringen. Aber Rudolf lachte nur und gestand amüsiert, er habe von Arabella als letzte Erinnerung eine Portion Syphilis mitbekommen.
    Seine Pflichten als Schlossherr vernachlässigte er völlig. Das Gut war wie verwandelt und in Verfall begriffen. Dennoch wagte es keiner, ihn zu kritisieren. Er war der Alleinherrscher, sein Wille war Gesetz. Obwohl er physisch heruntergekommen und schwer alkoholisiert war und kein Geld hatte, verfügte er als Prinz über eine Ausstrahlung von Reichtum und Macht. Man musste seinem geringsten Wink Folge leisten, dieses Wissen hatten die Leute auf dem Gut von Generationen von Leibeigenen geerbt.
NEUE STRÖMUNGEN
    Im März 1848 verschärfte sich die Unruhe in der Gesellschaft. Die Atmosphäre war von Aufruhr geprägt. Eine neue Epoche wurde aus der Taufe gehoben, die Ära des modernen Klassenkampfs. Die Menschen in Wien erhoben sich und demonstrierten. Im einen Augenblick waren sie Bürger, im nächsten Revolutionäre. Pflastersteine flogen. Fenster gingen zu Bruch. Öffentliche Gebäude wurden demoliert. Auf den Straßen floss Blut. Die Massen drängten vorwärts, stellten Forderungen. Es kam zu Chaos und Gewalt, als das Volk sein Los zu verbessern suchte. Der Zorn richtete sich gegen die herrschende Weltordnung. Die Macht geriet ins Wanken.
    Szenen wie die in den Straßen Wiens spielten sich überall in Europa ab. Ein rätselhafter Funke sprang von einer Stadt auf die nächste über. Der Aufruhr gegen das Establishment fand in Paris, München, Mailand, Budapest statt. Der Vormarsch der Massen konnte nur mit militärischer Gewalt aufgehalten werden.
    Obwohl Biederhof nur vierzig Kilometer von Wien entfernt lag, herrschte hier eine eigentümliche Ruhe. Zwar erreichte das Echo der politischen Turbulenzen auch das Schloss der Familie zu Biederstern, zwar war den Arbeitern klar, dass die in der Hauptstadt erhobenen Forderungen nach Reformen zu einem anschwellenden Strom wurden und die Klassengegensätze sich ausweiteten, aber die Leute hier zeigten wenig Interesse für die Einzelheiten und versuchten nicht ernsthaft, die Zeichen der Zukunft zu verstehen.
    Kaiser Ferdinand erlebte die Revolution als äußerst unangenehm. Seine zunehmende Angst zeigte sich in einer immer schieferen Haltung. Seine epileptischen Anfälle mehrten sich. An einem dunklen und trostlosen Tag, als ihn die Nachricht erreichte, dass Krawallmacher im Schloss Schönbrunn Fenster zerschlagen hätten, floh er Hals über Kopf aus Wien in die ländliche Kleinstadt Olmütz in Nordmähren. Damit seine Flucht nicht als Kapitulation vor den revoltierenden Massen verstanden werden sollte, dankte Ferdinand ab und bat seinen achtzehnjährigen Neffen, an seine Stelle zu treten, ohne dass er sich mit denen, die das Land tatsächlich regierten, abgesprochen hätte. Von skeptischen Blicken begleitet, bestieg Franz Joseph I. in einer äußerst heiklen politischen Lage den Thron.
    Konservative Adlige hielten den neuen habsburgischen Herrscher für einen unkundigen und leichtgewichtigen Jungspund. Sie glaubten nicht, dass er imstande sein würde, den Aufruhr niederzuschlagen und das Reich zu regieren. Sogar eine Reihe altvertrauter Bediensteter bei Hofe glaubte, es sei ein Unglück, dass Franz Joseph Kaiser

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