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Das Elixier der Unsterblichkeit

Das Elixier der Unsterblichkeit

Titel: Das Elixier der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Gleichmann
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gigantischen Nase – als ältester Sohn erbte er auch das Kleinod der Familie,
Das Elixier der Unsterblichkeit
, und führte auf seine Weise unser mächtiges Erbe weiter.
    Doch es ist selbstverständlich, dass ich auch von den anderen Geschwistern erzähle, die in einer Familie mit starkem Zusammenhalt aufwuchsen und dennoch sehr unterschiedlich waren. Dass sie als Erwachsene weit voneinander entfernt und gleichsam in verschiedenen Welten lebten, war nicht nur der Verschiedenheit ihrer Charaktere, Ambitionen und Begabungen geschuldet, sondern auch dem raschen Wandel der Gesellschaft. Doch es hatte auch mit einem merkwürdigen Zug zu tun, der, wie ich glaube, allen eigen war, die den Nachnamen Spinoza trugen, seit undenklichen Zeiten. Die Familienbande waren immer wichtig für uns gewesen, doch nur so lange, wie man sich im Rahmen des Schicklichen hielt. Sobald jemand sich Unregelmäßigkeiten oder Skandale zuschulden kommen ließ, vom rechten Glauben abwich oder eine Ehe einging, die als nicht standesgemäß betrachtet wurde, reagierten alle mit Schweigen, kehrten dem Betreffenden den Rücken und stießen ihn aus der Gemeinschaft aus, als hätte er niemals existiert.
    Nikolaus trat in die Fußstapfen seines Vaters. Schon als Kind interessierte er sich fast ausschließlich für Zahlen. Seinen Geschwistern, die Mathematik trocken fanden, fiel es schwer, diese Einseitigkeit zu verstehen. Nach Handelsstudien bekam er eine Anstellung bei der Rothschild Bank. Trotz seiner Ergebenheit und seinem Respekt für den Vater wusste er schon früh, dass sie von unterschiedlichen Motivationen getrieben waren. Es war nicht das Geld, das Jakobs Phantasie anfachte, sondern die Denkarbeit, das Finden neuer Lösungen für wirtschaftliche Probleme, die niemand zuvor entdeckt hatte. Für Nikolaus bekam die Arbeit in der Bank allein dadurch ihren Sinn, dass er hoffte, vermögend zu werden. Seine Anstrengungen unter der Leitung des Vaters zeitigten rasche Ergebnisse. Er übernahm den Chefsessel im Wiener Büro, bevor er dreißig Jahre alt war. Er war ein ansehnlicher junger Mann, wohlhabend, gewöhnt an das gute Leben, stets von einer Schar schöner Frauen umgeben. Er hatte nicht im Sinn, das Junggesellendasein aufzugeben, bis er die jüngste Tochter eines böhmischen Barons kennenlernte.
    Beatrice war eine liebenswerte, rundliche Achtzehnjährige, die ein wenig hinkte, da ihr eines Bein kürzer war als das andere, jedoch hatte sie Brüste, die die Nymphen des Olymps hätten neidisch werden lassen. Er verliebte sich auf der Stelle in sie, der Duft ihres Haars und ihre warme Haut berauschten ihn – fast in gleichem Maße wie der Reichtum ihres Vaters. Beatrice fiel es ebenfalls nicht schwer, diesem Freier ihr Jawort zu geben. Mit Hilfe geschickter Manipulationen war es Nikolaus gelungen, die Geschwister hinters Licht zu führen und das hinterlassene Erbe des Vaters mit Beschlag zu belegen. Mit diesem Geld, das er mit einem größeren Kredit seines Schwiegervaters aufstockte, kaufte er die Österreichische Credit-Anstalt für Handel und Gewerbe der Rothschilds auf. Er nannte sie Credit-Anstalt, und zehn Jahre später besaß er eines der renommiertesten Finanzinstitute des Kontinents. Nikolaus wurde von Kaiser Franz Joseph geadelt und verkehrte in den feinsten Kreisen der Doppelmonarchie. Er war auch ein gefragter Gast in den ersten Salons von Paris, London und Berlin. So erlebte unsere Familie, nach zahlreichen Niederlagen, eine kurze Ausflugsfahrt auf der Welle des Erfolgs. Unser Name wurde von vornehmen Persönlichkeiten in ganz Europa mit Achtung ausgesprochen. Aber wir hatten die Seite gewechselt. Wir wurden nicht mehr als Philosophen und Schriftsteller geachtet, sondern wir waren durch Jakob und Nikolaus zu Hohepriestern im Tempel des Mammons geworden. Mit den Jahren zeigte Nikolaus sich immer mehr von den Errungenschaften der Technik fasziniert, die die Welt verändern würde, und investierte in großangelegte industrielle Projekte. Hemmungslos optimistisch und zukunftsgläubig, ließ er sich auf ein kolossales Projekt ein und bewilligte der britischen White Star Line einen Kredit, als die Reederei drei neue Passagierschiffe bestellte. Die Titanic, die Olympic und die Britannic sollten die Schiffe mit den größten Maschinenleistungen und höchsten Geschwindigkeiten ihrer Zeit werden und all ihre Rivalen auch in Bezug auf Luxus und Pracht in den Schatten stellen.
    Als die Titanic zu ihrer Jungfernfahrt auslaufen sollte, luden Nikolaus

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