Das Ende Der Ausreden
ziehen. Und sie ausprobieren. Üben, üben, üben. Nur die beharrliche Wiederholung kann etwas ausrichten und Ihr Verhaltensrepertoire erweitern.
Das klingt ziemlich anstrengend. Natürlich wäre es schön: so ein Blitz, der durch unser Leben fährt, und alles ist neu. Ich fürchte nur, das wird nicht passieren. Ich halte es auch nicht für praktisch, darauf zu warten. Also: Freunden wir uns damit an, dass die Entwicklung unserer Persönlichkeit und die Rückkehr zum Selbst keine Sache von Wochen oder Monaten ist, sondern dass es das Projekt unseres weiteren Lebens sein wird. Und lassen Sie es uns in Liebe und Entschlossenheit angehen.
24 Lieblingsgefühle: Wie Sie verhindern können, dass aus Erwartungen Ent täuschunge nwerden
Wenn Sie, wie im vorherigen Kapitel beschrieben, ein typisches Verhalten verändern, spüren Sie Widerstand, der sich in Gestalt manchmal heftiger alter Gefühle äußert. Nur wenn Sie sich davon nicht ins Bockshorn oder in die Bequemlichkeit jagen lassen, können Sie gewinnen.
Grundsätzlich spielen die gelernten Gefühle eine wichtige Rolle für Ihre Entwicklung in die Reife oder in die Eskalation. Einen veränderten Umgang mit diesen Gefühlen zu finden, ist deshalb ein zweiter Ansatzpunkt, Ihr Muster zu flexibilisieren.
Jeder von uns reagiert, wenn ihm etwas querkommt, bevorzugt mit sogenannten Lieblingsgefühlen. Diese heißen nicht etwa so, weil wir sie besonders gerne haben, sondern, weil wir sie besonders leicht und oft bekommen. Leonhard Schlegel, ein Schweizer Psychotherapeut und Dozent, spricht auch von der »vertrauten Verstimmung«, die wir seit Kindertagen kennen und in die wir in kritischen Situationen reflexhaft verfallen. Statt zu handeln, um die Situation zu verbessern, geben wir uns ihnen hin, beinahe schwelgen wir darin. Bei aufmerksamer Selbstbeobachtung, schreibt Schlegel, kann man eine Art masochistischen Lustgewinn wahrnehmen: Ich tue mir zwar leid, bin voller Vorwürfe, spüre Unwohlsein oder Trotz – aber es sind vertraute Empfindungen, und sie sind mit der Erwartung verknüpft, dass andere handeln müssen.
Unsere Lieblingsgefühle beweisen scheinbar, dass wir im Recht sind
Diese Gefühle sind Teil unseres Rechthabenprogramms: Indem wir sie offen ausdrücken oder ostentativ(!) unterdrücken, meinen wir den Beweis anzutreten, dass wir im Recht und die anderen im Unrecht sind. »Er hat mich so verletzt!!!« Das muss man nicht weiter ausführen; das Mitgefühl bitte auf mein Konto überweisen!
Es ist hilfreich, sich klarzumachen, dass diese Empfindungen aus der großen Schublade der gelernten Gefühle eine eben solche Routine darstellen wie unsere typischen Verhaltensweisen, wie impulsives Handeln für den einen und verzögertes Reagieren für den anderen. Und es ist heilsam, eine heitere Distanz zu dem aufzubauen, was sich uns da innerlich scheinbar unvermeidlich aufdrängt.
Manche sind schnell empört, wenn sie meinen, dass man ihnen etwas vorenthält, was ihnen zusteht; andere leicht gekränkt, weil sich mal wieder erweist, dass man sie nicht ausreichend schätzt oder ihre Anstrengungen würdigt. Viele sind mehr als einmal pro Tag enttäuscht, dass nur sie selbst sich so verhalten, wie »man« es tun sollte … Wieder andere nehmen übel, dass man nicht erraten hat, welche Wünsche sie im Herzen tragen, andere haben so eine Art Dauerweltschmerz, und wieder andere sind so schnell beleidigt, dass man kaum mitkommt. Viele bekommen sofort ein schlechtes Gewissen, wenn sie meinen, nicht genug für das Wohlbefinden anderer getan zu haben. Und manche schalten innerlich ab und bemerken gar nicht, was sie empfinden. Sie versuchen, etwas angeblich auf der Sachebene durchzukämpfen, was aber – für die anderen – erkennbar hoch emotional unterfüttert ist.
Was auch immer es für ein Gefühl sein mag, das wir automatisch produzieren: Wir sollten uns in Ruhe anschauen, wie wir das machen und wozu. Und was es für Alternativen gäbe. Der Haken mit den Lieblingsgefühlen ist nämlich, dass sie uns nicht aus dem Muster heraus- und der Erfüllung unserer Wünsche näher bringen, sondern mit dazu beitragen, dass wir genau nicht bekommen, was wir möchten.
Mit dem Lieblingsgefühl treten wir auf der Stelle
Wer blitzartig ärgerlich ist, wird es immer wieder bestätigt sehen, dass er dazu guten Grund hat.
Ein Mann kommt im Hotel am Urlaubsort an, will sein Zimmer beziehen und stellt fest, dass es seinen Vorstellungen nicht genügt. Es ist kleiner und weniger
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