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Das Ende der Geschichten (German Edition)

Das Ende der Geschichten (German Edition)

Titel: Das Ende der Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
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Explosionen. «Ist dies das Ende von Atlantis?», fragte die Stimme des Kommentators aus dem Off. Dann folgte die Werbepause.
    «Ein Glück, dass sie damals schon Videokameras hatten, nicht?», bemerkte ich.
    «Das ist eine Rekonstruktion», sagte Christopher.
    «Ich weiß. Das sollte ein Witz sein.»
    «Ist mir schon klar.» Er drehte sich zu mir um. «Wo gehst du hin?»
    «Medikamente für dich besorgen. Außerdem muss ich mit dem Hund raus. Sie kann etwas Bewegung vertragen. Und ich brauche auch frische Luft.»
    B. hatte fast eine Stunde lang schlafend im Sessel gelegen, den Tennisball dicht neben der Schnauze. Doch kaum hatte ich den Abwasch beendet, war sie aufgesprungen und folgte mir seither auf Schritt und Tritt. Jetzt stand sie an der Tür, den Ball zwischen den Zähnen, und sah zwischen mir und Christopher hin und her. Ich hustete ein paar Mal.
    «Hast du was in dem Buch gefunden?»
    «Ja, ich glaube schon. Wahrscheinlich ist es nicht ganz leicht zu finden, aber ich tue mein Bestes.»
    «Bleib nicht zu lange weg, Babe. Ich komme hier nicht alleine klar.»
    «Ich beeile mich.»
    Er lächelte schwach. «Danke, dass du dich um mich kümmerst. Es tut mir leid, dass ich so schrecklich bin.»
    «Schon gut», sagte ich. «Tut es denn noch sehr weh?»
    «Wenn ich nicht daran denke, ist es besser.»
    «Na, dann lasse ich dich jetzt mal herausfinden, ob die Atlanter tatsächlich Stonehenge erbaut haben und ob die Lemminge wirklich versuchen, dorthin zurückzufinden, wenn sie sich von den Klippen stürzen.»
    «Mach dich nicht darüber lustig. Mir gefällt das. Ich fühle mich besser dabei.»
    Was war ich bloß für eine Spaßverderberin. Und von dem Geld hatte ich ihm immer noch nicht erzählt.
    ***
    Im Wagen schaltete ich den örtlichen Radiosender ein. Die Bestie vom Dartmoor beherrschte immer noch die Nachrichten, und der Moderator war gerade mitten im Gespräch mit einem Historiker von der Universität Exeter, das sich um frühere Bestien in Devon drehte. Hoffentlich hörte Tim das auch. Der Professor erzählte von den berühmt-berüchtigten Fußspuren des Teufels, den Spuren eines nicht identifizierbaren Tieres, die in der Nacht zum 8. Februar 1855 im Schnee entdeckt worden waren. Die Spuren erinnerten an einen Esel, allerdings mit gespaltenem Huf, stammten offenbar von einem einzelnen Tier und führten über eine Strecke von mehr als dreißig Kilometern hinweg von Exmouth nach Lympstone, Powderham, Starcross, Dawlish, Teignmouth und Totnes. Das unbekannte Geschöpf erklomm Dächer und schien Mauern und Heuschober zu durchqueren. In den damaligen Zeitungen, vor allem in der Illustrated London News , rief der Fund heftigste Spekulationen hervor. Man vermutete, die Spuren müssten von einem Dachs stammen, von einem Vogel oder gar von einem der beiden Kängurus, die kurz zuvor in der Gegend entwichen waren. Dem Historiker zufolge war der Fall nie zufriedenstellend aufgeklärt worden.
    «Dann weiß also niemand, was tatsächlich passiert ist?», fragte der Moderator.
    «So ist es. Die bisher überzeugendste Variante besagt, dass die Fußspuren von ein paar Witzbolden stammen.»
    «Wie, einfach nur ein paar Leute, die sich einen Spaß erlauben wollten?»
    «Genau. Allerdings fanden sich keine menschlichen Fußspuren in der Nähe. Vielleicht haben sich die Scherzkekse ja Spezialschuhe anfertigen lassen. Wer weiß? In jedem Fall ist es aber interessant, dass just am Abend des 7. Februar in der Useful Knowledge Society in Teignmouth ein gewisser Mr. Plumtre aus Dawlish einen Vortrag hielt. Das Thema lautete ‹Vom Einfluss des Aberglaubens auf die Naturgeschichte›. G. A. Household, einer der wenigen führenden Experten für diese Thematik, bezeichnet das als ein ‹außerordentliches Zusammentreffen von ungewöhnlichen Umständen›. Auch mir erscheint es sehr wahrscheinlich, dass zwischen diesem Vortrag und den Spuren ein Zusammenhang besteht, bisher fehlen mir allerdings noch die Belege, um welche Art Zusammenhang es sich handeln könnte.»
    «Und diese Bestie, die jetzt auf dem Dartmoor ihr Unwesen treiben soll – glauben Sie, die ist auch nur ein dummer Streich? Eine Erfindung?»
    «Nichts ist unmöglich.»
    ***
    Slapton Sands lag verlassen da, bis auf ein paar Fischer in schwarzen Regenmänteln und einen Mann, der ein kleines, gelbes Fischerboot schrubbte. Am diesigen Horizont konnte ich die schwärzlichen Silhouetten gewaltiger Schiffe ausmachen. Ich parkte in der Nähe von Torcross und ging dann mit B.

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