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Das Ende der Geschichten (German Edition)

Das Ende der Geschichten (German Edition)

Titel: Das Ende der Geschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scarlett Thomas
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geht auch viel daneben, es ist nur nicht ganz so offensichtlich. Kein Mensch kauft meine Bücher. Aber es geht doch nicht nur um Erfolg im Leben. Wir müssen nicht alle so sein wie Rosa Cooper. Es reicht auch schon, einfach nur zu sein. Und genau das machen wir beide doch, nicht?»
    «Ich will einfach nur ein ehrliches Leben führen, Babe. Mehr will ich gar nicht. Sparen, vielleicht irgendwo ein billiges Stück Land kaufen. Wir könnten einen Hof haben, uns von dem ernähren, was wir anbauen. Dann spielt alles andere gar keine Rolle mehr. Das willst du doch auch noch, oder?»
    «Ja, schon. Aber …»
    «Was aber?»
    «In letzter Zeit verschließt du dich so vor mir. Wir müssen mehr miteinander reden, vielleicht nicht immer so übertrieben kritisch miteinander sein. Können wir das nicht einfach mal eine Zeit lang versuchen und sehen, wie wir damit zurechtkommen? Wenn wir tatsächlich zusammen einen Hof bewirtschaften wollen, müssen wir mit diesen dummen Streitereien aufhören und dürfen auch nicht immer so frostig miteinander umgehen.»
    Obwohl ich es nicht aussprach, musste ich plötzlich daran denken, wie es war, die zweite Fassung eines Romans zu schreiben. Genau das brauchten wir: eine zweite Fassung unserer Beziehung, in der sämtliche Konflikte in den ersten Akt verbannt blieben und alles, was zwischen uns nicht stimmte, zu einem Hindernis wurde, das wir bereits überwunden hatten. Wir würden nicht trotz, sondern gerade wegen all dieser Dinge glücklich und in Frieden weiterleben. Würde ich es mit Christopher auf einem Hof aushalten, wenn wir uns nicht mehr stritten? Wenn er vielleicht anfing, Bücher zu lesen? Womöglich musste man einfach noch ein bisschen an seiner Persönlichkeit feilen. Oder an meiner. Christopher hatte nie allzu großes Interesse an Sex gezeigt, aber früher hatte ich von Zeit zu Zeit die Initiative ergriffen. Seit ich Rowan geküsst hatte, war ich dazu nicht mehr in der Lage. Wie sollten wir damit umgehen?
    Christopher fing wieder an zu weinen. «Ich bin ein Ungeheuer. Scheiße. Ich dachte, ich wäre keins, aber ich bin eins. Kannst du mir verzeihen, Babe? Manchmal kann ich ein richtiger Arsch sein, aber ich liebe dich doch.»
    «Sch-sch. Schon gut.»
    «Ich hab dich gar nicht verdient.»
    «Red keinen Unsinn.»
    Ich musste gähnen. Dann hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich gegähnt hatte. Doch nichts geschah. Christopher machte mir keine Vorwürfe, weil ich ihn nicht ernst nahm oder völlig grundlos müde war. Stattdessen beugte er sich zu mir und küsste mich auf die Wange.
    «Du bist müde», sagte er. «Gehen wir ins Bett.»
    Mein ganzes Leben lang hatte ich nie den Ausdruck «miteinander schlafen» oder gar «sich lieben» für Sex verwendet. Das war mir irgendwann selbst an mir aufgefallen, und ich hatte es mir nicht erklären können. Natürlich hatte ich schon Freunde gehabt, die das eine oder andere verwendeten, doch ich sprach immer nur von «Sex haben» oder «vögeln». Hing das damit zusammen, dass die anderen Bezeichnungen mir zu sehr nach der rührseligen Hippie-Jugend meiner Eltern klangen? In dunkleren Momenten fragte ich mich, ob es nicht schlicht und einfach daran lag, dass ich noch nie richtig geliebt hatte. Manchmal beschrieb mir Libby ihre Gefühle für Mark, und ich verstand das einfach nicht. Offenbar wollte sie ihn, ganz unabhängig davon, was er ihr geben konnte. Sex, wenn er gut lief, war für mich ein körperliches Vergnügen, etwa so wie Essen oder Sport oder auch Niesen. An diesem Abend verbrauchten wir allein schon drei Kondome, bevor wir überhaupt anfangen konnten. Christopher konnte Kondome nicht leiden, weil es ihm immer Schwierigkeiten machte, sie richtig überzustreifen, und ich mochte sie auch nicht besonders. Aber da wir so gut wie nie Sex hatten, lohnten sich andere Verhütungsmethoden irgendwie nicht. Schließlich schaffte ich es, dass ein Kondom an seinem Platz blieb, und Christopher zog mich auf sich und stocherte ein Weilchen auf der Suche nach einem Eingang herum. «Du bist nicht feucht genug, Babe», meinte er, und da tat ich etwas, was ich nie hatte tun wollen: Ich dachte an Rowan, bis mein Körper so reagierte, wie es von ihm erwartet wurde. Und dann hatten wir Sex.
    Hinterher stand ich auf, ging in die Küche und holte den Kakao aus dem Schrank. Dann wurde mir klar, dass ich mich regelrecht ekelte, als wäre Christopher ein Wildfremder, mit dem ich gerade bei einer Party auf dem Klo gevögelt hatte, während mein eigentlicher

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