Das Ende der Nacht: Horror-Roman
einem billigen Horrorfilm aus und ich muss nicht mal kotzen.“
„Ich auch nicht. Wir sind scheiße abgehärtet.“
„Ja, durch diese Filme, oder?“
Michelle zuckte mit den Schultern.
„Hat sich ja gelohnt, finde ich. Wenn so was dabei heraus kommt.“
„Wo fangen wir an? Wo fangen wir Gott verdammt nochmal an, sauber zu machen?“
Sie sahen sich an und konnten nicht anders. Die nächsten Minuten verbrachten sie lachend, bis ihre Bäuche schmerzten. Michelle bemerkte nicht einmal, was wirklich an und in ihrem Körper weh tat, und spürte nur diesen Impuls, alles hinaus zu lachen. Den Wahnsinn dieser Nacht. Als sie sich etwas gefangen hatten, sagte sie: „Wir sollten die Jungs erst einmal in den Keller bringen“.
„Warum informieren wir eigentlich nicht die Bullen?“ fragte Christina und antwortete sogleich selbst: „Weil die nachher noch denken, dass wir angefangen haben.“
„Ganz genau. Zwei junge, dynamische Kerle aus angesehenem Elternhaus, am Beginn einer großen Karriere, die hätten so etwas nie getan. Was weiß ich, was die Polizei uns unterstellen würde. Vielleicht sie getötet zu haben, weil wir ihr Geld wollten. Also, keine Frage, Christina, die kommen in den Keller.“
„Muss wohl sein. Und das mit dem Fernseher ist so passiert: Im Suff wollte ich eine DVD einlegen, da ist mir die Hülle hinter den Fernseher gefallen. Ich wollte dahinter greifen und schwupps, hab ich ihn umgestoßen.“
„Na, ob deine Eltern uns das abkaufen?“
„Müssen sie zwangsläufig. Können diese Augen lügen?“
„An die Arbeit“, sagte Michelle und klatschte Christina auf den Hintern. Wieder dieser Impuls zu lachen. Zu lachen und zu schreien. Doch Michelle tat nichts. Sie packte Stevens Arme, wie Christina seine Beine und trugen ihn in den Keller. Sie legten ihn auf den Sandboden, der noch immer unverändert im Keller war, wie an jenem Tag vor zehn Monaten, als Christina und ihre Eltern in dieses Haus eingezogen waren. Erst im Laufe der nächsten Wochen sollten die Steinplatten endlich verlegt werden.
„Ich habe die perfekte Idee, Michelle. Wir vergraben sie gleich hier. Wenn erstmal der neue Boden drauf ist, haben wir nichts mehr zu befürchten.“
Dann gingen sie in das Gästebadezimmer im Erdgeschoss, wuschen sich die Hände und kehrten in den Flur zurück. Christina wollte gerade Maiks Beine packen, als es an der Tür klingelte.
„Wer kann das denn jetzt sein?“, flüsterte Michelle. Gemeinsam schlichen sie zur Haustür. Das macht keinen Sinn, dachte sie, wer auch immer es ist, er sieht doch, dass im ganzen Haus Licht brennt.
„Das können nur die Bullen sein“, sagte Christina, „du schleifst Maik ins Wohnzimmer und ich öffne nur einen Spaltbreit, damit sie nicht in den Flur sehen können.“
Michelle packte Maik an den Füßen und tat, was Christina geraten hatte. Dabei ächzte sie wie ein Totengräber bei der Arbeit. Sie hatte die Leiche gerade losgelassen, als Christina ins Wohnzimmer gerannt kam.
„Es ist Onkel Xaver, verdammt!“
III
„Was machen wir jetzt?“, fragte Michelle, „Ich dachte, dein Onkel ist auf dem Bankett.“
„Das dachte ich auch.“
Das Etwas in Michelle drängte, die Tür zu öffnen. Es würde sich freuen über die Situation. Schaut euch doch an. Ihr seid voll Blut und seht verwirrt aus. Wenn der liebe Kommissar da nicht auf die richtigen Gedanken kommt. Vielleicht solltet ihr mit ihm weitermachen, was ihr mit Steven und Maik angefangen habt.
„Ach, halt die Fresse“, sagte Michelle.
Christina sah sie entgeistert an.
„Was?“
„Ach, nichts“, gab Michelle zurück. Jetzt rede ich schon mit mir selbst, dachte sie. Wieder klingelte es an der Tür. Es wurde Zeit, sich zu entscheiden. „Du öffnest, ich warte hier im Wohnzimmer. Wir können nicht so tun, als wären wir nicht da. Das Licht hat er bestimmt gesehen.“
Christina nickte und ging in den Flur. Michelle folgte ihr bis zum Türabsatz und beobachtete sie. Jetzt will sie dich verraten und ihm sagen, dass du allein für alles verantwortlich bist. Fick dich, dachte sie. Christina legte eine Hand auf den Türknauf und hielt kurz inne. Sie drehte sich zu ihrer Freundin um, atmete tief ein, drehte sich wieder nach vorne und öffnete schließlich. Sie zog die Tür nur einen Spalt auf.
„Guten Abend, Onkel Xaver“, sagte sie.
„Hallo“, hörte Michelle eine angenehme Männerstimme. Sie hatte Christinas Onkel bisher nur wenige Male gesehen und versuchte, sich ein Gesicht
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