Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte
raus und spritzte die hintere Scheibe voll. Früher waren sie zum Einkaufen hergekommen. Costco, Autoersatzteile, Landwirtschaftszubehör. In diese Stadt waren sie gekommen, um sich am Wochenende einen Film anzusehen, wenn in Delta nichts Interessantes lief. Von der Ranch waren beide Städte fast gleich weit entfernt. Sie hatten das Ende nicht miterlebt. Sie und Pops hatten sich auf den Weg gemacht, als die Zustände sich verschlimmerten. Als es noch Fernsehnachrichten gab, als die Nachrichtensprecher Tag für Tag erschöpfter aussahen. Sie waren erschöpft und krank und dann in Todesangst, weil ihre Kollegen auf den provisorischen Grippestationen der Krankenhäuser starben wie die Fliegen, oder weil sie einfach verschwanden, krank waren oder tot. Bis zuletzt kaum noch Moderatoren übrig waren und die Reporter vor Ort, deren Berichte immer panischer wurden, die Kamera auf ein Stativ stellen und sich selbst filmen mussten. Bis ihnen das Chaos das Mikro aus der Hand schlug. Daran konnte ich mich noch erinnern. Am Ende hatten sie nichts anderes mehr zu tun, als mutig gegen das Ende anzusenden, wie eine Kapelle, die an Deck des sinkenden Schiffes spielt. Entweder das, oder man geht gleich nach Hause und stirbt.
Irgendwann zu der Zeit hatten Pops und Cima beschlossen, die Ranch zu verlassen, sie hatten Vieh in den Schwanenhalsauflieger getrieben und dahinter noch einen kleinen Anhänger gehängt, und dann waren sie mitten in der Nacht losgefahren. Mit einem Dutzend Kühen, ebenso vielen Schafen, zwei Reitpferden, zwei australischen Schäferhunden und jeder Menge Vorräten. Allein auf den ersten fünfundzwanzig Kilometern bis zum Highway musste Pops sie durch drei Straßensperren bringen, die sich als Hinterhalt herausstellten, und später in den Cedar Hills erschoss er drei verrückte Spinner. Er hatte mit alldem gerechnet und kein Problem damit gehabt, schließlich war er bewaffnet. Aber die Spinner hatten es geschafft, eines der Pferde und zwei Schafe im Anhänger zu erschießen, woraufhin es Cima und Pops nicht mehr so leicht fiel, einfach so zu tun, als würden sie die Tiere wie jedes Jahr im Mai auf die Bergweide bringen. Auf den letzten zwanzig Kilometern bis zum Canyon ritt er das Pferd und sie fuhr das Quad mit dem kleinen Anhänger voller Geräte und Vorräte. Sie wäre lieber geritten, sie fühlte sich auf dem Geländefahrzeug nicht wohl, aber ihr Vater war besser darin, die Herde vom Pferd aus beisammenzuhalten, unterstützt von den Hunden, die es gewohnt waren, Anweisungen vom Reiter entgegenzunehmen.
Am nächsten Morgen liefen sie flussabwärts bis an die Stelle zurück, wo die einzige Brücke übers Wasser führte, und sie sprengten sie mit Dynamit. Damit machten sie den Weg unpassierbar, außer für Fußgänger und Reiter, und selbst die kämen nur bei Niedrigwasser rüber.
Sie verwischten ihre Spuren so gut sie konnten auf einer Länge von mehreren Kilometern, bevor sie sich über den Pfad am Ufer in die Schlucht zurückzogen. Sie brauchten einen ganzen Tag dafür. Gott sei Dank goss es zwei Tage später wie aus Kübeln.
All das hatte Cima mir im Laufe der letzten drei Wochen erzählt. Ich verstand ihren Schrecken, Grand Junction wiederzusehen. Es war eine Sache, vom Ende der Welt zu hören, eine andere, es mit eigenen Augen zu sehen. Vielleicht sogar zu riechen, wie die alte Heimat sich in ein Schlachtfeld und Leichenhaus verwandelt hatte.
Sie hatte es geschafft, rechtzeitig den Kopf rauszuhalten und nur die hintere Scheibe zu bespritzen, trotzdem fing es im Flugzeug zu stinken an. Ich reichte ihr die Wasserflasche, die immer zwischen den Sitzen steckte, und warf Pops einen verstohlenen Blick zu, um herauszufinden, ob die Aussicht oder der Geruch ihn tangierten. So ist das manchmal auf Schiffen und in Flugzeugen. Den Passagieren ist ohnehin schon schlecht, und wenn dann einer zu kotzen anfängt, kommt es zu einer Kettenreaktion. Aber Pops saß da wie Buddha, ein Lamm auf dem Schoß und eine starke Pranke auf Cimas Schulter. Mit hartem, unbewegtem Gesicht schaute er aus dem Fenster und sah sich alles an.
Das habt ihr zurückgelassen, dachte ich. Der Anblick rechtfertigte ihre Entscheidung, in jener Nacht getürmt zu sein. Rechtfertigung und Entsetzen. Manchmal macht es einfach keinen Spaß, Recht zu bekommen. Wie oft hatte ich in den letzten Jahren über dieses zweifelhafte Vergnügen nachgedacht. Man bekam Recht, und dann – na ja, dann mag man es sich nicht mal mehr ansehen.
Aber es waren nicht
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