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Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte

Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte

Titel: Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Heller
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Loch, genau in der Mitte, das sich durch drei Falten fortsetzte. Ein guter Schuss. Aua. Ich wartete. Eine Minute. Zwei, ich zählte wie sonst beim Warten auf Bangley. Bei zweihundert fragte ich mich, was los war. Bei zweihundertdreiundzwanzig: ein Schuss. Er hallte über den Flughafen wie ein Glockenton. Ein einziger Ton. Er verhallte und starb. Er war aus Pops Gewehr gekommen, ich erkannte das Geräusch. Eine halbe Minute später öffnete sich die Hintertür der Flughafenverwaltung mit einem Quietschen, und Pops winkte mich rüber. Ich rannte los. Er wedelte mit der Hand, wie um mir zu bedeuten: Entspann dich, lass dir Zeit.
    Was zum Teufel? Was ist passiert?
    Das sind Idioten, das ist passiert. Die dicken Fenster da oben im Tower sind kugelsicher. Standard seit dem 11 . September. Aber von irgendwo müssen sie ja schießen. Sie haben Schießscharten. Wie in einer alten Burg. Ich wusste, sobald ich einmal drin bin, habe ich alle Zeit der Welt, um meinen Schuss zu planen.
    Ich glotzte ihn an.
    Du hast den Schützen durch eine Schießscharte erwischt? Durch sein eigenes Zielfernrohr?
    Er schüttelte den Kopf. Nein. Wie sich rausgestellt hat, haben sie zwei Schießscharten – eine oben, so etwa auf Brusthöhe, für Distanzschüsse, und eine unten, die im steilen Winkel direkt unter den Tower führt. Er hat oben rausgeguckt, und ich habe ihn durch die untere erwischt. Wollen wir die Tür eintreten, raufgehen und ihnen einen Besuch abstatten?
    Verdammt, Pops.
    Wer auch immer da oben war, er hatte ihnen von unten in die Röcke geschossen. Durch eine Öffnung von ein paar Zentimetern.
    Oh ja.
    Wir überquerten das Rollfeld. Die schwere Metalltür unten im Tower war grün lackiert. Pops öffnete den Reißverschluss seiner Gürteltasche, zog zwei Stangen Dynamit raus und klebte sie mit Isolierband an.
    Habe ich aufgespart. Für den besonderen Moment.
    Er klebte sie auf die Seite der schweren Metalltür, an der die Angeln saßen, dicht über dem Boden, zündete sie an und wich zurück. Wir rannten und duckten uns hinter das Jet Center. Eine Detonation. Kleine Asphaltbröckchen prasselten gegen die Fenster. Wie wenn ein Laster auf einer Schotterstraße vorbeifährt. Wir trabten zum Tower zurück. Die Tür hing schief in den Angeln und schaukelte im abziehenden Qualm hin und her wie ein trauriges Metronom. Pops stellte sich auf die Schwelle wie ein zögerlicher Bote.
    Gib mir dein Gewehr, sagte er. Wäre das okay?
    Wir tauschten die Waffen.
    Für unseren Plan ist es besser so.
    Ein Reflex: Er zog den Ladehebel zurück, überprüfte die Munition und schaltete in den Kommandomodus um. Er machte das alles nicht zum ersten Mal. Ich konnte es gar nicht erwarten, ihm Bangley vorzustellen. Das dachte ich in dem Moment, ich amüsierte mich noch über die Vorstellung, als Pops mit dem Sturmgewehr im Anschlag die ersten Treppenstufen erklomm und das Treppenhaus sicherte. Die Betonstufen lagen auf einem Stahlgerüst, und ein dumpfes Poltern dröhnte durch den Schacht, als wir raufrannten. Es ging fünf Stockwerke nach oben. Auf jedem Absatz bedeutete er mir, in Deckung zu bleiben und ihm Feuerschutz zu geben, während er zügig die Etage absuchte. Dann ging es weiter. Er beugte sich zu mir rüber und flüsterte heiser in mein Ohr:
    Die Einrichtung ist der Kracher.
    Ich konnte es mir vorstellen. Die oberste Tür, die Tür zum Kontrollraum, war verschlossen. Natürlich. Er zerballerte das Schloss und trat sie auf. Der Gestank war wie ein physisches Hindernis. Ich würgte, spuckte aus. Überall Katzen. Vom Schuss aufgeschreckt flitzten sie über die Instrumententafel der Radaranlage, über die Bedienelemente, standen buckelnd und fauchend vor den toten Flatscreenmonitoren. Schwarze Katzen, Schildpattkatzen, blauäugige Siamesen.
    Der Raum stank nach Katzenpisse und war vom Licht durchflutet, das durch die riesigen, getönten Scheiben einfiel, grünes Licht wie in einem Aquarium. An der Westseite, von wo wir gekommen waren und wo ich einen toten Schützen unter einer Schießscharte vermutete, lag ein Mann am Boden und weinte und würgte. Er hielt sich den Bauch, aus dem die Eingeweide quollen. Das Blut lief aus seinem Rücken zu kleinen Lachen zusammen, verteilte sich als dünnes, gewundenes Rinnsal wie ein Bach. Er war alt, älter als Pops. Sein Bart war weiß, sein langes, verfilztes Haar blutdurchtränkt, wo es auf den Stahlplatten lag. Er musste derjenige sein, der den Funkspruch gesendet hatte, den Funkspruch, den ich vor Jahren

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