Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte
Jahreszeit gerät alles ins Schlingern.
Ich drehe mich zu Jasper um.
Willkommen in Coke City. Diese weiche Landung wurde Ihnen von Bastard Air präsentiert. Bitte schnallen Sie sich nicht ab, bevor das Flugzeug zu einem vollständigen Halt gekommen ist. Bitte seien Sie vorsichtig, wenn Sie die Gepäckfächer öffnen.
Jasper schickt mir einen kurzen, missbilligenden Blick zu und starrt dann wieder stur geradeaus, mit gerunzelter Stirn, wie ein guter Copilot. Während der Arbeit macht er keine Späße. Er weiß, dass wir zum Laster wollen, deswegen lässt er den zwanzig Meter entfernten Anhänger nicht aus den Augen.
Und dann knurrt er. Ganz kurz. Ein leises Grummeln, das seine Lefzen aufbläst.
Ist ja gut, wir sind zu einem vollständigen Halt gekommen. Wir haben keine Gepäckfächer. Nun sei doch nicht so ein Pedant. Du liebe Güte.
Er knurrt jetzt leiser, dafür aber ununterbrochen. Er knurrt im Stehen, und das sonst so glatte Haar in seinem Nacken stellt sich auf. Er hält den Blick starr auf das hintere Ende des Coke-Lasters gerichtet. Die Haare in meinem Nacken richten sich mit einem Kribbeln auf. Ich folge Jaspers Blick. Der weiß lackierte Riegel an der Rückseite des Anhängers steht von der verblichenen, roten Tür ab. Dazwischen ein schwarzer, senkrechter Streifen. Die Türen. Die rechte steht offen. Es ist kaum zu sehen. Der Wind trägt die Witterung von Norden nach Süden die Straße hinunter. In unsere Richtung.
Ohne die Augen vom Laster zu nehmen, greife ich zum Sturmgewehr. Es ist aufrecht in der Kabine installiert, mit dem Lauf nach oben steht es in einer Halterung neben Jaspers Sitz. Gleich neben dem Maschinengewehr. Ich schiebe mit dem Daumen den Schnapper der Klemme zurück und hebe das Gewehr heraus. Freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Bangley.
Okay, mein Junge. Gut gemacht.
Ich flüstere, grundlos.
Okay, komm.
Ich brauche gar nicht erst zu sagen, dass er im Flugzeug bleiben soll. Er würde nicht gehorchen. Nicht in solchen Momenten. Außerdem möchte ich nicht, dass er sich beim Sprung aus dem Cockpit verletzt. Ich öffne meine Tür, hangele mich an der Tragflächenstrebe nach unten, drehe mich um und schaufele Jasper mit einem Arm auf, mit dem rechten, und setze ihn auf dem Asphalt ab, wobei seine Krallen noch in der Luft dem Bodenkontakt entgegenrudern.
Okay. Bei Fuß.
Er hat verstanden. Er kennt den Ablauf. Wir haben die Übung schon zu oft durchgemacht.
Wir sind zwanzig Meter entfernt, vielleicht weniger. Ich fliege mit dem Gewehr in der Halterung, weil ich aus der Luft sowieso nicht zielen kann. Ich ziehe die ausklappbare Schulterstütze heraus, die Bangley für mich gebastelt hat. Ich entsichere die Waffe. Ich stelle von Voll- auf Halbautomatik um. Der Wind lässt für eine Minute nach, bläst uns warm ins Gesicht und dreht ganz leicht nach Westen ab, er trägt eine komplexe Duftmischung aus Erde, Blüten, vielleicht sogar Salz mit sich. Meersalz. Wie weit? Mindestens tausendfünfhundert Kilometer. Ich lausche. Ich höre nichts als den Wind, der sich in meiner linken Ohrmuschel verfängt. Jaspers Knurren lässt nicht nach. Ich setze einen Schritt vor. Ich warte. Noch einen Schritt. Ein Turmfalke überfliegt uns von rechts nach links, nicht allzu hoch, in einem gekrümmten, taumelnden Flug. Noch ein Schritt. Wir haben die Hälfte der Strecke hinter uns und bleiben stehen. Ich gehe in die Hocke und stütze mich dann auf ein Knie. So niedrig wie möglich, ohne bäuchlings am Boden zu liegen. Bäuchlings wäre das Beste, aber aus der Position kommt man so schnell nicht mehr raus. Falls sie aus dem Anhänger heraus schießen, werden sie mich verfehlen.
Der schneidende Klang meiner Stimme erschreckt mich.
Ihr seid schon tot.
Wind.
Ihr seid so gut wie tot. Wenn ihr versucht, euch den Weg freizuschießen, seid ihr definitiv tot.
Jasper knurrt. Die Sonne wärmt meine linke Schläfe und Wange.
Ihr seid Fische in einer Regentonne. Habt ihr gehört! Falls ihr euch wehrt, ist euer letzter Moment auf Erden gekommen. Werft die Waffen weg und kommt raus. Kommt raus! Hände hoch, so dass ich sie sehen kann. Wenn ihr das tut, wenn ihr tut, was ich sage, werde ich euch nichts tun. Versprochen.
Wind. Sonne. Turmfalke. Ich denke: Meine ich das wirklich? Niemandem was zu tun. Ich bin mir nicht sicher. Egal, was passiert, ich habe vor, es zu überleben.
Drei zwei eins – okay, das war’s!
Ich schaue durch Kimme und Korn. Ich weiß, dass die Getränke ganz hinten bis an die Decke
Weitere Kostenlose Bücher