Das Ende der Sterne wie Big Hig sie kannte
früher auch Dickhornschafe. Und die Kojoten, die sie jagten. Pumas. Die Wölfe. Wieder die Wölfe. Vielleicht. Manchmal auch ein Grizzly, aber meistens halten sie sich von den Pfaden fern, selbst von denen des Wilds.
Immer wieder laufen wir zwischen Pappeln durch, deren Schatten besonders dunkel ist. Durch das Dickicht aus Weiden. Die grasbewachsenen Hänge rauf, die immer blasser werden, hinein in einen kurzen Felscanyon, durch den Wassergeplätscher hallt. Dann ein Wald aus Gelbkiefern, die wir riechen, noch bevor wir sie sehen können, weil ihr Duft stromabwärts getragen wird: betörende Vanille, so wie in einem Süßigkeitenladen. Sie leben immer noch. Der Schlitten kratzt über nackte Wurzeln und freiliegende Felsen. Längst vertrocknete Hirschköttel. Ich bleibe stehen, lasse den Schlitten los und umarme einen riesigen Baum, der aus einem Fries aus Salbei aufragt, helle, stark duftende Polster unter den tief hängenden Ästen. Ich umarme die dicke, raue Rinde, stecke die Nase in eine harzige Spalte, atme den Vanilleduft ein, der stärker ist als jedes künstliche Aroma. Der ganze Baum dünstet süße Karamellschwaden aus. Früher einmal gab es Läden, die genau so gerochen haben, hinter dem Tresen picklige Teenager mit Schürze, die die größte Mühe hatten, der hartgefrorenen Eiscreme Kugeln abzutrotzen. Unnötig grausam wirkte das damals. Warum musste das Zeug bloß so kalt sein? Die Mädchen, wie sie sich den Pony aus dem Gesicht bliesen und sich verbissen über die Waffeln hermachten. Meine Lieblingssorte war Malaga. Melissas: Pistazie. Oder irgendwas mit Kaffee. Nichts ging mir über einen Karamellbecher. Während ich mich an den Baum drücke, läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Ich würde morden für einen Karamellbecher, und das ist nicht einmal metaphorisch gemeint.
Jasper ist geduldig. Er setzt sich, legt sich hin. Früher wäre er vorgelaufen und nach rechts und links ausgebrochen, hätte den Pfad in großen Schleifen wieder und wieder gekreuzt, die Nase am Boden, immer auf der Spur des Wilds, sein Jagdtrieb unbezwingbar, aber heute ist er zufrieden damit, sich auszuruhen. Ich auch. Wir haben es nicht eilig. Wir haben auf dem Flughafen jede Menge Essen eingelagert, und Bangley kommt für ein paar Tage ohne uns zurecht, wenn auch hoffentlich nicht so gut. Immer wieder diese Angst, er könnte auf den Geschmack kommen, ganz allein zu sein. Obwohl er intelligent genug ist, er ist ein guter Stratege, der weiß, dass er mit mir langfristig bessere Chancen hat. Außerdem hasst er den Gemüseanbau. Jasper kennt den Ablauf und ist höflich genug, mich seine Fremdscham nicht spüren zu lassen. Weil ich Bäume umarme, vor mich hinbrabbele. In dieser Nacht – es ist immer noch Nacht – sage ich kaum ein Wort, ich reiße mich zusammen, denn ich verabscheue jegliche Sentimentalität, wahrscheinlich nur, weil das eine meiner Schwächen ist. Der Baum riecht süßer als alles, was ich je gerochen habe, er riecht wie die Vergangenheit.
Zu den süßen Dingen zählten früher auch die Äpfel. In Nordamerika. Deswegen waren sie so weit verbreitet, deswegen legte der Schüler, der sich beliebt machen wollte, einen Apfel auf das Lehrerpult. Honig und Äpfel. Sirup. In den nördlichen Wäldern: Ahornsirup. Zu Weihnachten eine Zuckerstange. Die tanzende Zuckerfee. Manchmal, wenn wir im Herbst von einem Kontrollflug zurückkommen, landen wir in der Nähe eines Obstgartens in Longmont. Hektarweise Äpfel, alte Sorten, deren Namen ich nicht kenne. Die meisten Bäume sind längst tot, weil sie nicht gewässert werden, und diejenigen, die am Ufer der Wassergräben überlebt haben, wachsen schief und krumm vor sich hin, bilden Wildtriebe aus und fallen in ein Vorzuchtstadium zurück. Ihre Äpfel sind fleckig und verformt, von Raupen zerfressen, aber sie sind süß, süßer als früher. In dieser absoluten und gefährlichen Freiheit ist das, was von ihnen übrig bleibt, ihr Konzentrat.
Ich atme tief ein, streckte die Arme aus, schmiege meine Handflächen an die raue Rinde, die aus irgendeinem Grund wärmer ist als die Luft, meine Finger fahren mit derselben Zuneigung und Sehnsucht über die Cordstruktur der Rinde, mit der sie die Rundungen einer Frau abtasten würden.
Diese kleinen was? Freuden. Ein Duft setzt sich immer zusammen aus Duft und Erinnerung, warum das so ist, weiß ich auch nicht.
Wir steigen flussaufwärts, und das körnige Grau sickert zwischen den hohen Baumskeletten durch. Der tote Käferwald, die
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